Wenn alle Vorschriften zur Sicherheit beachtet werden, macht das Rodelfahren richtig Spaß. Einige Gäste halten sich jedoch – trotz vieler Hinweisschilder – nicht daran, fahren in zu geringem Abstand hintereinander her oder halten ihre Hände in die Luft anstatt an der Bremsanlage (linkes Bild). Aus Sicherheitsgründen auch verboten: Das Fotografieren währen der Fahrt. Viele halten sich aber nicht dran, sondern machen sogar Selfies (rechtes Bild). Fotos: Kluckert Foto: Schwarzwälder-Bote

Sicherheit: Missachtung der Regeln durch Fahrgäste ist die größte Gefahrenquelle für Unfälle auf der Gutacher Sommerrodelbahn

Der dritte Unfall mit Verletzten innerhalb eines Jahrs lässt die Frage nach der Sicherheit der Sommerrodelbahn in Gutach aufkommen. Der SchwaBo hat sich vor Ort umgeschaut und dabei auch das Verhalten der Besucher unter die Lupe genommen.

Gutach. "Mensch Papa, das war ja richtig lahm eben, beim nächsten Mal fahren wir aber volle Kanne." Der kecke Dreikäsehoch steht mit seinen Eltern in der zu diesem frühen Zeitpunkt noch überschaubaren Warteschlange der Gutacher Sommerrodelbahn und blickt erwartungsvoll zu seinem Vater hoch.

Der schmettert in reinstem Hochdeutsch ein klares "Ja, klar" Richtung Sohn und wendet sich dann fast entschuldigend an seine Frau: "Wir passen schon auf", um dann noch beinahe murmelnd hinzuzufügen: "Vor den scharfen Kurven bremse ich natürlich ab".

Abbremsen fällt schwer

Abbremsen, das fällt so mach einem Piloten auf der 1150 Meter langen rasanten Abfahrt schwer, besonders, wenn es mal so richtig läuft. 40 Stundenkilometer sind dann tempomäßig schon mal drin. Aber was passieren kann, wenn im Gefahrenfall der Bremshebel zu spät oder gar nicht gezogen wird, hat der Unfall am vergangenen Sonntag mit drei Leichtverletzten gezeigt.

Auf der entsprechenden Videosequenz einer der zahlreichen, den gesamten Streckenverlauf erfassenden Kameras ist auch für den Laien gut zu erkennen, wie der Schlitten der zwei jungen Leute mit voller Wucht auf den fast stehenden des Vordermann auffährt.

Staus in der Hauptsaison

"Durch Langsamfahrende kommt es gerade in der Hauptsaison, wenn der Großteil der Schlitten eingesetzt wird, immer wieder mal zu Staus auf der Strecke.

Dann ist es natürlich besonders wichtig, dass jeder der Nachfolgenden den vorgeschriebenen Sicherheitsabstand konsequent einhält und rechtzeitig bremst", ärgert sich Renate Wöhrle, die seit der Inbetriebnahme der Rodelbahn im Jahr 2006 dort in unterschiedlichen Funktionen arbeitet, über das fahrlässige Verhalten einiger Gäste.

Da sind zum einen die leichtsinnigen, riskanten oder rücksichtslosen Piloten, zum anderen aber auch die "Kriecher", die meist aus Angst vor zu hoher Geschwindigkeit oder weil sie beispielsweise die Landschaft betrachten oder verbotenerweise auf der Strecke Fotos machen, im Schneckentempo unterwegs sind. "Damit beschwören sie die Staugefahr und folglich auch die Gefahr von Auffahrunfällen herauf."

Auf die Einhaltung des Sicherheitsabstands legt das Personal an der Gutacher Anlage großen Wert. Die Schlitten werden beim Start nach der Einweisung und der Überprüfung des Anschnallens in 25-Meter-Abständen auf die 300 Meter lange Liftstrecke den Berg hinauf gelassen. Oben angekommen überprüft ein weiterer Mitarbeiter den Abstand, der bei nassem Wetter wegen des verlängerten Bremsweges erheblich aufgestockt wird.

Stauen sich bereits zu Beginn der Abfahrt mehrere Schlitten, schaltet sich die Bahn automatisch ab, bis die notwendigen Abstände wieder garantiert sind.

Während der Abfahrt sind dann die Piloten selbst für die Einhaltung der Abstände verantwortlich. Daran wird im Streckenverlauf mehrfach durch Hinweistafeln erinnert.

"Leider gibt es immer wieder Gäste, die sich über die überall aushängenden Regeln und Verbote hinwegsetzen. Damit gefährden sie nicht nur sich selbst, sondern auch andere.

Das ist kein neues Phänomen, das hat es immer schon gegeben. Es ist sogar schon vorgekommen, dass Leute während der Fahrt ausgestiegen sind", spricht Wöhrle aus ihrer langjährigen Erfahrung.

Vorausschauend fahren

"Es ist wie im Straßenverkehr: Wenn vorausschauend gefahren wird, kann eigentlich nichts passieren. Denn die Bahn befindet sich in einem technisch einwandfreien Zustand", so die 62-Jährige.

Sie verweist dabei auf die regelmäßigen Überprüfungen durch den Technischen Überwachungsverein TÜV, die tägliche Sicherheitsfahrt und den Check aller eingesetzten Schlitten vor der morgendlichen Bahnöffnung durch eine Fachkraft.

Sicherheit hat Priorität

"Einen eigenen Techniker, der die Anlage ständig kontrolliert und in Schuss hält, gibt es sicher nicht bei vielen vergleichbaren Anlagen in Deutschland", so Wöhrle.

Die Sicherheit der Fahrgäste nimmt auch bei der Betreiberfirma der Gutacher Sommerrodelbahn Wiegand mit Sitz im hessischen Rasdorf einen hohen Stellenwert ein, nicht zuletzt auch aus wirtschaftlichen Gründen.

"Unfälle sind immer mit Negativschlagzeilen verbunden. Da spielt die Schuldfrage gar keine Rolle, obwohl wir natürlich froh sind, dass die drei Unfälle erwiesenermaßen weder auf technische Mängel noch auf ein Fehlverhalten unserer Mitarbeiter zurückzuführen sind", so Geschäftsführerin Pamela Groll.

"Die Anlage in Gutach ist mit einer jährlichen Zahl an Fahrten im hohen sechsstelligen Bereich mit Abstand die bestfrequentierte und umsatzstärkste unserer insgesamt zwölf Anlagen europaweit", so die Tochter des vor zwei Jahren verstorbenen Firmengründers Josef Wiegand.

Unfallhäufigkeit niedrig

"Und die Unfallhäufigkeit liegt im Verhältnis zu den geleisteten Fahrten auf dieser Anlage in einem vergleichsweise sehr niedrigen Bereich", sagt Groll. Derzeit herrscht auf der Gutacher Sommerrodelbahn Hochbetrieb, denn in allen bevölkerungsstarken Bundesländern und bei den französischen Nachbarn haben die Ferien begonnen.

"In dieser Zeit geht es auf der Strecke etwas enger zu. Da kann es dann schon vorkommen, dass man nicht immer so schnell fahren kann, wie man möchte", beschreibt Renate Wöhrle die Situation während der Hochsaison. "Gerade jetzt ist die gegenseitige Rücksichtnahme besonders wichtig", appelliert sie an das Verständnis der Gäste. "Schließlich soll ja der Sommerspaß nicht durch gefährliche Situationen oder gar Unfälle getrübt werden."

Und unsere Urlauberfamilie aus dem Norden? Ob und wie stark Papa auf der Strecke abgebremst hat, bleibt sein Geheimnis. Aber auf jeden Fall strahlt der Junior beim Aussteigen über das ganze Gesicht und fasst seine Begeisterung in drei knappen Worten zusammen: "Echt geil. Nochmal!"