Mathias Tretter nimmt bissig Weltgeschehen, Familienleben und Internet im Hanhart-Kunstpojekt aufs Korn. Foto: Hajek Foto: Schwarzwälder-Bote

Unterhaltung: Kabarettist liefert amüsanten Abend, mit buntem Wechsel zwischen Familienleben und Politik

Gütenbach. Traurig, dass er zum letzten Mal im Gütenbacher Hanhart auftritt, zeigte sich Mathias Tretter. Der wortgewandte Kabarettist lieferte freilich einen überaus amüsanten Abend, mit buntem Wechsel zwischen Familienleben und Politik.

Tretter gehörte seit 2006 zu den Künstlern, die immer wieder in Gütenbach auftraten und ihre festen Fans haben. Deshalb war das Gastspiel komplett ausverkauft. Die Schwarzwälder erlebten die Vorpremiere zu POP, Tretters neuem Programm. Der Künstler erläuterte den Sinn der "Vorpremiere". "Alle Stellen, an denen Sie nicht lachen, streiche ich raus".

Mit Brille, geschminkten Lippen und dunklem Anzug nahm Tretter den Zeitgeist aufs Korn, dabei sparte er nicht mit Selbstironie. Schwul? "Es gibt Typen, die das offen lassen". Die Teilung der Gesellschaft zeigt sich schon in seiner Straße, schildert Tretter anschaulich: "Auf einer Seite die Sprittis am Späti, das Volk sozusagen, das sich an der Bude trifft, die auch nach Geschäftsschluss noch Alkohol verkauft, auf der anderen Straßenseite am Fenster die arrogante Minderheit."

Der Kabarettist analysiert scharfsinnig die moderne Sprache: "In der Werbung mutieren Betten zum Schlafsystem, Bier zum Hopfensmusi, der Blumenladen wird zur Werkstatt für florale Objekte. Der Kampf mit der modernen Sprache hat seine Tücken, Oralverzehr oder Oralverkehr, das bleibt unklar. Die aktuelle Politik schleicht sich unversehens ein in die Erfahrungen des Familienlebens. In die Schaltstellen der Politik kann man offenbar gelangen ohne Hirn (Trump) oder ohne Partei (Macron)."

Tretter hält es mit POP (Partei ohne Partei), in der alle alles können. Damit schafft er den Übergang zum Zeitalter der Amateure, von der Castingshow bis zum amerikanischen Präsidenten. "Populisten simulieren Politiker".

Immer wieder nimmt der Kabarettist die moderne Sprache aufs Korn, vor allem das Sprachgemisch im Internet. Die Aufmerksamkeitszeit der Menschen sei inzwischen kürzer als die eines Goldfisches, haben Wissenschaftler offenbar herausgefunden. Überhaupt das Internet: Es ist überall. Der Kabarettist zeichnet die Zukunft und stellt die Frage, wer denn nun die App von wem sei. Die E-Mail auf dem Duschkopf werde demnächst selbstverständlich sein.

Über moderne Kindererziehung hat Tretter so seine eigenen Erfahrungen mit seinem siebenjährigen Sohn. Geradezu nostalgisch erinnert er sich an Pumuckl und Meister Eder, die noch besoffen sein durften. Von der Familie geht es zurück zur Politik, zum IS, den Tretter freilich nicht fürchtet. Als "bestes Mittel gegen den Terrorismus" empfiehlt er den Atheismus, Gelassenheit und Lebensfreude. Cannabis legalisieren, die Bundeswehr zur Brauchtumspflege, das wird empfohlen. Zukunftsperspektiven mit ewigem Leben ohne Arbeit kann Tretter freilich nicht nur Positives abgewinnen: "Man braucht den Tod nicht, um in die Hölle zu kommen".

Seine Sicht der Welt legt der Kabarettist immer wieder in fiktiven Dialogen dar, diskutiert mit "Ansgar". Die Pointen folgten rasch, man kam aus dem Lachen kaum heraus, obwohl viele ernste Themen angesprochen wurden. Mit einer klassischen Klaus-Kinski-Parodie als Zugabe verabschiedete sich Tretter aus Gütenbach und bedauerte, dass dieses Gastspiel das letzte sein werde, da das Hanhart-Projekt sich dem Ende zuneigt.