Die blühende Fliederpracht in Haigerloch ist dem längst nicht mehr existierenden Verschönerungsverein zu verdanken. Seine Arbeit wird beim Tag der jüdischen Kultur am 6. September beleuchtet. Archivfoto: Kost Foto: Schwarzwälder-Bote

Europäischer Tag der jüdischen Kultur widmet sich den Brücken / Gedenktag wird in über 30 Ländern begangen

Von Klaus Schubert

Haigerloch. "Brücken" ist das Motto des diesjährigen Europäischen Tags der Jüdischen Kultur am Sonntag, 6. September. Auch in Haigerloch wird es dazu ein Angebot des Gesprächskreises ehemalige Synagoge Haigerloch geben. In dessen Mittelpunkt steht eine Brücke.

Spazierengehen ist eine Freizeitbeschäftigung, die im Lauf des 19. Jahrhunderts populär wurde. In vielen deutschen Städten entstanden seinerzeit Verschönerungsvereine, die sich für eine geeignete Infrastruktur einsetzten. Der Haigerlocher Verschönerungsverein war 1886 von Musikdirektor August Reiser ins Leben gerufen worden und bewirkte unter anderem die Aufforstung der Felsenhänge, die Anlage von Spazierwegen sowie im Jahr 1910 den Bau des Eyachstegs unterm Haagwäldchen. Dem Verschönerungsverein ist auch die Fliederblüte zu verdanken, die alljährlich Touristen nach Haigerloch lockt.

In diesem Verein waren auch viele Mitglieder jüdischer Herkunft aktiv. So stammten laut einer Mitgliederliste von 193/14 von 78 Mitgliedern 31 aus der jüdischen Gemeinde Haigerlochs. Sie trugen durch gemeinsam gestaltete Benefizabende zur Finanzierung von Maßnahmen bei.

Zum diesjährigen Europäischen Tag der jüdischen Kultur mit dem Thema "Brücken" wird Margarete Kollmar auf einem Spaziergang über den Eyachsteg zum Haagwäldchen an die Aktivitäten des Verschönerungsvereins um 1900 erinnern. Die Tübingerin ist Empirische Kulturwissenschaftlerin und Vorstandsmitglied des Gesprächskreises ehemalige Synagoge.

Treffpunkt zu dem etwa einstündigen Rundgang ist um 14 Uhr vor der ehemaligen Synagoge Im Haag. Die Teilnahme ist kostenfrei. Spenden sind erwünscht. Das Tragen von festem Schuhwerk wird empfohlen.

Die Dauerausstellung "Spurensicherung – Jüdisches Leben in Hohenzollern", gestaltet vom Haus der Geschichte Baden-Württemberg, ist am nächsten Sonntag, 6. September von 11 bis 17 Uhr geöffnet.

u Der Europäische Tag der Jüdischen Kultur findet am Sonntag, 6. September, gleichzeitig in 34 Ländern statt. Der Tag will dazu beitragen, das europäische Judentum, seine Geschichte, Traditionen und Bräuche besser bekannt zu machen. Er erinnert somit an die Beiträge des Judentums zur Kultur unseres Kontinents in Vergangenheit und Gegenwart.

Entstanden ist dieser Gedenktag vor mehr als zehn Jahren im Elsass, denn an beiden Rheinufern zwischen Basel, Straßburg und Karlsruhe waren die Beziehungen zwischen den jüdischen Gemeinden und die Verbindung mit der regionalen Kultur stets sehr eng.

Auf der elsässischen wie auf der deutschen Seite in Baden, Württemberg und Hohenzollern war bis zum 20. Jahrhundert das Landjudentum vorherrschend. Die religiösen jüdischen Bräuche wurden geachtet und das jüdische Leben war eng mit der Alltagskultur und dem Landleben verflochten.

An 46 Orten in Baden-Württemberg und in etwa 30 Kommunen im Elsass finden am 6. September Veranstaltungen statt.

Die Koordination und Organisation der Programme erfolgte durch B’nai Brith René Hirschler in Straßburg in Zusammenarbeit mit der Landesarbeitsgemeinschaft der Gedenkstätten und Gedenkstätteninitiativen in Baden-Württemberg und der Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg.

Eine zweisprachige Broschüre bündelt alle diese Veranstaltungen und Angebote. Diese Gesamtübersicht ist in der ehemaligen Synagoge und im Tourismusbüro der Stadt Haigerloch erhältlich.