Volles Haus macht auch die Wirtin glücklich: Ursula Glauner hatte richtig Freude an Uwe Spinders Auftritt – und hört jetzt umso lieber Nachrichten. Foto: Steffens Foto: Schwarzwälder-Bote

Kabarett: Die Politik ist sein liebstes Kind: Uwe Spinder räumt auf zwischen Stuttgart und Brüssel

Dass an diesem Ort Weltpolitik gemacht, zumindest aber besprochen wird, ahnt niemand, der die eher etwas altertümlich-urig anmutende "Sonne" in Glatten mit ihren häkelschalummantelten Säulen betritt.

Glatten. Doch das Lokal war bis zum letzten Platz gefüllt, und während Wirtin Ursula Glauner selbstgemachte Crème brulée servierte, stieg Kabarettist Uwe Spinder nach dem Motto "Wir können alles" in die Höhen und (Un-)Tiefen der Politik ein.

Erst einmal musste sich der bahngeplagte Sindelfinger aber Luft machen über seine Anreise nach Schopfloch, dem "attraktivsten Hauptbahnhof der Republik", der "dringend tiefergelegt" gehöre. Aber leider sei Schopfloch nicht die Landeshauptstadt, wo "Ökospießer" wie der "Feinstaub-Fritzle" genannte OB Kuhn im Porsche nach Bio-Bärlauchpesto jagen.

Jedenfalls rechnete Spinder vor, wie die Bahn es jährlich auf sieben Jahre Verspätung bringe und was der umstrittene "Bahnsinn mit dem Wahnhof" koste, je nachdem, wer das Gutachten gefälscht habe – denn "ein Gutachter achtet auf das Gut seines Auftraggebers".

Schließlich ließ Spinder von der Bahn ab und konzentrierte sich mit Wortwitz und Scharfsinn auf Größen wie Trump, Oettinger und Kretschmann, die er zudem auch noch nachmachen konnte: mit Tiger im Tank, wie es der "Kleine Nils von der SPD" immer schon gefordert habe. Mit Günter Oettinger reiste der Kabarettist dann zur EU, die im Rahmen effektiver Entbürokratisierung nicht nur das Namensgebungsgesetz für Borstenvieh im ländlichen Raum endlich abgeschafft habe. "Mutti" Merkel hingegen entscheide erst, "wenn entschieden ist, dass mit der Entscheidung nichts Entscheidendes entschieden wird".

"Flinten-Uschis Trachtentruppe in Schießer-Unterwäsche" durfte ebenso herhalten wie Claudia Roth mit ihrer "zölibatsverstärkenden Wirkung" auf Ordensbrüder. Natürlich eigneten sich auch Fußball, Mediennutzungsgewohnheiten der jungen Generation oder das eigene zarte Alter – Spinder ist auch schon 50 und ließ sich bedauern – zu weiteren Betrachtungen.

Aber die Politik blieb Uwe Spinders liebstes Kind – selbst als er zur Zugabe noch aus dem kurzerhand zum Bühnenvorhang umfunktionierten Fenstervorhang mit Aphorismen wieder hervortrat: "Manche könnten einpacken, wenn sie auspacken müssen, was sie alles schon eingepackt haben." "Ich bin mit der Intention hier, nicht politisch aufzuklären, sondern den Leuten zwei Stunden einen schönen Abend mit ein paar Anregungen zu geben", beschrieb der Kabarettist sich selbst – und zeigte, dass er politisch durchaus noch das Zeug zu mehr hätte. Das Publikum, vielfach von außerhalb angereist, beteiligte sich rege und war von Spinders Sicht auf die Welt äußerst angetan.