Pfarrerin Friederike Weltzien freut sich, dass die Petruskirche wenigstens am Sonntag öffnet. Foto: Leif Piechowski

Spaziergänger stehen hier meist vor verschlossenen Türen. Ab Mai ändert sich das: Die Petruskirche in Obertürkheim ist dann bis Oktober Sonntagnachmittag offen. Engagierte Gemeindemitglieder machen das möglich.

Spaziergänger stehen hier meist vor verschlossenen Türen. Ab Mai ändert sich das: Die Petruskirche in Obertürkheim ist dann bis Oktober Sonntagnachmittag offen. Engagierte Gemeindemitglieder machen das möglich.

Stuttgart - Die Petruskirche auf dem Friedhof oberhalb von Obertürkheim ist umgeben von Weinbergen und blickt weit ins Land.Wanderer die den 56 Kilometer langen Rössleweg gehen, und Spaziergänger auf dem Weinwander- und Neckartalweg kommen an ihr vorbei.„Und immer ist sie zu, obwohl sich die Besichtigung lohnt“, ärgert sich Peter Albrecht. Der 70-jährige Kaufmann aus Esslingen marschiert gern zu der Kirche: Der Ausblick ist fantastisch. Und jetzt, wo alles blüht, ist der Frühling dort oben bei der Kirche so richtig spürbar.

Damit Peter Albrecht und die vielen anderen Spaziergänger wenigstens am Sonntag die Chance haben, einen Blick ins Kircheninnere zu werfen, wird sie von Mai bis Oktober aufgeschlossen „Die Kirchenwächter, engagierte Gemeindemitglieder übernehmen den Schließdienst und sind von 14.30 bis 17 Uhr Ansprechpartner für die Besucher“, sagt Gemeindepfarrerin Friederike Weltzien.

Petrusfigur gibt Rätsel auf

Und, keine Frage: Der Kirchenwächtertrupp weiß viel über die Kirche zu erzählen. Zum Beispiel, dass die Ursprünge der Petruskirche im 13. Jahrhundert liegen. Bereits 1285 wurde sie als Wallfahrtskapelle erwähnt. Aus der Zeit erhalten ist noch der dicke Turm. „Gepredigt wurde von einer Kanzel außen am Turm. Denn weil die Kapelle am Jakobsweg lag, kamen die Pilger in Scharen und passten nicht rein“, sagt Weltzien. Der Ort, an dem die Kapelle gebaut wurde, galt vermutlich schon bei den Kelten als heiliger Ort. 1484 wurde sie zur gotischen Kirche ausgebaut. 1549 wurde die Kirche evangelisch. Im 18. Jahrhundert folgte eine Erweiterung und ihre Barockisierung.

Die Kirchenwächter wissen auch über die Besonderheiten im Kircheninneren Bescheid. Da gibt es das Netzgewölbe mit dem bemerkenswerten Schlussstein. Er zeigt Maria mit dem Kind. Beide haben eine Traube in der Hand. Eine silberne Mondsichel mit Gesicht hält Mutter und Kind. Rätsel gibt die spätgotische Petrusfigur aus Stein auf. Sie hält einen Rebstock in der Hand. „Hat der Petrus den Behälter für die Hostien getragen? Oder stand er unten an der Kanzel? Wir wissen es nicht“, sagt Weltzien und zuckt mit den Schultern.

Außerhalb der Kirche bewegt sich die Pfarrerin wieder auf sicherem Terrain. Sie blickt in die Weinberge und ist überzeugt: „Da geht der Schlurger um.“ Der Schlurger macht sich einen Spaß draus, abends die Spätheimkehrer zu erschrecken. Er ist aber ein harmloser Bursche und sorgt laut Pfarrein Weltzien für eine gute Weinlese. Von der Petruskirche aus zu sehen ist auch das Zuhause des Geists: der Ailenbergturm auf Esslinger Gemarkung.

Stelldichein mit der schönen Pfarrerstochter

Dort gab sich 1689 der französische General Mélac mit der schönen Pfarrerstochter ein Stelldichein. Die hatte er zuvor vor die Wahl gestellt, entweder mit ihm ein Schäferstündchen zu verbringen oder Esslingen niederzubrennen. Vom bitteren Ende der Geschichte gibt es zwei Versionen: Die Pfarrerstochter soll versucht haben, den General zu erstechen und wurde von ihm getötet. Oder: Sie hat sich geopfert und dem General hingegeben.

Spaziergänger Peter Albrecht ist begeistert, dass die Kirchenwächter die Kirche demnächst öffnen, meint aber auch: „Sie sollte täglich geöffnet haben, da sicher auch Friedhofsbesucher dankbar wären, in der Kirche einen Ort der Ruhe und des Friedens zu finden. Über die Öffnungszeiten entscheidet laut Weltzien der Kirchengemeinderat und der befürchte Vandalismus, sagt Pfarrerin Weltzien. Aber sie verspricht, das Thema nochmals zur Diskussion zu stellen. Denn auch sie ist überzeugt, dass Kirchen zugänglich sein sollten.

Geöffnet ist die Petruskirche an der Kirchsteig Sonntags von 14.30 bis 17 Uhr von Mai bis Oktober