Dorothee Diehm, erste Bevollmächtigte der IG Metall Freudenstadt, Horst Kaluza, zweiter Bevollmächtigter der IG Metall Freudenstadt, Moderatorin Alexandra Klein, Stefan Dreher (Die Linke), Norbert Beck (CDU), Wolf Hoffmann (Bündnis 90/Die Grünen), Uta Schumacher (SPD) und Moderator Nicolas Bauer Foto: Blaich Foto: Schwarzwälder-Bote

Podiumsdiskussion: Bildungszeitgesetz und Flüchtlingszustrom Schwerpunktthemen bei Veranstaltung in Glatten

Die IG Metall Freudenstadt gab einen Vorgeschmack auf die heiße Phase des Landtagswahlkampfs – mit einer Podiumsdiskussion.

Region. Die Metaller nutzten ihre turnusmäßige Delegiertenversammlung im Sportheim in Glatten, um im Anschluss daran den Landtagskandidaten der CDU (Norbert Beck), der SPD (Uta Schumacher), der Grünen (Wolf Hoffmann) und der Linken (Stefan Dreher) auf den Zahn zu fühlen und Antworten zu bekommen auf Fragen, die Arbeitnehmer aus der Region beschäftigen. Der Platz der FDP blieb leer, deren Vertreter Timm Kern ließ sich wegen eines schon länger geplanten Termins entschuldigen.

Als Schwerpunktthemen standen das im Juni in Kraft getretene Bildungszeitgesetz sowie der Flüchtlingszustrom auf dem Plan. Das dritte Thema, das aus Zeitgründen allerdings nur noch kurz angerissen wurde, war das Transatlantische Freihandelsabkommen TTIP. Um ein Stimmungsbild einzuholen, mussten die Delegierten nach jedem Schwerpunktthema Farbe bekennen und per Karte zeigen, welcher Kandidat sie überzeugt hat.

Jeder Kandidat hatte Gelegenheit für ein grundsätzliches parteipolitisches Statement. Uta Schumacher (SPD) machte den Anfang. Als Themenschwerpunkte sah sie die Bildungspolitik, die Verbesserung des Mindestlohngesetzes und die Verbesserung der Transparenz von politischen Prozessen. Für Norbert Beck (CDU) waren innere Sicherheit, die Bewältigung der Flüchtlingskrise, verbesserte Infrastruktur und Bildung wichtige Wahlkampfthemen. Wolf Hoffmann (Bündnis 90/Die Grünen) lagen neben der Bildungspolitik das Thema Naturschutz und die Weiterentwicklung des Nationalparks am Herzen. Stefan Dreher (Die Linken) ging sein Wahlkampfprogramm dagegen etwas aggressiver an. Viele Themen der Landesregierung und der Opposition seien unterfinanziert, sagte er.

Das seit Sommer geltende Bildungszeitgesetz in Baden-Württemberg besagt, dass Arbeitnehmer einen Anspruch auf fünf Tage bezahlte Bildungszeit für berufliche, politische oder ehrenamtliche Tätigkeit haben. Uta Schumacher (SPD) sprach sich für das neue Gesetz aus. Bei der Umsetzung sei die Einhaltung der Regeln wichtig, außerdem bräuchten auch die Betriebsratsmitglieder ein Mitspracherecht. Auch der Ausbau der Bildungsträger sei von Bedeutung, sagte sie. Baden-Württemberg sei ein Land des Ehrenamts, nur dadurch könne kulturelle und soziale Vielfalt bestehen.

Die CDU habe dem Gesetz der Landesregierung nicht zugestimmt, sagte dagegen Norbert Beck (CDU). Es sei nicht notwendig gewesen. Die berufliche Weiterbildung auf hohem Niveau im "Ehrenamtland" funktioniere auch so. Allerdings liege ihm die Kleinbetriebsklausel am Herzen – daher könne die CDU mit dem Gesetz leben. Die Chancengleichheit müsse zu 100 Prozent umgesetzt werden, daher plädiere die CDU für eine Evaluierung nach zwei Jahren.

Für Wolf Hoffmann (Bündnis 90/Die Grünen) ist das neue Bildungszeitgesetz gut und sinnvoll. Innovation sei notwendig, um weiterhin weltweit erfolgreich vorne mit dabei zu sein, sagte er. "Gute Bildung ist teuer, schlechte können wir uns nicht leisten." Bei den Grünen im Landtag müsse auch mehr Gewerkschaftsarbeit erfolgen, forderte er.

Für das neue Gesetz ist auch Stefan Dreher (Die Linke). Es sei ein Schritt in die richtige Richtung – reiche aber noch nicht aus. Es sei ein weiteres Gesetz notwendig, damit es bei allen Berufszweigen eine Gleichstellung gibt und nicht manche schwache Sparten, wie beispielsweise der Pflegebereich, ungenügend berücksichtigt werden. Schwache Bereiche müssten mit einem Gesetz geschützt werden.

Ein Thema, das das Land vor große Herausforderungen stellt, ist die Flüchtlingspolitik. Von einem quantitativen Problem, das abgearbeitet werden müsse, das aber auch eine Chance auf Wachstum sei, sprach Stefan Dreher. Die Integration klappe meist reibungslos, sagte er. Wolf Hoffmann war der Meinung, die Grenzen der Belastbarkeit seien langsam erreicht. Alle Parteien müssten hier zusammenhalten und Kompromisse schließen, sonst sei die Bewältigung des Flüchtlingsstroms nicht möglich.

Es müsse eine europäische Lösung her, erklärte Norbert Beck. Die Solidarität bei der Flüchtlingskrise sei entscheidend, ob Europa zukunftsträchtig sei. Er halte nichts von einer Obergrenze, europäische Quoten müssten jedoch stark verfolgt werden.

Die Veränderung der Bevölkerungsstruktur mache den Menschen im Landkreis Sorgen, sagte Uta Schumacher. Es müsse Ruhe einkehren. Auch auf dem Arbeitsmarkt müsse es gerecht zugehen, damit sich nichts verselbstständige, machte sie klar.

Weitere Themen waren der Mindestlohn und die Angst der Delegierten, dass man durch zu viele Flüchtlinge auf dem Arbeitsmarkt "Not mit Elend bekämpft". Auch der soziale Wohnungsbau, bei dem die Betonung auf "für alle" liegen müsse, wurde angesprochen. Heiß diskutiert wurde das Thema Rüstungsindustrie und Waffenexporte. Hier sei der Zusammenhalt aller Demokraten erforderlich, war das Resümee. Eine einfache Lösung gebe es nicht.

Beim angestrebten Freihandelsabkommen waren sich alle vier Landtagskandidaten einig, dass es bei den Verhandlungen an Transparenz fehlt und dass am europäischen Volk durch Geheimniskrämerei vorbeiverhandelt werde.