Foto: Maass

Alexa Maass und ihre Familie leben in Houston und spüren Ausmaße der Hochwasser-Katastrophe am eigenen Leib.

Haigerloch - "So etwas habe ich noch nie erlebt" sagt Alexa Maass. Wie tausende andere Menschen ist sie und ihre Familie von den Auswirkungen des Hurrikans Harvey direkt betroffen. Die gebürtige Haigerlocherin lebt nämlich in Houston. Am Telefon berichtet sie unserer Zeitung über die Katastrophe.

Alexa Maass? Unsere Leser werden sie vermutlich besser unter ihrem Mädchennamen Meyer kennen. Die inzwischen 44-jährige Frau ist nämlich die Tochter der Textilunternehmerfamilie Klaus und Doris Meyer aus dem Karlstal.

Seit 15 Jahren lebt sie mit ihrem Mann Alexander in der texanischen Millionenmetropole Houston. Der Ehegatte wiederum stammt aus einer Essener Unternehmerfamilie. Diese weltweit agierende Firmengruppe (Maass Global Group) ist auf die Herstellung von Edelstahlflanschen spezialisiert.

Alexander Maass, der auch in den USA aufgewachsen ist, leitet eine Maass-Niederlassung in Houston, wo die Firma mit ihren Rohrverbindungsstücken ein idealer Zulieferer für die vor allem in Texas beheimatete Öl- und petrochemische Industrie ist. Alexa und Alexander Maass sind stolze Eltern zweier Teenager und erst vor kurzem hat die Familie nochmals Zuwachs bekommen: Ein Junge erblickte vor knapp sechs Wochen das Licht der Welt.

Tagelang prasselt der Regen vom Himmel

So weit alles in bester Ordnung – bis eben Harvey über Texas kam: Wie er das tat, das schildert Alexa Maass in eindrücklichen Worten. Als der Sturm vergangenen Freitagnacht in Texas anlandete, sei es noch nicht einmal so schlimm gewesen, erzählt sie am Telefon.

Dann aber ging es richtig los. Der Regen fiel unablässig vom Himmel und wurde immer schlimmer. Der Fluss Buffalo Bayou, ein fast 100 Kilometer langer Wasserlauf, der sich durch Houston schlängelt, setzte in kürzester Zeit alles unter Wasser. Und auch der Wasserdruck in Stauseen um Houston wuchs so dramatisch, dass deren Schleusen geöffnet werden mussten – und dies die Situation noch verschlimmerte.

Dort, wo sonst vielspurige Autobahnen unter Unterführungen hindurchgleiten sind nur noch Seenlandschaften zu erkennen. Wo sonst Trucks, Vans und SUVs fahren, waren plötzlich Boote zur Fortbewegung erforderlich. Man spricht von zehntausenden Menschen, die obdachlos wurden und Schäden in Höhe mehrere Milliarden US-Dollar.

Und dabei haben Alexa Maass und ihre Familie in diesem Drama sogar noch Glück gehabt. Das verdanken sie dem Zufall. Ihr Haus – etwa zehn Kilometer westlich vom Stadtzentrum gelegen – liegt nämlich am höchsten Punkte ihrer Straße.

Also blieb bei ihnen alles trocken, während in den Häusern in unmittelbarer Nachbarschaft das Wasser zum Teil bis unters Dach stand. Autos vor den Garagen gingen in den grau-braunen Wassermassen völlig unter. Bilder, die Alexa Maass gemacht und dem "Schwarzwälder Boten" zur Verfügung gestellt hat, belegen dies eindrucksvoll.

Eine Situation, in der jede Hilfe gebraucht wird: Alexas Mann und ihr älterer Sohn haben mitgeholfen, mit dem Boot Leute aus den überfluteten Häusern zu retten, einem Nachbarn haben sie ihr eigenes Notstromaggregat zur Verfügung gestellt.

Weil sie sich selbst vor dem Hurrikan mit Lebensmittelvorräten eingedeckt haben und weil bei ihnen im Haus der Strom noch funktioniert, geht es der Familie Maass den Umständen entsprechend gut und sie seien wohlauf, berichtet Alexa Maass. Gleichwohl stellt sie sich darauf ein, dass die Lage in Houston noch eine ganze Weile schwierig bleibt.

"Die Supermärkte sind zu, die Tankstellen haben keinen Sprit mehr, man kommt nirgends durch", so die 44-Jährige. Auch Schulen bleiben vorerst geschlossen. Erst allmählich bessere sich die Lage und Geschäfte hätten wieder geöffnet. Dort aber bilden sich lange Schlangen. Schwierig sei die Situation auch deshalb, weil in Houston derzeit Temperaturen bis fast 40 Grad Celsius herrschen. Das sei unerträglich, so Alexa Maass.

Sie selbst rechnet damit, dass sie möglicherweise eine Familie, die alles verloren hat, in ihr Haus aufnehmen wird. "80 Prozent der Leute haben alles verloren, was sie besitzen", berichtet die Haigerlocherin aus ihrer Umgebung. Viele Leute stünden auch deshalb vor dem Nichts, weil sie nicht versichert seien.

Bei ihr steht das Telefon nicht mehr still, weil sich die Bekannte und Verwandte verständlicherweise Sorgen machen. Aber auch bei ihren Eltern im Karlstal ist das so. "Gott und die Welt ruft bei uns an und fragt nach", berichtet Klaus Meyer. Er selbst weiß aus eigener Erfahrung wie es ist, wenn man unter einer Flut leidet. Als die Eyach 2013 Hochwasser führte, richtete dies auch bei ihm im Karlstal Schäden an.