"Fluss und Durchgangsstraße prägen Gutach", konstatiert Architekt Hardy Happle. Viel Potential biete die Dorfmitte mit der alten Linde (rechts), die belebt werden könne, ist sich der Experte sicher. Foto: Gräff

Architekt beurteilt Potenzial von Gutach / Dorf-Leitbild wird empfohlen

Gutach hätte das Potential, zu einem Künstlerdorf zu werden. Davon ist Architekt Hardy Happle, der in der Einwohnerversammlung am Mittwoch über die zukünftige dörfliche Entwicklung referierte, überzeugt.

Gutach . Nach einem Exkurs über die spezifische Schwarzwälder Baukultur insgesamt und deren Verknüpfung mit regionaler Identität, ging Happle auf die Gutacher Besonderheiten ein.

"Was ist typisch für das Dorf und stiftet Identität?", regte der Architekt zur Wahrnehmung des eigenen Wohnortes an. Er ermunterte die Bürger, das Ganze bei der Planung neuer Baugebiete sowie substanzschonenden Um- und Anbauten beim Bestand in den Blick zu nehmen.

"Wälder können nachwachsen", so Happle. "Doch die Zeugnisse der eigenen Geschichte sind unwiederbringlich verloren, wenn sie einmal zerstört sind", führte er fort. Die "einzigartige Perle von Höfen der Bahnlinie entlang" sei ein Beispiel dafür, wie durch Neu- und Umbauten die Landschaft signifikant beeinflusst wird.

Dorfmitte hat Potenzial

Viel Potential biete die Dorfmitte mit der alten Linde, die belebt werden könne. Der Architekt schlug unter anderem vor, durch das Entfernen von Hecken einige Bereiche für den durchfließenden gleichnamigen Bach zu öffnen.

"Fluss und Durchgangsstraße prägen Gutach", konstatierte Happle. Vor allem der enorme Verkehr auf der Bundesstraße verlange nach Entschärfung. Die tägliche Blechlawine trenne das Dorf in zwei Teile und vernichte Werte.

Gespräch mit Häuslebauern

Auch gelte es, keine Scheuklappen aufzusetzen gegenüber dem, was in den Neubaugebieten Happles Ansicht nach falsch gelaufen ist. Ein Beispiel sei die Lindenmatte, deren Gliederung unglücklich sei und keine Weiterentwicklung biete. "Der öffentliche Raum ist kaum definiert," findet der Architekt. Einige Neubauten dort erinnern zudem seiner Meinung nach eher an Schweden oder die Toscana. Happle empfahl die Erstellung eines Dorf-Leitbildes, in dem definiert wird, wie Gutach zukünftig aussehen soll.

"Der Schwerpunkt liegt in der Planung und im Denken", meinte Bürgermeister Siegfried Eckert. Die Gemeinde werde jedoch nicht nur Spielregeln für die angedachten ein bis zwei Neubaugebiete aufstellen, sondern mit den "Häuslebauern" das Gespräch suchen.

"Bleiben Sie Gutacher", forderte auch Thomas Hafen, wissenschaftlicher Leiter des Freilichtmuseums Vogtsbauernhof, die Einwohner auf. Ein Museum könne nie ganz deckungsgleich vergangene Zeiten abbilden. "Vielleicht sind wir die Kompensation einer Verlusterfahrung", sinnierte der Kulturwissenschaftler.

Museum: "Rettungsinsel"

Die Rolle des Museums habe sich in Etappen zu dem entwickelt, was es heute sei. Ursprünglich als "Rettungsinsel" für bedrohte Höfe geplant, erfülle das Museum heute einen Bildungsauftrag. "Die Ziele von Kulturentwicklung werden immer neu definiert", so Hafen. Aus kulturhistorischer Sicht werde das Leben auf dem Lande von der Entwicklung der Städte bestimmt und diese werden nach Hafens Ansicht voraussichtlich funktional sein und an Charakter verlieren: "Sie werden sich fragen müssen, ob Sie in einer Basisstation oder einem Haus wohnen wollen."

Weißtanne gestaltet

Passend zum Thema zukünftiger baulicher Gestaltung Gutachs, informierte Forstrevierleiter Frank Werstein über die Vorzüge der Weißtanne. Das heimische Holz sei regional verfügbar und sichere damit die regionale Wertschöpfung. Belastbar und von edler Optik eigne sich Weißtannenholz laut Werstein für den Innen- und Außenbereich.

Mit Dias, die unter anderem den Gutacher Kindergarten zeigten, belegte der Forstrevierleiter die breiten Einsatzmöglichkeiten der Nadelholzart.

INFO

Zur Tanne

Für Peter Hauk, Minister für den Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württembergs (CDU), ist die Weißtanne im Zuge des Klimawandels immer noch der Hoffnungsträger. Sie habe gezeigt, dass sie "wie keine andere Baumart" in der Lage sei, mit anderen Witterungsverhältnissen klar zu kommen, betonte er jüngst bei der Feier des 20. Geburtstags des "Forum Weißtanne".