Zu den erfreulichen Entwicklungen, die Bernd Nitz während seiner langjährigen Dienstzeit im Gütenbacher Rathaus erlebt hat, gehört die Erschließung des Wohngebiets Pfarrdobel hoch über dem Ort, auf das er hier zeigt. Foto: Wolf Foto: Schwarzwälder-Bote

Bernd Nitz hat in 48 Jahren auf dem Rathaus die Entwicklung der Gemeinde Gütenbach verfolgen können

Von Axel Wolf

Gütenbach. 320 Schüler, aber nur sieben Lehrer: Diese "Beinahe-Katastrophe" gehört zu den denkwürdigen Ereignissen, die Bernd Nitz in seiner langen Berufslaufbahn erlebt hat. Nach 48 Jahren auf dem Rathaus ist er nun in den Ruhestand gegangen.

Bewegte Zeiten gab es immer. In der Rückschau wirken sie oft weniger dramatisch. Doch einiges bleibt "hängen", wie sich der langjährige Hauptamtsleiter im Gütenbacher Rathaus – von Januar 1995 bis August 2015 – erinnert.

Der Notstand, was die Ausstattung mit Lehrkräften betrifft, trat im Jahr 1970 ein – und hatte Folgen: Die Gemeinde baute ein Lehrerwohnhaus. Dort zogen tatsächlich Lehrer ein, wohnten aber nicht allzu lange in diesem Gebäude.

Als ob dieses Thema die immerhin rund 1800 Einwohner – heute sind es nicht einmal mehr 1200 – nicht schon genug beschäftigt hätte, sie wurden auch noch von einer richtigen Naturkatastrophe heimgesucht. Am 17. Juni 1970 (damals noch Tag der Deutschen Einheit) ergossen sich nach einem Gewitter, verbunden mit extrem starken Regenfällen, ganze Fluten talwärts. "Der Faller-Parkplatz war ein See. Die ganze Kreuzstraße stand unter Wasser", erinnert sich Nitz. Auch das Rathausarchiv blieb nicht verschont. Nicht wenige Akten wurden vernichtet.

Nachdem zwei Jahrzehnte später erneut ein Hochwasser große Schäden angerichtet hatte, unter anderem wurden die Bachufer stark in Mitleidenschaft gezogen, wurde nicht nur der Bach saniert, sondern auch Brückenbauwerke erneuert. Das kostete immerhin vier Millionen Mark.

Zu teuer: Hallenbad wird 1985 geschlossen

Viel Geld hatte die Gemeinde auch in die Hand genommen, um ihren Einwohnern ein eigenes Hallenbad bieten zu können. Diese Einrichtung entwickelte sich allerdings zum nicht mehr bezahlbaren Luxus. "Die im Laufe der Jahren entstandenen Schäden waren so groß, dass eine Sanierung nicht mehr in Frage kam", beschreibt Bernd Nitz die damalige Situation. Um den Bürgern zu verdeutlichen, dass sie von ihrem lieb gewordenen Bad Abschied nehmen müssten, gab es eigens einen Tag der offenen Tür. Der diente dazu, der interessierten Öffentlichkeit das Ausmaß der Schäden zu zeigen. Am 25. Mai 1985 war es dann soweit: Das Bad wurde 13 Jahre nach seiner Eröffnung geschlossen. Hier zog, unter Bürgermeister Thomas Klüdtke, schließlich der Bauhof ein.

Wegen der vielen Kinder war nicht nur eine entsprechende Lehrerversorgung nötig, auch an einem Kindergarten kam die Gemeinde nicht länger vorbei. Bis 1974 mussten die Gütenbacher Kinder nach Furtwangens gebracht werden, dann wurde im Schulhaus der erste Gütenbacher Kindergarten eingerichtet. Zehn Jahre später folgte der Umzug in die Räume, die heute noch als Kindergarten dienen.

"Wie lange noch?" fragt sich nicht nur Bernd Nitz. Angesichts der stetig sinkenden Einwohnerzahl seien weder für den Bestand des Kindergartens noch der Grundschule seriöse Voraussagen möglich.

Dass sich die Zukunft nicht voraussagen lässt, habe sich etwa beim Bau der Kläranlage gezeigt. "Damals haben wir mit einem Zuwachs auf bis zu 2000 Einwohner gerechnet", schildert Nitz die aus heutiger Sicht überzogenen Vorstellungen. Aber seinerzeit gab es auch noch mehr Arbeitsplätze im Ort.

Eine ganz besondere Volksabstimmung

Die Arbeitgeber hießen Gebr. Faller und Hanhart sowie – längst Vergangenheit – Schatz (eine Uhrenfabrik) und King Drehteile, in deren ehemaliges Firmengebäude möglicherweise die Gemeindeverwaltung umziehen wird. Die Attraktivität des Gewerbestandorts Gütenbach zeigte sich auch in bis zu 300 Einpendlern – bei nur 40 Auspendlern. Zum Einzugsbereich gehörten unter anderem St. Märgen, Simonswald und Wildgutach.

Die besondere Lage der letzt genannten Ortschaft sorgte – nach der Gebietsreform Anfang der SiebzigerJahre – für ein Kuriosum: Weil wenige Einwohner, die zu diesem Zeitpunkt auf Gemarkung Gütenbach wohnten, unbedingt Simonswald zugehören wollten, kam es zu einer Volksabstimmung. Allerdings waren nur zwei Bürger des betroffenen Areals mit Hauptwohnsitz in Gütenbach gemeldet. Folglich durften nur diese beiden abstimmen. Das Ergebnis war eindeutig: Zu 100 Prozent sprachen sie sich für die künftige Zugehörigkeit zu Simonswald aus.

Als Folge dieses Votums kam es zu einer so genannten Ummarkung, es wurde also ein Teil der Gütenbacher Gemeindefläche der Nachbarkommune Simonswald zugeschlagen. Damit wurde die ohnehin schon kleinste selbstständige Gemeinde des noch jungen Schwarzwald-Baar-Kreises um ein paar Hektar Fläche kleiner.