Virtuose Improvisationen von Christoph Haarmann und seiner Tochter Ingrid schafften Übergänge zwischen den Lesungen. Fotos: Störr Foto: Schwarzwälder-Bote

Dreykönigsmatinee: Kunstverein begeistert mit Lesungen und Musik / Autorinnen stellen ihre Werke vor

Bei der Dreykönig-Lesung im Gutacher Krämerhaus wechselten sich virtuose Musik und humorvolle bis zuweilen tiefschürfende Lyrik ab. Der Kunstverein, Organisator der Matinee, erläuterte auch, was er 2017 vorhat.

Gutach . Die elfte Dreykönig-Lesung im Gutacher Krämerhaus hat sich als verdichtetes Gesamtkunstwerk aus Worten und Musik inmitten der aktuellen Gedächtnisausstellung des Kunstvereins präsentiert. Viele Gäste waren gekommen, um sich von Wortschöpfungen und musikalischen Improvisationen beeindrucken zu lassen. Als Vorsitzender des Kunstvereins nutzte Jean-Philipp Naudet die Gelegenheit, um kurz auf das vergangene Jahr zu blicken.

"Wir im Kunstverein haben aufgeatmet, weil es seit sechs Jahren erstmals keine Baustelle am Krämerhaus gab, ", sagte Naudet. Mit drei Sonderausstellungen sei viel geschafft worden, auch im kommenden Jahr stehe mit dem Kunstverkauf im März und der geplanten Dauerausstellung im Sommer einiges auf dem Programm. "Das Thema für den kommenden Advent werde ich erst in der Hauptversammlung vorstellen", machte Naudet neugierig.

Der Verleger Wendelinus Wurth hatte zu Beginn seiner Rede ein Zahlenspiel parat, denn einmal im Jahr gebe es zwei Veranstalter für die Matinee an Drei König, an der sich drei Autorinnen im 22. Jahr des Drey-Verlages beteiligten, in dem mittlerweile 99 Bücher erschienen seien.

Autorin stellt ihr Werk vor

Dann deckte Heidi Jahnke den literarischen Tisch mit ihrem Buch "Die Sahne bebt, der Löffel zuckt." Sie selbst zähle zu der Kriegskindergeneration und vertrete die Meinung, "dass wahrer Genuss an der Fülle nur möglich ist, wenn man irgendwann den Mangel erlebt hat." Und so begann sie ihre Lesung mit "Kinder, es gab ja nichts. Das Stückchen Speck aus Feindesland musste reichen bis zum nächsten Fronturlaub."

Im Laufe der Lesung wurde deutlich, dass ihre Lyrik weit über die Beschreibung der Kindheit und karger Speisen hinausreichte und sich beim Zuhören lebhafte Bilder entwickelten. Wenn sie in ihrem "Hexenwerk" beispielsweise rät: "Wer in den Wald geht, sollte ein Messer einstecken" und sich die erwarteten Unterweltwesen in alle möglichen Arten, Farben und Formen von Pilzen verwandeln, um Ende festzustellen: "Dann Zwiebelts die Sinne, dann Quendelts erneut – den hexischen Zauber."

Ganz anders dagegen die Autorin Ulrike Derndinger, die in ihrer Mundart die Höhen und Tiefen des menschlichen Alltags mit allem dazwischen liegenden auslotet. In ihrem Buch "Weckli, Deckli, Schleckli" habe sie Eindrücke verarbeitet, die sich der in Lahr lebenden Autorin beim Wechsel der Kanadier auf die Russlanddeutschen eingeprägt hätten. Derndinger verstand es bestens, die sprachliche Verwirrung des Vladmimir darzustellen, für den sich der Lahrer Dialekt nach Wodka-Sprache anhört und der über frisch gebackene Apfelküchle schließlich zur Liebe findet. Ein Besuch in ihrem Heimatdorf Kürzell habe sie veranlasst über das zu schreiben, "was se gseit – und was se gmeint het".

Das Gespräch mit ihrer Nachbarin offenbarte die hintergründigen Höflichkeiten, eine Geschichte weiter gelang selbst die Integration von Chinesen im Dorf. Der Anglo-Alemannische-Friseurbesuch bestach durch den gekonnten Vortrag ebenso wie die Geburt eines Kälbchens, die beinahe in Echtzeit miterlebt wurde.

Gedanken des Loslaufens

Als dritte Autorin stellte Ingeborg Gleichauf ihre Gedanken vor, die sich neben dem Schreiben des eigentlichen Themas immer wieder bei ihr einschleichen. "Wenn der Name eines Baumes in den Himmel reicht und ein Schlagzeug bis nach Afrika zu hören ist – dann ist es Zeit, einen Fuß vor den anderen zu setzen."

Da gab es "Tage mit einer klienen Krone auf den Kopf" oder "den bitteren Rauch im Mund", mit dem sie der heißen Sonne entgegenläuft und "an die Hand nehme ich das wilde Kind, das ich einst war."

Um den Gästen Zeit und Raum für das Verarbeiten des Gehörten zu geben, gestalteten Christoph Haarmann und seine Tochter Ingrid kleine Pausen mit ihren musikalischen Improvisationen. Zum "Nachtisch" servierte Wendelinus Wurth seine fünf besten Dreizeiler des vergangenen Jahres, wie "S´Bollehutmaidle am Fahnemaste – de Wind knuddelts und druckts."

Weitere Informationen: www.drey-verlag.com