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Haigerlocher Gremium wirft Bürgermeister "Alleingänge" bei Rechtsstreitigkeiten vor. Mit Kommentar

Haigerloch - So nicht: Nachdem der Haigerlocher Bürgermeister Heinrich Götz mehrere Male vor Gericht gezogen ist, ohne vorab den Gemeinderat zu informieren geschweige denn dessen Einwilligung zu diesen Verfahren einzuholen, will die Mehrheit im Gremium nun Konsequenzen ziehen.

In der Gemeinderatssitzung am Dienstag machten die beiden Fraktionen CDU und Sozial-Ökologische Liste (SÖL) in einer gemeinsamen Stellungnahme deutlich, dass sie diese Vorgehensweise als "mehrmalige Verstöße" des Bürgermeisters gegen die Hauptsatzung der Stadt (siehe Info-Rubrik) sehen und ein derartiges Verhalten nicht mehr hinnehmen möchten.

Damit solche "Alleingänge" in Zukunft nicht mehr passieren, kündigten beide Fraktionen an, in der nächsten Sitzung des Gemeinderates am 22. November einen Antrag auf Änderung der Hauptsatzung auf die Tagesordnung zu setzen. Was in diesem Antrag dann wohl steht, dürfte schon jetzt abzusehen sein: kein Rechtsstreit ohne vorherige Genehmigung durch den Gemeinderat anstatt wie bisher ein Handlungsspielraum für den Bürgermeister bis zu einem Streitwert von 5000 Euro.

Auslöser dafür, dass der Haigerlocher Gemeinderat seinem Vorsitzenden derart auf die Finger klopft, sind Rechtsstreitigkeiten, die Bürgermeister Heinrich Götz im Namen der Stadt gegen die Lokalpresse geführt hat. Betroffen waren der Schwarzwälder Bote, die Hohenzollerische Zeitung sowie die Online-Dienste der Schwarzwälder Bote Mediengesellschaft und der Südwest Presse.

Die gerichtlichen Auseinandersetzungen stehen im Zusammenhang mit einer Dienstaufsichtsbeschwerde von Amtsvorgänger Roland Trojan beim Landratsamt gegen seinen Nachfolger. Weil Götz mit der Berichterstattung über diesen Fall nicht einverstanden war, beauftragte er eine auf Medienrecht spezialisierte Anwaltskanzlei aus Berlin damit, im Namen der Stadt vor Gericht Gegendarstellungen zu erwirken.

Zu Beginn der Sommerferien gab es drei Gerichtstermine, die jedoch allesamt zu Ungunsten der Stadt Haigerloch ausgingen. Das Landgericht in Rottweil wies den Antrag der Stadt auf eine Gegendarstellung ebenso zurück wie die beiden anderen zuständigen Landgerichte in Ulm und Hechingen.

Weil die Streitwerte für alle drei Fälle mit jeweils 10 000 Euro angesetzt wurden und damit die von der Hauptsatzung gesetzten Grenzen zum autarken Handeln überschritten, kam Bürgermeister Götz in die Bredouille.

Auch deswegen, weil Gemeinderäte inzwischen Wind von den drei Gerichtsfällen "ohne Mandat und Auftrag" bekommen hatten und in Erfahrung bringen wollten, was da los ist.

Auf Nachfrage bestätigte Götz schließlich in der Septembersitzung des Haigerlocher Gemeinderats, dass die Gerichte die Berichterstattung als zulässig eingestuft hätten. Zugleich entschuldigte sich der Bürgermeister beim Gremium dafür, dass er die Zuständigkeitsgrenze der Hauptsatzung "übersehen" habe. Ebenso musste er eingestehen, dass die Rechtsschutzversicherung der Stadt nicht einspringen würde, also keine Kosten übernimmt.

Diese sind nicht gering: Bürgermeister Götz selbst hat auf Anfrage der SÖL und der CDU die Kosten für Anwälte und Gerichte mit rund 15 647 Euro angegeben.

Nachdem er mündlich Reue gezeigt hatte, ließ Götz seinen Worten vor wenigen Tagen Taten folgen: Er habe "... die angefallenen eigenen Anwaltskosten und Kosten der Gegenseite an die Stadtkasse Haigerloch ausgeglichen", berichtete er in einer E-Mail den beiden Fraktionen. Er werde auch die Gerichtskosten übernehmen, falls solche anfallen sollten.

Trotz dieses Signals betrachten CDU und SÖL die Geschichte keinesfalls als erledigt. Solche "Verfehlungen gegen die Hauptsatzung", meinte am Dienstagabend CDU-Fraktionssprecher Karl-Heinz Schneider, seien mit dem Wort "übersehen" nicht zu entschuldigen. Deshalb sehe man es als mehr als angebracht an, die Satzung zu ändern. Die Fälle hätten nicht nur Kosten verursacht, sondern auch "Arbeitszeit vergeudet und Nerven gekostet".

Kommentar: Gnädig

Von Martin Wagner

Da hat sich Heinrich Götz ganz schön verrannt. Aus gekränkter Eitelkeit bricht er sinnlose Rechtsstreitigkeiten mit den örtlichen Zeitungen vom Zaun, was die Stadt einen Batzen Geld kostet. Dass er die rund 15.000 Euro (oder einen Teil davon) schließlich aus eigener Tasche erstattet, entlastet zwar die Stadtkasse, nicht aber ihn selbst. Fest steht: Götz hat eigenmächtig gehandelt, gegen die Hauptsatzung verstoßen und seine Kompetenzen überschritten. Es ist fast gnädig, wenn die düpierten Stadträte es dabei belassen wollen, die Hauptsatzung zu ändern und Götz damit engere Fesseln anzulegen. Die Verstöße hätten wohl auch ein Disziplinarverfahren gerechtfertigt. Besonders pikant: Der Rechtsstreit geht auf Kabbeleien mit Götz’ Vorgänger Roland Trojan zurück, der ja bekanntlich wegen ähnlich selbstherrlichem Getue aus dem Amt gestolpert war.