Polizisten stehen am Donnerstag vor dem Landgericht in Stuttgart beim Prozessauftakt gegen vier angeklagte Neonazis. Foto: dpa

Der Mammutprozess gegen vier Männer, die der Göppinger Neonazis-Szene zugerechnet werden, hat am Donnerstag in Stuttgart begonnen. Bis Januar 2016 sind bereits rund hundert Verhandlungstage angesetzt.

Stuttgart - Mit zeitlicher Verzögerung und scharfen Sicherheitsvorkehrungen hat vor dem Landgericht Stuttgart am Donnerstagmorgen der Prozess gegen vier mutmaßliche Neonazis begonnen. Die 23- bis 34-Jährigen sind Mitglieder der Autonomen Nationalisten Göppingen, einer rechtsextremistischen Gruppierung, die im Dezember vom baden-württembergischen Innenministerium verboten worden war. Den Angeklagten wird unter anderem die Bildung einer kriminellen Vereinigung vorgeworfen. Ihr Ziel ist es laut Anklage, mit Straftaten einen Wandel des politischen Systems und die Wiedererrichtung des Nationalsozialismus zu erreichen.

Zum Prozessauftakt versammelten sich rund 20 Antifaschisten vor dem Gebäude und skandierten „Es gibt kein Recht auf Nazi-Propaganda“. Im Verhandlungssaal dann war die Stimmung gespannt: Dort nahmen zehn Besucher Platz, die sich offenkundig mit den Angeklagten solidarisierten. Sie standen auf, als diese hineingeführt wurden. Zwei der Angeklagten sitzen in U-Haft, die beiden anderen sind auf freiem Fuß. Sie sollen Mitglieder und Rädelsführer bei den Autonomen Nationalisten Göppingen gewesen sein und zahlreiche Straftaten begangen haben.

Termine bis Januar 2016

Auf die Staatsschutzkammer kommt ein Mammutprozess zu: Bis Januar 2016 sind bereits rund hundert Termine angesetzt. Wie zäh die Verhandlungen werden können, zeigten Fragen und Anträge der Verteidiger noch bevor die Staatsanwältin die Anklage verlas. Nach und nach wurden Besucher und auch Journalisten aus dem Raum geschickt, weil sie ebenfalls auf der Zeugenliste stehen.

Die Tatvorwürfe sind zahlreich und reichen von Sachbeschädigungen über Belästigungen und Bedrohungen bis zu Körperverletzungen. Die Anklage gibt aber auch Aufschluss über die Ideen, die die Angeklagten mit ihrer Vereinigung verbreiten und etablieren wollten. So wurden bei Wohnungsdurchsuchungen der Staatsanwaltschaft zufolge Transparente und Aufkleber sichergestellt mit Aufschriften wie: „Nationalsozialismus oder Untergang“, „Asylantenheim nein danke!“ oder „NS-Märtyrer sterben nie“.

Die Autonomen Nationalisten gehören zum einschlägigen rechtsextremen Spektrum und gelten als besonders militant. Im Südwesten soll es etwa 170 von ihnen geben.