Eine geeignete Wohnung finden oder einen Mieter für das eigene Objekt - dabei ist oft der Rat von Experten gefragt. Das ist ein Teil der boomenden Immobilienbranche, die steigenden Bedarf an Fachleuten hat. Foto: Mierendorf

Investitionen in Immobilien sind attraktiv, das niedrige Zinsniveau sorgt zusätzlich für Interesse bei Anlegern. Die Branche wächst.

'Den Immobilienunternehmen geht es sehr gut', sagt Bernd Engelhardt, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der IHK Region Stuttgart. 'Schließlich ist an jeder Ecke der Stadt ein Baukran zu sehen.' Auch die Zahlen zeigen, wie sehr die Branche boomt: im Jahr 2012 wurden allein in Stuttgart 1 ,6 Milliarden Euro in Immobilien investiert. In der Landeshauptstadt gibt es 7,4 Millionen Quadratmeter Bürofläche, wobei allein in diesem Jahr 87 000 Quadratmeter hinzukommen sollen. 'Es passiert unheimlich viel. Dafür werden Fachleute gebraucht, die sich mit der Planung, Finanzierung und Errichtung von Immobilien sowie deren Bewirtschaftung auskennen', so Engelhardt.

Auch Sven R. Johns, langjähriger Geschäftsführer des Immobilienverbandes Deutschland (IVD) und Buchautor, sieht hervorragende Berufsperspektiven für qualifizierte Arbeitnehmer: 'Die Immobilienwirtschaft ist eine der Zukunftsbranchen. Das liegt auch daran, dass seit einigen Jahren Immobilien als eine gleichberechtigte Geldanlageform angesehen werden.' Nach Angaben der IHK sind in der Region Stuttgart etwa 5400 Arbeitnehmer in der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft beschäftigt. Dazu kommt etwa noch einmal die gleiche Anzahl an Freiberuflern wie etwa Makler und Gutachter. 'Die Beschäftigungsaussichten sind angesichts der boomenden Immobilienwirtschaft hervorragend. Das wird sich auch in den nächsten zehn Jahren nicht ändern', so Engelhardt.

Die Anforderungen an die Mitarbeiter steigen

Trotz dieser Chancen gibt es aber nur eine verhaltene Nachfrage nach einer Ausbildung zum Immobilienkaufmann. In der Region Stuttgart konnten die Betriebe im Jahr 2012 lediglich 83 Ausbildungsverträge abschließen. Diese seit 2006 angebotene Ausbildung ersetzt die Ausbildung zum Kaufmann in der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft. Sie beinhaltet alle Fragen der Verwaltung, der Vermietung und des Verkaufs von Immobilien sowie deren Bewertung und Finanzierung. 'Diese Ausbildung ist wesentlich unbekannter als die für Einzelhandelskaufleute. Auch deshalb übersteigt der Bedarf der Unternehmen das Interesse der jungen Leute', erklärt Engelhardt. Dabei sei der Beruf gerade für Abiturienten mit guten sozialen Fähigkeiten interessant. Schließlich bestehe die Möglichkeit, sich nach der Ausbildung zum Fachwirt fortzubilden und so in die mittlere und höhere Führungsebene aufzusteigen. Da immer mehr Immobilien-Unternehmen an der Börse gelistet sind, steigen auch die Anforderungen an die Mitarbeiter.

So werden das Operieren mit Kennzahlen sowie die Einschätzung und Kontrolle von Risiken immer wichtiger. 'Die optimale Bewirtschaftung eines Immobilienbestandes gehört heute mehr denn je zum Tagesgeschäft', erklärt Johns. 'Deshalb setzen Unternehmen immer häufiger auf Hochschulabsolventen. Vor 20 Jahren gab es noch keinen einzigen Studiengang für Immobilienwirtschaft. Heute gibt es etwa 100.' So bietet die Universität Stuttgart zum Beispiel den Studiengang Immobilientechnik und Immobilienwirtschaft an. 'Unsere Absolventen kommen unheimlich gut an', sagt Dr.-Ing. Wolfgang Paul, stellvertretender Leiter des Instituts für Baubetriebslehre. Dieser Bachelor- und Masterstudiengang sei besonders stark technisch ausgerichtet. 'Unsere Studierenden befassen sich neben Mathematik und Mechanik mit der technischen Gebäudeausstattung, aber auch mit Betriebswirtschaft.' Energetische, planerische und rechtliche Aspekte spielen im Studium ebenfalls eine wesentliche Rolle. 'Gerade das technische Verständnis ist für die Immobilienwirtschaft wichtig', so Paul.

Verbindung von Berufsausbildung und Studium ist wegweisend

Neben grundständigen Studiengängen bieten verschiedene Hochschulen auch die Möglichkeit eines berufsbegleitenden Bachelor- und Masterstudiums - so etwa das Center for Real Estate Studies (CRES) in Freiburg. Die Institution wird von der Deutschen Immobilien-Akademie in Kooperation mit der Steinbeis-Hochschule Berlin getragen. 'Bei uns erhalten die Studierenden eine gute Grundlage in wirtschaftswissenschaftlichen und rechtlichen Fächern, aber auch notwendiges Spezialwissen wie Miet- und Maklerrecht sowie Immobilienfinanzierung und -vermarktung', berichtet Prof. Dr. Marco Wölfle, wissenschaftlicher Leiter des Center for Real Estate Studies. Dieses praxisorientierte Wissen wenden die Studierenden bereits während des Studiums in einem Projekt an, das sie mit ihren Arbeitgebern vereinbaren. Ab September startet in Freiburg außerdem der duale BA-Studiengang Immobilienwirtschaft/Real Estate. Johns hält die Verbindung von Berufsausbildung und Studium - ob nun dual oder berufsbegleitend - für wegweisend: 'Damit machen sich Mitarbeiter auch für künftige Anforderungen ihrer Unternehmen fit.' Die LBBW Immobilien-Gruppe aus Stuttgart setzt auf Mitarbeiter mit einer immobilienspezifischen Ausbildung oder einem einschlägigen Studium mit einem für die Branche relevanten Schwerpunkt.

Sie bietet außerdem eine Ausbildung für Immobilienkaufleute an und ist Ausbildungspartner für Studierende des dualen Studienganges Facility Management an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg Stuttgart. 'Dieses Studium orientiert sich am Lebenszyklus der Immobilie und vermittelt insbesondere Kenntnisse im Wirtschaftsingenieurwesen, in der Immobilienökonomie sowie dem technischen Gebäude-management', erläutert Jan Gatter, Zentralbereichsleiter Personal und Verwaltung der LBBW Immobilien-Gruppe. Auch wenn eine qualifizierte Ausbildung in der Immobilienwirtschaft immer wichtiger wird, ist sie unter den Maklern keine Pflicht. Dennoch setzt das Maklerunternehmen Schürrer & Fleischer Immobilien, das auch in Stuttgart eine Filiale hat, ganz bewusst auf einschlägige Fachkenntnisse und Berufserfahrung. Schließlich reicht die Arbeit eines Maklers von der Akquise über die Wertermittlung und Exposé-Erstellung bis hin zur Verhandlungsführung. 'Qualität setzt sich auch bei Maklern durch', betont Geschäftsführer Peter Schürrer.

'Deshalb stellen wir Mitarbeiter mit einem Faible für Immobilien und entsprechenden Ausbildungen oder Hochschulabschlüssen ein.' Besonderen Wert legt das Unternehmen auf soziale Kompetenz: 'Bewerber sollten Sympathie und Vertrauen erwecken und Verständnis für unsere Kunden mitbringen. Schließlich müssen sie mit den verschiedensten Menschen umgehen können.' Wenn die soziale Kompetenz stimmt, gibt das Unternehmen auch Quereinsteigern eine Chance. 'So ermöglichen wir zum Beispiel Frauen nach der Elternzeit, sich weiterzuqualifizieren und so die nötigen Fachkenntnisse zu erwerben.'