Konrad Kunze vermittelte die Materie humorvoll und mit viel Wortwitz. Foto: Jehle Foto: Schwarzwälder-Bote

Sprachwissenschaftler Konrad Kunze erklärt Geschichte des allemannischen Dialekts

Von Evelyn Jehle

Gutach. "Einen Dialekt wissenschaftlich abzuhandeln, ist sauschwer". Mit diesen Worten leitete Professor Konrad Kunze seinen Vortrag über Ursprünge und Entwicklung des alemannischen Dialektes ein. Die zahlreichen Zuhörer, die in den Schulungsraum der Freiwilligen Feuerwehr gekommen waren, merkten aber nichts davon. In freier Rede und mit lebhafter Gestik unterstrichen, vermittelte Kunze dem Publikum die eher nüchtern anmutende Materie mit Wortwitz und einer Fülle von Anekdoten. Humorvoll führte er das Publikum auf einem langen Zeitstrahl zurück bis zu Adam und Eva – die hätten sich laut einem Revolutionär vom Oberrhein schon auf Alemannisch unterhalten. Es sei die Ursprache der Menschheit gewesen bis es zur Sprachverwirrung beim Turmbau zu Babel kam.

Damit hätten auch die Römer vor 2000 Jahren zu kämpfen gehabt, denn sie bezeichneten den bunt zusammengewürfelten Haufen germanischer Stämme, die hinter dem Limes in Schach gehalten wurden, einfach als "alle Mannen".

Dann mussten die Römer ihre Grenzen in Persien und Afghanistan verteidigen und das Land war frei von Militär: der Limes fiel und die Volksgruppen ließen sich in den Ebenen links und rechts des Schwarzwaldes nieder. "Der war ihnen zu wild, hier wollten sie sich nicht mal begraben lassen", scherzte Kunze, als er eine Karte mit Gräberfunden erläuterte. Die sogenannte "Schwarzwald-Schranke" entstand, die in nord-südlicher Richtung entlang des Schwarzwaldkamms verläuft. Sie markiert neben der west-östlich verlaufenden Sundgau-Bodensee-Schranke die deutlichsten Grenzen der verschiedenen Ausprägungen des Alemannischen.

Begriffe "Bur" und "Hus" waren in ganz Deutschland verbreitet

"Auch soziale und politische Entwicklungen spiegeln sich im Zungenschlag wider", führte der Sprachwissenschaftler aus. So waren "Bur" und "Hus" ursprünglich in ganz Deutschland verbreitet, bis nach dem Aufkommen einer "feineren" Sprachmode, ausgehend von Österreich her, sich mehrheitlich "Bauer" und "Haus" durchsetzte. Nur die Badener und die Friesen widerstanden, so Kunze.

Des Weiteren "isch all Henneschiss a andere Herrschaft gsi" womit Kunze Einflüsse der unterschiedlichen Obrigkeiten ansprach und den katholischen Erd- oder Herdapfel und evangelische Grumbire als Beispiel anführte – für den Mundartunkundigen: gemeint ist die Kartoffel. Sprachwissenschaftlich werde Alemannisch definiert als Gesamtheit aller gesprochenen Dialekte von den Vogesen bis zum Lech, von den Alpen bis Rastatt. Doch sei die Mundart aufgefächert in etliche Unterabteilungen und die nuancierte Diktion einzelner Vokale erlaube dem Kundigen sogar, auf den Kilometer genau zu bestimmen, woher der Sprecher stammt. Von Ort zu Ort werden unterschiedliche Dialektausdrücke verwendet wie "Schlecks" in Hausach und "Gsälz" in Gutach für Marmelade.

Aufgrund des riesigen Sprachgebiets, das sechs Länder tangiert, sei Alemannisch weltweit am besten erforscht und dokumentiert: "In jedem dieser Länder gibt es Lehrstühle, die den Dialekt erforschen"., so Kunze.

Einhellig begeistert war von den Zuhörern zu vernehmen, dass die rund neunzig Minuten des Vortrags, der von den Gutacher Landfrauen veranstaltet wurde, wie im Flug vergangen sind.