Experten erwarten für deutsche Autobauer ein Rekordjahr. Foto: dpa

Europa ist längst nicht mehr der wichtigste Pkw-Absatzmarkt, die Musik spielt in China und den USA. Dennoch gilt der Genfer Autosalon noch als Leitmesse für die Hersteller, die von Montag an ihre Neuheiten präsentieren. Glaubt man den Experten, wird 2014 ein Spitzenjahr für die Branche.

Genf/Stuttgart - Europa ist längst nicht mehr der wichtigste Pkw-Absatzmarkt, die Musik spielt in China und den USA. Dennoch gilt der Genfer Autosalon noch als Leitmesse für die Hersteller, die von Montag an ihre Neuheiten präsentieren. Glaubt man den Experten, wird 2014 ein Spitzenjahr für die Branche.

Das Wachstum

Beste Aussichten, wohin man auch blickt. Nach einer aktuellen Prognose des Center of Automotive Management (CAM) in Bergisch Gladbach wird 2014 ein Spitzenjahr für die Autobauer, ganz speziell aber für die deutschen. Weltweit soll sich der Pkw-Absatz auf 75,5 Millionen erhöhen, das sind 4,5 Prozent mehr als im vergangenen Jahr. Wieder mal erweisen sich die Märkte in China und den USA als Motor des Wachstums. Die Verkäufe in China sollen um acht Prozent auf 17,6 Millionen zulegen, in den USA um sechs Prozent auf 16,5 Millionen. Selbst in Westeuropa könnte nach sechs Jahren des Rückgangs am Ende ein Plus von zwei Prozent auf 11,8 Millionen Einheiten stehen.

Erneut liefern sich demnach in diesem Jahr Toyota, GM und VW ein Kopf-an-Kopf-Rennen um die Spitzenposition. Die Wolfsburger sind aber noch nicht in der Lage, die Konkurrenz zu überholen. Während die Geschäfte in China glänzend laufen, tut sich VW in den USA derzeit schwer. Im Januar verringerte sich der Absatz gegenüber dem Vorjahresmonat um 13,4 Prozent auf 36 900. „Der amerikanische Markt tickt anders“, sagt der Auto-Experte Willi Diez, Leiter des Instituts für Automobilwirtschaft (IFA) an der Hochschule Nürtingen-Geislingen. Dort habe Toyota das Image, das VW hierzulande habe. Um gegen Toyota zu bestehen, müsste VW laut Diez mehr neue Produkte auf den Markt bringen und zudem die Preise senken.

Äußerst erfolgreich dürfte das Jahr für die deutschen Premiumhersteller verlaufen. So rechnet das CAM in seiner Vorhersage für Mercedes mit einem Wachstum von elf Prozent. Mit 1,74 Millionen verkauften Autos könnten die Stuttgarter sogar den Hersteller Audi überflügeln, der nur auf 1,65 Millionen Fahrzeuge käme (plus fünf Prozent). Die S-Klasse ist in ihrem ersten vollen Produktionsjahr, die aufgefrischte E-Klasse läuft gut, auch die neue C-Klasse, der neue Smart und der Geländewagen GLA dürften für weiteren Schub sorgen. „Mercedes brennt ein Modellfeuerwerk ab – das schafft Aufmerksamkeit und ein dynamisches Image“, so Diez. „Das wird sicher ein sehr gutes Jahr.“ Audi präsentiert dagegen nur den neuen TT, der aber nicht die großen Absatzzahlen beschert, sowie eine Modellpflege des A1.

BMW fährt weiter in einer eigenen Liga. Mit einem Plus von sechs Prozent knacken die Münchner 2014 wohl erstmals die magische Grenze von zwei Millionen verkauften Autos. Und von einer Gewinnmarge, die bei knapp zehn Prozent liegt, kann Mercedes mit unter sechs Prozent derzeit nur träumen. Auch Porsche zündet in diesem Jahr den Turbo. Dank des neuen kompakten Geländewagens Macan, der in Leipzig produziert wird, dürfte die 200 000er-Marke geknackt werden. Die war eigentlich erst für das Jahr 2018 anvisiert.

Die Digitalisierung

Neben der immer weiteren Auffächerung der Modellpalette gilt die Digitalisierung als Schlüsseltrend der kommenden Jahre. Nur das vernetzte und intelligente Automobil erfülle die zeitgemäßen Ansprüche der Generation der Digitial Natives an Unterhaltung, Komfort und Sicherheit, warnt etwa die Unternehmensberatung Arthur D. Little. Diese Kundengruppe sei entscheidend für alle Hersteller, um die Marken zu verjüngen und neue Käufer zu gewinnen.

Daimler-Chef Dieter Zetsche schwärmte bei der jüngsten Bilanzpressekonferenz: „Stellen Sie sich vor, Sie setzen sich mit Ihren Kindern in Ihr Auto, die Sitze justieren sich selbstständig, und das Navi gibt Ihnen ungefragt die beste Route erst zur Schule, dann zur Arbeit.“ Möglich sei dies etwa durch Gewichtssensoren in den Sitzen, die mit anderen Systemen im Auto vernetzt seien. Dabei gehe es auch um die Einbindung der nächsten Generation der mobilen Endgeräte – von Google Glass, der Brille mit Minicomputer, bis zur Smartwatch.

Autoexperte Willi Diez sieht zwar ebenfalls den Trend zur digitalen Vernetzung, warnt aber die Hersteller davor, alle technisch möglichen Spielereien umzusetzen. „Hinter allem muss die Frage stehen, was der konkrete Nutzen für den Kunden ist.“ Umgekehrt müsse darauf geachtet werden, dass die Verkehrssicherheit in Zukunft wegen der Ablenkung durch zu viel Unterhaltungselektronik nicht leide.

Die alternativen Antriebe

Eigentlich sollten die alternativen Antriebe in diesem Jahr einen deutlichen Sprung nach vorne machen, die Aufbruchstimmung der vergangenen Jahre ist aber dahin. E-Autos sind in Genf nur eine Randerscheinung. Zwar sind 2013 viele neue Modelle auf den Markt gekommen, darunter etwa der gefeierte BMW i3. Außerdem umfasst das Angebot inzwischen auch Kompaktwagen wie die B-Klasse von Mercedes oder den Golf von VW. Trotzdem bleibt der Anteil im Vergleich zu herkömmlichen Antrieben gering.

2013 wurden in Europa knapp 24 000 Elektroautos verkauft. Der durchschnittliche Marktanteil liegt bei 0,27 Prozent, in Deutschland sind es nur 0,19 Prozent. Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer von der Universität Duisburg-Essen sieht die alternativen Antriebe wegen verwässerter Umweltvorschriften, mangelnder politischer Unterstützung und geringen Käuferinteresses bereits als „Auslaufmodell“. Für Willi Diez verhindert allein schon der gesunkene Spritpreis große Fortschritte in diesem Jahr. Erst wenn Benzin wieder deutlich teurer wird, dürfte sich dies ändern.

Der Genfer Autosalon ist eine der wichtigsten Automessen der Welt und eröffnet traditionell das Autojahr in Europa. Vom 6. bis zum 16. März werden rund 700 000 Besucher erwartet. Von 3. bis 5. März lassen sich 10 000 Journalisten aus aller Welt vorab die Trends der Autoindustrie zeigen. 250 Aussteller sind dabei, 100 Premieren werden vorgestellt. Im vergangenen Jahr waren es noch 130. Eine Sonderschau zeigt die Geschichte des Rennens von Le Mans.