Nach zwei Jahren im Sinkflug legt der Stuttgarter Airport bei Passagierzahlen wieder zu

Von Michael Deufel

Stuttgart. Flughafenchef Georg Fundel sieht keinen Bedarf für eine zweite Start- und Landebahn. Rund 9,3 Millionen Fluggäste haben den Stuttgarter Airport 2010 passiert. 16 Millionen könne man problemlos abfertigen, "weil der Trend zu größeren Maschinen geht".

Ob Höhenflug oder Absturz – ein wenig versuchen Georg Fundel und Walter Schoefer gestern den Eindruck zu erwecken, als könnten sie es ohnehin nicht beeinflussen. Lahmt die Wirtschaft, lahmt der Flughafen, boomt die Wirtschaft boomt auch der Flughafen, lautet die simple Gleichung der Airportchefs am Endes des Jahres eins nach der Krise. Gelegentlich gibt es auch noch Unbekannte. Die Unbekannte des Jahres 2010 hieß Eyjafjallajökull. Nach zwei Jahren des Rückgangs atmen die zuvor lange erfolgsverwöhnten Geschäftsführer der Flughafen Stuttgart GmbH (FSG) dennoch durch.

u Fluggastzahlen: Nach dem Katastrophenjahr 2009, als ein Minus von zehn Prozent die Zahl der Passagiere auf 8,9 Millionen abstürzen ließ, hatte die FSG ihre Erwartungen für 2010 ohnehin niedrig angesetzt. Durch den Ausbruch des Vulkans Eyjafjallajökull waren die Terminals im Frühjahr nahezu verwaist, die Passagierzahlen bis Ende April um fünf Prozent abgestürzt. Über Europa hatte sich eine große Aschewolke gelegt und fast den gesamten Flugverkehr des Kontinents zum Erliegen gebracht. Rettung brachte die Wirtschaft, die sich besser entwickelte als erwartet. Schon Ende Juni war die Vorgabe minus zwei Prozent erreicht. Am Jahresende wird die Zahl der Reisenden voraussichtlich um 3,3 Prozent auf 9,3 Millionen angestiegen sein. "Ohne Asche hätten wir mit plus fünf Prozent Normalität erreicht", rechnet Fundel vor. Mit diesem Wert plant die FSG für 2011.

u Zweite Start- und Landebahn: Die sinkenden Fluggastzahlen hatten dem Flughafenchef jäh die Argumente für eine zweite Piste geraubt. Seit gestern dürften die Pläne endgültig zu den Akten gelegt werden. Walter Schoefer bemühte zwar noch Film-Agent James Bond und sagte: "Sag niemals nie". Doch Kollege Fundel stellte fest: Eine zweite Start- und Landebahn sei "im Moment kein Projekt". Den Grund dafür liefern die Fluggesellschaften. Selbst bei Günstigfluglinien gehe der Trend hin "zum großen Fluggerät". Bei einem Marktanteil von Air Berlin und German Wingsvon jeweils 20 Prozent in Stuttgart reicht bequem eine Piste, denn größere Flugzeuge verringern die Anzahl der Flugbewegungen – im Vergleich zum Vorjahr um 8000 auf 132000, ein Wert, den die FSG zuletzt 1994 erreicht hat. 16 bis 18 Millionen Abfertigungen im Jahr könnten auf diese Weise abgewickelt werden, sagt Fundel, also annähernd doppelt so viele wie 2010. Da dürften auch die erhofften 1,5 Millionen zusätzlichen Fahrgäste, die sich die FSG durch die Anbindung des ICE im Rahmen von Stuttgart 21 erhofft, kaum die Kapazitätsgrenze des Airports ausreizen.

u Flugplan: "Wir wollen an die großen Hub-Airports der Welt herankommen", sagt Flughafenchef Fundel. Hub-Airport bedeutet übersetzt Luftverkehrsdrehscheibe. Für Flugreisende auf den Fildern bedeutet das: Wer ab Stuttgart fliegt, muss auf dem Weg zu seinem Ziel höchstens einmal umsteigen. Ein wichtiges Datum in diesem Zusammenhang ist der 6. März 2011, wenn Quatar Airways den Flugverkehr von und nach Katar startet. Im Wüstenstaat entsteht bis 2013 ein Flughafen, der laut Fundel 40 Ziele weiter östlich anbietet. Zunächst wird die Verbindung dreimal die Woche angeboten. Katar täglich anzufliegen ist das Ziel. Mittelfristig will Fundel Direktflüge nach Indien und China anbieten können – im Zweifel auch "ohne die Lufthansa".