Als noch alles in Schuss war: Das Rathaus und der Grosselfinger Ortskern im Jahr 1972.Archiv-Foto: Gemeinde Foto: Schwarzwälder-Bote

Drittes Konzept für Ortskern könnte ein Kompromiss sein / Bürgerbegehren-Initiatoren sind zufrieden

Von Judith Midinet

Grosselfingen. Drei Konzepte für die Ortskernsanierung und -belebung fordert das Grosselfinger Bürgerbegehren. Diese will der Gemeinderat nun liefern – nur in welchem Zeitrahmen, darüber herrschte Uneinigkeit unter den Fraktionen.

Das Grosselfinger Bürgerbegehren ist zulässig. Darüber hat der Gemeinderat am Montagabend entschieden (wir berichteten). Thomas Haug von den Bürgern für Grosselfingen (BfG) stellte direkt den Antrag, dass sich der Gemeinderat verpflichtet, drei Konzepte für die Ortskernsanierung und -belebung zu erstellen. Die Abgabefrist für die Konzeptentwürfe sollte zur nächsten auf den beantragten Beschluss folgenden Gemeinderatssitzung sein, so sein Antrag. Das Bürgerbegehren wäre mit diesem Beschluss hinfällig.

Es gebe keinen Grund zur Eile, wenn die Weichen für die nächsten 50 Jahre gestellt werden, befand allerdings Bürgermeister Franz Josef Möller. "Man braucht Zeit, um die Projekte zu entwickeln", sagte auch Rudi Senner von den Freien Wählern. Innerhalb eines Monats könne nichts geklärt werden.

"Wir wollen endlich wieder zu einer vernünftigen und konstruktiven Arbeit im Gemeinderat zurückfinden und wieder Ruhe in den Ort bringen. Das Bild, das Grosselfingen nach außen abgibt, ist derzeit verheerend", sagte Haug und zeigte sich kompromissbereit, allerdings nicht ohne seine Kollegen der Freien Wähler mit Vorwürfen zu konfrontieren. Während die BfG in den vergangenen Monaten "durchaus kompromissbereit" waren, seien sie immer wieder "in Leserbriefen attackiert worden". Haug warf Rudi Senner vor, eigentlicher Initiator des Bürgerbegehrens zu sein, zumal Petra Reichert-Kötzle bis vor einem Jahr selbst noch Gemeinderatsmitglied der Freien Wähler war. "Einigung in Herrn Senners Sinne heißt, dass alle anderen seine Meinung übernehmen müssen, etwas anderes war ihm bisher immer zu wenig. Das war auch der Hauptgrund, warum alle Gespräche bisher gescheitert sind", erklärte Haug, dass es bis jetzt keinen Kompromiss gab.

Außerhalb eines Wettbewerbs der Konzepte für den Ortskern wollen die BfG das Thema Rathaus sehen. Haug stellte klar, dass trotz des Bürgerbegehrens jederzeit mit der Rathaussanierung begonnen werden könne. Ein Rathaus-Neubau am Standort des Gesellenhauses wäre laut Haug bei prozentual gleichen Zuschüssen, aber wesentlich höheren Kosten (Abriss des bestehenden Gebäudes, kompletter Neubau) für die Gemeinde wesentlich teurer als eine Sanierung und Erweiterung des jetzigen Rathauses. "Damit wäre diese Lösung absolut unwirtschaftlich", erklärte Haug, der ebenfalls – anders als die Freien Wähler – für eine Mehrzweckhall Zuschüsse in Aussicht stellte. Rudi Senner stellte dazu nur klar, dass die 500 000 Euro, mit denen für die Rathaussanierung gerechnet wird, ebenfalls noch nicht bewilligt seien.

Um die Finanzierung und die möglichen Zuschüsse der drei Konzepte für die Ortskernsanierung besser beurteilen zu können, schlug Haug schließlich vor, ein unabhängiges Planungsbüro einzuschalten, das noch nie für die Gemeinde Grosselfingen tätig war. Damit konnten sich alle Gemeinderatsmitglieder abfinden. Auf welche Weise der Gemeinderat das dritte im Bürgerbegehren verlangte Konzept erarbeiten will, wurde noch nicht diskutiert.

"Das dritte Konzept könnte ein Kompromiss beider Fraktionen sein", sagte Petra Reichert-Kötzle, Initiatorin des Bürgerbegehrens, gestern auf Anfrage unserer Zeitung. Sie und Berthold Lenz sind mit dem Verlauf des Bürgerbegehrens zufrieden. Zu bedenken geben sie allerdings, dass für die Bürger ein realistischer Kostenrahmen ersichtlich sein muss. "Die Finanzen sollten fachlich korrekt sein. So viel Ahnung hat von den Gemeinderatsmitgliedern niemand", sagt Petra Reichert-Kötzle. Die Konzepte sollten zwar zeitnah stehen, aber auch vernünftig überlegt sein.

Laut Markus Münch, Ansprechpartner beim Landratsamt für ELR-Zuschüsse, sieht die ELR-Richtlinie als Fördertatbestand die Schaffung und Anpassung von Gemeindebedarfseinrichtungen vor. Unter Anpassung ist die Redimensionierung (Umbau/Modernisierung) kommunaler Infrastruktureinrichtungen (auch Rathäuser) gemeint. Ausgeschlossen sei der Neubau von Rathäusern. Eine Förderung der Sanierung des Rathauses aus dem ELR wäre somit dem Grunde nach möglich. Die Einschränkung "dem Grunde nach" gelte deswegen, da diese Möglichkeit erst seit der Einführung der neuen Richtlinie im vergangenen Jahr gegeben ist und die Erfahrungen in diesem Bereich fehlen. Münch empfiehlt Grosselfingen, vor einer möglichen Antragstellung das Vorhaben mit dem Regierungspräsidium Tübingen abzustimmen. Außerdem gibt er zu bedenken, dass ein Antrag aus Grosselfingen mit allen anderen ELR-Anträgen in Konkurrenz steht und die Anträge auf Landkreisebene priorisiert werden müssen. Die Ausschreibung für das Jahr 2016 wird voraussichtlich Mitte Juni dieses Jahres erfolgen.