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Amok-Drohung: Grosselfinger will Staatsanwaltschaft auf Schadensersatz verklagen. Polizei klingelt mitten in der Nacht.

Grosselfingen - Der Grosselfinger Albrecht Ott will die Staatsanwaltschaft auf Schadenersatz verklagen. Diese hatte bei ihm eine nächtliche Durchsuchung angeordnet. Zumindest der Zeitpunkt ist laut Landgericht nicht zu rechtfertigen.

Eine Faust hämmert gegen eine Haustür. Innen regt sich nichts. Kein Wunder, denn es ist 1 Uhr nachts. Es folgt nochmal ein energisches Klopfen. Nach und nach gehen die Lichter im Haus an. Der Hausbewohner öffnet die Türe und traut seinen Augen nicht: Vor seinem Haus stehen sechs Polizeibeamte. Die Männer gehen hinein und durchwühlen Zimmer für Zimmer. "Wir suchen nach Waffen", sagt einer von ihnen. Eine Szene aus einem Film? Nein. Der Grosselfinger Albrecht Ott und zwei seiner Kinder haben das erlebt.

"Die haben alles umgedreht", sagt Ott. Besonders bitter ist für ihn, dass die Beamten auch die Sachen seiner vor sechs Jahren verstorbenen Frau durchstöbert haben. Diese Gegenstände hat Ott selbst seit Jahren nicht angerührt. Zudem wurden auch die Kinder geweckt und aus den Zimmern geholt. "Die haben keine Rücksicht auf die Kinder genommen", erzählt Ott, "ob die später ein Trauma haben, ist mein Problem."

Maßnahme war nicht gerechtfertigt, sagt Otts Anwalt

Inzwischen hat sich herausgestellt, dass der Zeitpunkt der nächtlichen Durchsuchung nicht in Ordnung war. "Das Landgericht hat die Anordnung zur Durchsuchung in der Nachtzeit für absolut rechtswidrig erklärt", heißt es in einem Schreiben von Albrecht Otts Anwalt. Gesichtspunkte der Gefahrenabwehr könnten diese Maßnahme nicht rechtfertigen, heißt es weiter. Doch wieso überhaupt Gefahr? Wie kam es zur Hausdurchsuchung?

Alles fing damit an, dass Ott sich bei der Schulleitung der Bisinger Realschule über die Notenvergabe bei den mündlichen Prüfungen beschwert hatte. Das tat er – laut eigener Aussage – sachlich, aber mit gehobener Stimme. Die Schulleitung sieht das jedoch anders. "Er hat das Schulhaus zusammengeschrien", erzählt Rektorin Heike Burger. Er sei "ausgerastet", anders könne man das nicht sagen. Er habe zudem gedroht, die Schulabschlussfeier der Klasse seines Sohnes zu stören, weshalb Ott ein Hausverbot ausgesprochen bekam.

Er selbst sagt: "Ich habe niemandem gedroht." Ott habe lediglich auf eine ungerechte Benotung hinweisen wollen.

Nichtsdestotrotz folgt auf einen solchen "Ausraster" normalerweise keine Hausdurchsuchung. Die hätte es auch sicher nicht gegeben, wenn nicht einen Tag später ein anonymer Drohbrief via E-Mail bei der Realschule gelandet wäre. Darin wurde vor einem Amoklauf gewarnt. Daraufhin musste die Schulleitung der Polizei darüber Auskünfte erteilen, ob es zuvor irgendwelche Vorkommnisse gab. "Ich musste ihnen Infos geben über Eltern und Schüler, die sich auffällig verhalten haben", sagt Heike Burger. Da hatte sie eben die lautstarke Auseinandersetzung mit Albrecht Ott genannt.

Die Entscheidung für eine Hausdurchsuchung fällte dann die Staatsanwaltschaft. Genauer gesagt geschah dies durch eine Urlaubsvertretung, die kurzfristig einen Entschluss fassen musste. Es lag demnach eine "Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten" vor. Und zu ihrer Entscheidung stehen die Verantwortlichen nach wie vor. "Die Durchsuchung war völlig in Ordnung, nur der Zeitpunkt nicht", sagt Nicole Luther, Pressesprecherin der Hechinger Staatsanwaltschaft.

Albrecht Ott erzählt dazu, dass sich auch zwei der Polizisten über den Zeitpunkt der Hausdurchsuchung wunderten. "Die haben den Kopf geschüttelt, wie man das machen kann", sagt er in Bezug auf die nächtliche Störung.

Albrecht Ott will Staatsanwaltschaft auf Schadenersatz verklagen

Ott will die Staatsanwaltschaft nun auf Schadenersatz verklagen. Denn wie er selbst sagt, habe er durch den Vorfall einen großen Imageschaden erlitten. Er sei öfter darauf angesprochen worden, ob er eine Pistole bei sich trage. Bei einem hell erleuchteten Haus mitten in der Nacht hätten den Vorfall schließlich alle mitbekommen, sagt Ott.

Von der Schulleitung verlangt Ott eine Entschuldigung. Sie hätte die anderen Eltern mehr oder weniger gegen ihn aufgehetzt. Doch die Schulleitung ist nicht Schuld an der Hausdurchsuchung. Das ausgesprochene Hausverbot am Tag der Entlassfeier seines Sohnes war laut Heike Burger zum Wohle der Kinder und die Mehrheit des Kollegiums hätte sich dafür ausgesprochen. Später fiel die Entlassfeier auf Anraten der Polizei aus – wegen des anonymen Drohbriefs, nicht wegen der Störungsdrohung von Albrecht Ott. Zur angeordneten Hausdurchsuchung meint Heike Burger: "Wenn man nichts gemacht hat, ist das natürlich bitter."

Dass an der Realschule keine Kritik geäußert werden dürfe, wie Ott behauptet, dem widerspricht die Rektorin vehement. Dafür müsse man aber ein Gespräch führen. Das habe mit Ott nicht funktioniert.

"Wir haben ein offenes Ohr für jeden", sagt sie. Bis zum besagten Vorfall habe die Zusammenarbeit mit Albrecht Ott, der sich im Elternrat engagierte, gut funktioniert. Einige Wochen zuvor hatte Ott dafür eine Würdigung vom Staatlichen Schulamt überreicht bekommen.