Zur Semestereröffnung der Kreisvolkshochschule hatten Wolfgang Meusel (Rezitation) und Charlotte Schnittger (Harfe) einen Auftritt mal anderer Art. Foto: Keck Foto: Schwarzwälder-Bote

Bei der Semestereröffnung der Kreisvolkshochschule schöpft Wolfgang Meusel aus dem Vollen

Von Gerhard Keck

Grömbach. Wolfgang Meusel ist durch und durch Praktiker. Sein Publikum verabschiedet er mit dem Rat: "Verzichten Sie auf einen Beischlaf am Freitagabend, denn wenn es am Wochenende regnet, wissen Sie nicht, was Sie tun sollen." Da bekommt man doch mal etwas Handfestes mit auf den Heimweg.

Im Grömbacher Lindenforum erteilte der Schauspieler, Chorleiter und Gesangspädagoge anlässlich der Frühjahrs-Semestereröffnung der Kreisvolkshochschule eine Lehrstunde in Sachen Entertainment. Das "hochgeschätzte, intelligente Publikum" nahm er mit auf einen "Streifzug durch die Welt der nicht nur positiven Literatur". In seine Charmeoffensive schloss er die begleitende Harfenistin Charlotte Schnittger aus Baiersbronn gleich mit ein. Sie tue ihm gut, bestätigte Meusel, denn sie lasse ihn "jünger aussehen", als er sei.

Seit acht Jahren pflegt die Gymnasiastin ihre Liebe zu dem beeindruckenden Instrument. Dafür wurde sie auch schon beim Wettbewerb "Jugend musiziert" mit einer Auszeichnung belohnt. Charlotte Schnittger gestaltete mit feinem, wohltemperiertem Spiel die Übergänge zu den meist scharfzüngigen Rezitationen Meusels.

Zunächst jedoch ergriff Bürgermeister Peter Seithel das Wort. Grömbach als "jüngstes Mitglied der VHS-Familie" freue sich darüber, dass die kleine Gemeinde von der VHS-Leitung für die "tolle Veranstaltung" zum Semesterbeginn ausersehen worden sei. Der seit zwei Jahren verfügbare Mehrzweckraum biete die passende Kulisse für den "illustren" Abend.

Wolfgang Meusel beherrscht die Klaviatur des Auftritts bis in die Nuancen. Mit grimmiger Miene kann er schon mal poltern, um im nächsten Augenblick verschmitzt-verschlagen sein Publikum ins Visier zu nehmen. Wer ihm Auge in Auge gegenübersitzt, muss sich auf irgendeine Weise ertappt fühlen. Es ist sein Blick, mit dem die Schlange ihr in Lähmung verharrendes Opfer fixiert. Und so kommt der Rezitator auf seine eigene Zunft zu sprechen: Was ist Schauspielkunst?, fragt er und schiebt die Antwort nach Erich Kästner gleich nach: "Früher waren die Dekos von Pappe und die Schauspieler echt…"

Meusels Spiel ist hundertfach bewährt in Gemeinschafts- und Soloauftritten. Unvergessen sind die Couplet-Abende zu Otto Reutter, die er 15 Jahre lang regelmäßig zelebriert hat. Keine Frage, dass einer "der größten Humoristen der (vorletzten) Jahrhundertwende" einen Ehrenplatz im Meusel’schen Repertoire einnimmt. "In 50 Jahren ist alles vorbei", tröstete Reutter einst. Auch die Liebe hat demnach keinen Bestand. Zwar ist sie "das Licht des Lebens, aber in der Ehe kommt dann die Stromrechnung". Und um noch ein bitterböses Stillleben draufzusetzen: Das Horrorbild einer Ehe zeigt sich darin, so Reutter, dass "ein Glatzkopf über den Tisch hinweg auf eine fette Frau blickt". Neben großen Spöttern wie Joachim Ringelnatz, Eugen Roth oder Ephraim Kishon beruft Wolfgang Meusel mit Karl Borromäus Reisinger einen regionalen Vertreter des Humors. Dessen "Altensteiger Zaubersprüche" sind knitze Momentaufnahmen aus dem reichhaltigen Lebensgarten. So das Geständnis der Ehefrau in der Hochzeitsnacht, sie sei farbenblind, worauf der Gatte erwidert, dass er nicht aus Cannstatt, sondern aus Kamerun stamme. Ein Leseabend anderer Art endet nach rund zwei Stunden: "Wer nicht lesen will (oder kann), muss hören…" hatte Wolfgang Meusel gefordert. Das Publikum bekam jedenfalls zu seinem Vergnügen manches Bedenkenswerte oder auch zum Widerspruch Reizende auf die Ohren.