Ein großer Demonstrationszug mit etwa 300 Menschen und vielen Plakaten bewegte sich gestern durch die Haigerlocher Unterstadt und forderte Solidarität mit den Pälestinensern ein. Foto: Kost

Hunderte Demonstranten ziehen durch Haigerloch und rufen zu Solidarität mit Palästina im Nahost-Konflikt auf.

Haigerloch/Zollernalbkreis - In vielen Städten des Landes demonstrierten am Wochenende Moslems gegen die Gewalt, die sich derzeit im Gazastreifen Bahn bricht. In Haigerloch trafen sich gestern zwischen 250 und 300 Muslime aus dem ganzen Landkreis zur Kundgebung.

Vertreter beider muslimischer Gemeinden Haigerlochs waren gekommen, aber auch Muslime aus Balingen, aus Hechingen, aus Rottweil und Sulz. In die Demonstration unter dem Schlagwort "Freedom for Gaza (Freiheit für Gaza)" mischten sich auch ein paar junge syrische Asylbewerber, die eine Landesflagge von Syrien mitgebracht hatten und vereinzelt Deutsche, aber weder rechts- noch linksradikale Grüppchen.

Die Demonstranten zeigten sich in ihren Bemühungen um einen öffentlichkeitswirksamen Auftritt einfallsreich: Tafeln mit Parolen auf Deutsch und Englisch und auch Arabisch schwenkten sie über ihren Köpfen. Auf ihnen standen Sätze wie "Dies ist kein Krieg, dies ist Völkermord", "Israel stop killing" oder "Wenn du ein Mensch bist, dann hilf Palästina". An ihren Armen trugen die meisten im Protestzug weiße und schwarze Binden: Schwarz für die Trauer um die Getöteten im Nahostkonflikt, Weiß für die Hoffnung auf einen dauerhaften Frieden. Dazu hatten sich viele ein rotes Klebeband mit der Aufschrift "Gesperrt" auf die Brust, den Hals oder auf den Mund geklebt – ein symbolhaftes Zeichen dafür, dass man zu dem Geschehen in Nahost nicht mehr länger schweigen dürfe.

Savas Kus, Vorsitzender des Moscheevereins Haigerloch, eröffnete die Kundgebung vor der Moschee am Mühlengraben mit einem Appell auf Türkisch, der später auf Deutsch übersetzt wurde. Unter anderem sagte er, dass man kein Problem mit Menschen jüdischen Glaubens habe, sondern ein Problem mit Leuten, die Kinder und Mütter töten. Er erinnerte in seinem Appell auch an den Konflikt in der Ukraine und schloss seine Rede mit dem Satz: "Selbst der schlechteste Friede ist immer noch besser als Krieg".

Der Tross zog schließlich durch die Haigerlocher Unterstadt und skandierte dabei immer wieder Parolen ("Gaza brennt, Europa pennt"; "Israel, Kindermörder"). Bei der zweiten Haigerlocher Moschee am Bahnhof endete die Kundgebung schließlich nach etwas über einer Stunde mit einem Friedensgebet unter freiem Himmel, das der Hodscha der Muslime aus Balingen, Yasar Akytürk, sprach.

Eskortiert wurde die Kundgebung von Polizeikräften aus Hechingen und Haigerloch. Gegenüber unserer Zeitung sprachen sowohl Wolfgang Heller, Revierleiter der Polizei Hechingen, als auch Kurt Riester, Leiter des Polizeipostens Haigerloch, von einer friedlich und gewaltfrei verlaufenen Kundgebung.

Auch der Gesprächskreis Ehemalige Synagoge in Haigerloch war auf die Veranstaltung aufmerksam geworden. Klaus Schubert, Vorsitzender dieses Gedenkstättenvereins, aber auch ein Polizeifahrzeug hielten sich deshalb am Sonntag bei der Synagoge im Haag auf, die nur wenige hundert Meter von der Moschee entfernt ist. Es gab aber keinerlei Zwischenfälle an diesem sensiblen Ort. In Haigerloch pflegen die Religionen üblicherweise den Dialog.