Landrat Frank Scherer (links) und Margit Langer bedankten sich bei Staatssekretär Jürgen Walter (Zweiter von links) und Landtagspräsident Guido Wolf für ihren Besuch. Foto: Deckert Foto: Lahrer Zeitung

Freilichtmuseum Vogtsbauernhof Gutach feiert 50. Geburtstag

Von Sabrina Deckert

Gutach. Das Freilichtmuseum Vogtsbauernhof in Gutach ist 50 Jahre alt geworden – und hat das am gestrigen Sonntag auch ordentlich gefeiert. In dem großen Festzelt tummelten sich nicht nur Trachtenträger und Blasmusiker aus dem ganzen Schwarzwald sondern auch allerlei Politikprominenz.

So wie Staatssekretär Jürgen Walter vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur: 150 000 Euro bekommen die sieben Freilichtmuseen in Baden-Württemberg ab kommendem Jahr mehr – wenn der Landtag denn zustimmt und die Fördergelder wirklich auf 750 000 Euro anhebt, sagte Walter und machte der Geschäftsführerin des Museums, Margit Langer, und ihren Team mit dieser Botschaft wohl das schönste Geburtstagsgeschenk. "Das Freilichtmuseum ist ein kulturelles und touristisches Ereignis – selbst im Computerzeitalter", betonte der Staatssekretär. Denn: "Wer die Vergangenheit nicht kennt, kann weder die Gegenwart noch die Zukunft gestalten." In den Bauernhöfen werde die Geschichte im wahrsten Sinne des Wortes begreifbar, könnten die Menschen von heute die Sorgen und Nöte der wahren Helden der Geschichte erspüren. "Altes ist nicht wertlos, sondern der Stoff, auf dem sich die Zukunft bauen lässt. Und wir wollen, dass der Schwarzwald eine Zukunft hat", so Walter.

Zukunftsfähig, gerade im Hinblick auf ökologischen Tourismus, wird das Geburtstagskind am 14. Dezember – dann nämlich soll, so Landrat Scherer, zum ersten Mal die Ortenauer S-Bahn direkt vor dem Museum halten und einem Großteil der 220 000 jährlichen Besucher die Anreise per Bahn ermöglichen. Zum Vergleich: Als Hermann Schilli 1964 das Freilichmuseum eröffnete, rechnete der Studienprofessor mit 5000 bis 10 000 Besuchern jährlich. Und für diese Größe ließ er auch das Drumherum bauen: Das erste Kassenhäuschen habe in etwa die Größe einer Dixi-Toilette gehabt und der Parkplatz war laut Scherer schneller zu klein als er abbezahlt gewesen ist.

Für die Besucher wird die Geschichte immer greif- und erlebbarer

Schon zehn Jahre später strömten 40 000 Besucher nach Gutach um ihr Interesse an Geschichte und Bildung zu befriedigen. Nach dem Richtfest des fünften von Schilli nach Gutach geholten Schwarzwaldhauses gab der Geschichtsbegeisterte 1981 sein Amt als Museumsleiter in jüngere Hände. Sein Nachfolger komplettierte das Äußere des Freilichtmuseums – 2002 startete dann die Erneuerung nach Innen – Tierhaltung, alte Handwerksvorführungen und Mitmachaktionen machen seitdem in mehr als 1000 Veranstaltungen während der acht pro Jahr geöffneten Monate die Schwarzwälder Geschichte anfass- und erlebbar. Dazu gehören natürlich auch die Trachten und die traditionelle Musik aus der " einzigartigen Bilderbuchlandschaft" wie es Landtagspräsident Guido Wolf formulierte. Als ehemaliger Landrat des Kreises Tuttlingen wisse er, wie viel Arbeit in einem Freilichtmuseum stecke. "Und auch wenn wir in Neuhausen ob Eck nie die Besucherzahlen erreicht haben, die die Gutacher erzielen, so haben wir doch gemeinsam das Profil der sieben Freilichmuseen im Süden geschärft", betonte Wolf. "Wer in die Zukunft aufbrechen möchte, der muss sich seiner kulturellen Wurzeln bewusst sein", sagte der Landtagspräsident und erntete im mit knapp 800 Besuchern voll besetzten Festzelt stürmischen Applaus dafür.

Bollenhüte, Kuckucksuhren, Kirschtorte und Kirschwasser seien mehr als reine Klischees um den Landstrich zu charakterisieren, bildeten aber die wahre Welt von damals, die die Besucher im Freilichmuseum anschauen können, nur unzureichend ab. "Der Schwarzwald ist eine raue Heimat gewesen, das Leben hier war hart und entbehrungsreich", erinnerte Wolf. Es sei bemerkenswert, was die Menschen mir ihrer Hände Arbeit geleistet haben, um aus Baden-Württemberg eine der wirtschaftsstärksten Regionen Europas zu machen. Daher sei das Tragen der Tracht und das Spielen der traditionellen Musik ein Ausdruck der Heimatverbundenheit und ein Bekenntnis zum Schwarzwald.

Beim großen Umzug zeigen mehr als 1000 Gruppen ihre Tradition

Zu ihrer Heimat und ihren Wurzeln haben sich beim offiziellen Geburtstags-Festakt am gestrigen Sonntag viele Menschen bekannt – schließlich stieg im Museum nicht nur das Geburtstagsfest, sondern auch Kreistrachtenfest des Bunds Heimat und Volksleben und das Verbandsmusikfest des Blasmusikverbands Kinzigtal. Drei Gründe zum Feiern. Von 11 Uhr bis in den frühen Nachmittag zeigten die Trachtenträger die Unterschiede in ihren Tänzen auf einer extra aufgebauten Bühne am Eingang des Museums. Von der Gruppe aus Schutterwald und Hohberg lernten die Zuschauer, dass "je schwärzer die Tracht der Frau war, desto mehr war sie verheiratet", wie eine Tänzerin erklärte.

Ab 14 Uhr präsentierten sich mehr als 1000 Trachtengruppen und Musikvereine beim großen Umzug von Hausach zum Freilichtmuseum. Und auch wenn Gutachs Bürgermeister Siegfried Eckert während des Festakts noch sorgenvoll die Regentropfen beobachtet hatte, so kamen doch die meisten Umzugsteilnehmer und auch die meisten Zuschauer trockenen Fußes am Vogtsbauernhof an. Dort unterhielten mehrere Kapellen die Geburtstagsgäste bis in den frühen Abend mit Blasmusik.