Prozess-Affäre: Haigerlocher Bürgermeister unter Rechtfertigungsdruck / Götz zeigt sich reumütig: "Habe kopflos agiert"

Gegen Haigerlochs Bürgermeister Heinrich Götz liegen Dienstaufsichtbeschwerden beim Landratsamt vor. Eine davon hat’s in sich: Sie stammt von 18 der 29 Haigerlocher Stadträte. Sie wollen dienstrechtliche Maßnahmen geprüft haben – und eine etwaige strafrechtliche Relevanz.

Bei den Unterzeichnern handelt es sich vornehmlich um Stadträte der CDU und der SÖL, der Sozial-Ökologischen Liste Haigerloch. Sie erheben nicht nur Beschwerde wegen Verstoßes gegen die Hauptsatzung der Stadt Haigerloch sondern auch wegen "Vermischung von dienstlichen und privaten Interessen". Die Unterzeichner unterstellen dem Bürgermeister "Vorsatz". Sie beziehen sich auf mehrere Rechtsstreitigkeiten, die Götz ohne Zustimmung des Gemeinderats gegen die lokalen Zeitungen geführt hatte.

Durch die Klagen, schreiben die Stadträte, seien keine öffentlichen Interessen der Stadt Haigerloch berührt gewesen. Es sei Götz lediglich um die "Darstellung seiner Person in der presserechtlichen Auseinandersetzung" gegangen. Und weiter: "Ein Zustimmung des Gemeinderats wäre mit Sicherheit nie erfolgt."

Da der Bürgermeister die Klagen zu seiner privaten Angelegenheit im Namen der Stadt eingereicht habe, heißt es in dem Schreiben weiter, habe Götz seine dienstlichen und privaten Interessen "in unzulässiger Weise" miteinander vermischt. Der Gemeinderat sei durch das "vorsätzlich rechtswidrige Verhalten des Bürgermeisters" in seinem fundamentalen Recht verletzt und der Ruf der Stadt Haigerloch geschädigt worden.

"Dienstliche und private Interessen vermischt"

Bürgermeister Heinrich Götz bestätigte gestern auf Nachfrage unserer Zeitung, dass er vom Landratsamt über die Dienstaufsichtsbeschwerden informiert worden sei. Und gab sich reumütig. Zitat: "Ich ärgere mich einmal bezüglich der gerichtlich geltend gemachten Ansprüche auf Gegendarstellung gegenüber den Zeitungen über mich selbst, hier ›kopflos‹ agiert zu haben und nicht innegehalten zu haben, um meine Zuständigkeit zu prüfen. Ich ärgere mich auch über mich selbst, dass ich den Gemeinderat enttäuscht habe durch eine Missachtung der Wertgrenzen meiner Zuständigkeit."

Nachdem deutlich geworden sei, dass der Gemeinderat seinem Handeln nicht zustimme, sei für ihn klar gewesen, erklärt der Bürgermeister, die Stadt schadlos zu stellen und die Kosten des gerichtlichen Verfahrens persönlich zu tragen. Daher habe er alle bisher angefallenen Kosten an die Stadt beziehungsweise direkt ausgeglichen. Er sei auch bereit sämtliche weitere anfallenden Kosten zu tragen, so Götz

Für den seit 2007 amtierenden Haigerlocher Schultes war das Jahr 2016 insgesamt kein gutes. Erst hatte Götz wegen angeblich illegaler Ablagerung von mineralischem Müll auf der Erddeponie in Haigerloch die Verantwortungen übernehmen müssen. Zähneknirschend akzeptierte er einen Strafbefehl in Höhe von 7200 Euro, obwohl er sich nicht als Schuldigen in dieser Angelegenheit betrachtete.

Zwist mit Roland Trojan stand am Anfang

Dann geriet er wegen der Deponie in einen Zwist mit seinem Amtsvorgänger Roland Trojan. Götz, hatte eher beim ihm die Verantwortung für das Deponie-Dilemma gesehen, als bei sich selbst, schließlich lagerten Betonteile und Bauschutt schon Jahre vor seinem Amtsantritt auf dem Gelände nahe dem Seewäldle. Aussagen von Götz zur Causa Deponie stießen seinem Vorgänger sauer auf: Trojan stritt mit Götz öffentlich in einer Gemeinderatssitzung und legte zudem eine Dienstaufsichtsbeschwerde beim Landratsamt ein.

Und weil Heinrich Götz mit der Berichterstattung in den lokalen Medien über ihn, Trojan und dessen Dienstaufsichtsbeschwerde nicht einverstanden war, verlangte er vor Gericht Gegendarstellungen. In alle drei Fällen unterlag Götz.

Gemeinderat will die Hauptsatzung ändern

Der Stein kam dadurch aber erst so richtig ins Rollen. Götz hatte die Rechstreite nämlich im Namen der Stadt geführt, ohne sich dafür die Legitimation des Gemeinderates eingeholt zu haben. Ähnliches hatte er zuvor in zwei anderen Fällen getan.

Am Dienstag missbilligten die CDU-Fraktion und die Vertreter der Sozial-Ökologischen Liste in einer gemeinsamen Erklärung das Verhalten des Bürgermeisters und kündigten an, in der nächsten Gemeinderatssitzung die Hauptsatzung zu ändern und damit Götz’ Handlungsspielraum einzuschränken.

Die Staatsanwaltschaft Hechingen hat zudem Vorermittlungen wegen möglicher Untreue aufgenommen. Auf Bürgermeister Heinrich Götz könnte in nächster Zeit noch einiges zukommen.