Eine unauffällige Wiese an einem ganz normalen Straßenzug. Doch dahinter versteckt sich der große Traum von Bürgermeister Tore-Derek Pfeifer: ein heimatintegriertes Wohnmodell für Senioren. Foto: Eberhardt

Selbstständigkeit statt Altenheim: Bürgermeister Tore-Derek Pfeifer träumt von heimatintegriertem Wohnen für ältere Menschen in Glatten.

Glatten - Quo vadis? Diese Frage stellt sich auch für Glatten. Als strategischen Kompass erarbeitet man dort deshalb eine Zukunftsvision, wie der Ort in zehn Jahren aussehen soll. Und Bürgermeister Tore-Derek Pfeifer hat dafür besondere Träume im Kopf. Das Gemeindeentwicklungskonzept "Glatten 2025" ist nicht die erste Planung, die Glatten zu Gesicht bekommt. Als Bürgermeister Tore-Derek Pfeifer sein Amt antrat, fertigte er einen ersten Marschplan, eine "Prioritätenliste", in der vorwiegend operative Maßnahmen festgehalten wurden. Aber: "Mit einem neuen Kanaldeckel gewinne ich keine Einwohner", erklärt der Schultes. Weiche Standortfaktoren mussten entwickelt werden, die Idee zur Entwicklung von "Glatten 2025" entstand.

Dafür holte die Gemeinde nicht nur professionelle Hilfe, sondern vor allem die Bürger ins Boot. Denn: "Die Leute sollen hinter dem Notwendigen stehen und es mittragen", erklärt Pfeifer. Auf der Maßnahmenliste finden sich viele Ziele. Ganz weit oben aber – vor allem im persönlichen Wunschheft Pfeifers – steht das Thema seniorengerechte Wohnkonzepte. Pfeifers Traum: Glatten zu einer Modellgemeinde für seniorenfreundliche Wohnformen zu machen. "Ein würdiger Lebensabend in der Heimatgemeinde, mit Einbindung in die Gesellschaft", beschreibt Pfeifer die Vision, an welcher er in seiner zweiten Amtszeit "dranbleiben will wie am Naturfreibad in der ersten".

Bis zum Schluss in die Gesellschaft eingebettet

Und zwar nicht in Form von Altenheimen. Pfeifer schwebt ein Wohnkonzept nach dem Vorbild der Bürgergemeinschaft im südbadischen Eichstetten vor, die landesweit als Leuchtturmprojekt in Sachen Generationenvertrag gilt. Glattens ältere Bürger sollen im Heimatumfeld lange selbstständig und bis zum Schluss in die Gesellschaft eingebettet leben können – so der Traum von Pfeifer. Und dieser wird still, aber eisern verfolgt, die Projektierung läuft bereits.

Ursprünglich hätte die alte Schuhfabrik der Standort sein sollen, doch sie erwies sich als ungeeignet. Fast beiläufig aber zeigt Pfeifer vom Rathaus auf das Grundstück auf der gegenüberliegenden Seite der Hauptstraße: Dort soll die Einrichtung entstehen, im Zentrum, mitten im Leben. "Es geht darum, Synergien zu nutzen. Schule, Vereine und Senioren zu vernetzen", umreißt Pfeifer. In der Umsetzung möchte er zwar die örtlichen professionellen Dienstleister integrieren. Doch die Ideen hinter der Ausgestaltung sollen von den Bürgern kommen. "Von unten herauf, nicht von oben herab", betont Pfeifer.

Dass sich die Bürger mit dem Thema bereits intensiv beschäftigen, zeigen weitere strategische Ziele im Gemeindeentwicklungskonzept. Die Mobilitätserhaltung für Senioren ist ein Thema – allerdings mehr für die jüngeren Generationen. Bei den eigentlichen Zielgruppen stößt dieser Punkt auf eher verhaltene Resonanz. Buslinien, Mitfahrzentralen und ähnliches sind bislang gescheitert. Pfeifer weiß, warum: "Der Schwarzwälder ist Unabhängigkeit gewohnt. Er will bestimmen, wann er kommt und wann er geht." Welcher Weg der richtige ist, vermochte Pfeifer aber noch nicht herauszufinden. Dranbleiben will er an der Problematik. Aber "manche Themen werden vielleicht nicht umsetzbar sein", blickt der Bürgermeister auf das Planwerk.

Manche erwiesen sich auch als unnötig. Das Pilotprojekt für Bioenergie in Böffingen wurde letztlich mangels Bedarf ad acta gelegt, die Bürger hatten schon viele eigene Maßnahmen ergriffen. Für Pfeifer zeigte sich in jenem Abstimmungsprozess dennoch der Wert des Gemeindeentwicklungskonzepts: Es schafft Bewusstsein. Die Resonanz bei der Bürgerbefragung war so enorm, dass selbst das beteiligte Fachbüro nur staunen konnte. Außerdem gibt es viele andere Punkte auf der Liste, die, obwohl das Konzept noch jung ist, schon abgehakt werden konnten: Ausbau der Kleinkind- und Ganztagsbetreuung, Erschließung neuer Baugebiete, bürgerschaftliche Projekte wie das Backhaus Neuneck oder die geplante Bürgerbroschüre.

Für Tore-Derek Pfeifer liegt der Erfolg des Konzepts aber nicht in der abgearbeiteten Aufgabenliste. Ihm ging es bei der Initiierung um weitreichende strategische Ziele – und diese sollten von den Bürgern selbst entwickelt werden. "Wenn wir den Herausforderungen des demografischen Wandels begegnen wollen, langt als Ziel nicht: Der Gehweg sollte gekehrt werden", meint der Bürgermeister trocken.