Seinen 83 Jahre alten Ford A Tutor Sedan will Karlheinz Bauer nicht mehr hergeben. Foto: Schnurr Foto: Schwarzwälder-Bote

Unterwegs mit rollendem Stück Automobilgeschichte: Der Binsdorfer Karlheinz Bauer fährt einen Ford A aus dem Jahr 1931

Von Wolf-Ulrich Schnurr

Geislingen-Binsdorf. 83 Jahre sind für Menschen ein stolzes Alter, für ein Auto erst recht. So alt ist der Ford A Tudor Sedan, mit dem Karlheinz Bauer bisweilen unterwegs ist.

"Das ist eine alte Oma", sagt der Chef des Binsdorfer Autohauses Bauer liebevoll über die grau-schwarze Limousine, die die meiste Zeit des Jahres im Showroom neben dem Werkstattgebäude döst.

1931 endete die Verbrecherkarriere von Al Capone, im gleichen Jahr rollte der Ford A vom Band, der heute in Binsdorf steht. Und wie zu Al Capones Zeiten fühlt es sich für Bauer an, wenn er mit dem Wagen zu einer dessen seltener Fahrten startet.

Dann trägt er eine Fahreruniform wie einst: Khakifarbenes Hemd, Lederkappe und Handschuhe – "Klein-Chicago-mäßig" komme er sich damit vor. Das gehöre für ihn dazu, und auch seine Fahrgäste erwarteten das.

Fünf oder sechs Mal im Jahr darf das Museumsstück auf die Straße. Wenn Bauer mit seinem Oldtimer unterwegs ist, dann meist weil er dafür gebucht wurde – bei besonderen Anlässen wie Hochzeiten oder Geburtstagen etwa.

Seine bisherigen Fahrgäste sind zu einem überwiegenden Teil mit Namen und Fotos in einem Album verewigt. Beim Blättern darin kommt dem Oldtimer-Chauffeur manche Erinnerung. Etwa an ein Goldhochzeitspaar, das nur zwei Jahre jünger war als das historische Vehikel, in dem die beiden saßen.

Oder an die Fahrt mit einem Hochzeitspaar, bei der der Motor zu klopfen begann, sodass die Braut fürchtete, es nicht mehr zur Kirche zu schaffen. Zur Beruhigung griff die junge Frau zur Schnapsflasche – und der Oldtimer zockelte unbeirrt bis zum Trauort weiter.

Privat fährt Bauer höchstens mal zu einem Oldtimer-Treffen in Rosenfeld oder Albstadt – auch weil er das betagte Fahrzeug für weitere Strecken auf einen Transporter laden müsste. Denn mit der "alten Oma" geht es nur in gemächlichem Tempo voran: Höchstgeschwindigkeit sind 35 Meilen oder rund 50 Kilometer pro Stunde.

Den Kühler schmückt eine Wachtel im Flug aus Metall, unter der Haube hat der alte Ford noch immer seinen Originalmotor. Gerade einmal 34 PS Leistung schöpft dieser aus 3,3 Litern Hubraum. Er verbrennt Superbenzin mit einem speziellem Bleizusatz.

In Gang gesetzt wird der Motor mit einem Seilzugstarter. Auch eine Kurbel zum Anwerfen gibt es, aber die nutzt Bauer "nur zur Show" oder wenn ihn Fotografen dabei ablichten wollen.

Letzteres ist dem Binsdorfer durchaus recht. Schließlich hat er das rollende Stück Automobilgeschichte nicht zuletzt zu Werbezwecken erworben: "Damit ist man immer im Mittelpunkt", weiß der 52-Jährige.

Im Jahr 2000 hat Bauer den Wagen einem Museum in Michigan abgekauft, worin dieser lange Jahre gestanden hatte. Deswegen hat der Ford A lediglich 36 000 US-Meilen, rund 58 000 Kilometer, auf dem Zähler.

Technisch ist er spartanisch ausgestattet: Es gibt keine Heizung, keine Elektrik, nur die Scheinwerfer funktionieren mit Strom. Selbst die Zündung und das Benzin-/Luftgemisch müssen von Hand eingestellt werden.

Der Vorteil für Bauer: "Außer mir kann den Wagen niemand fahren", ist er sicher. Und alle Reparaturen an dem Ford kann er selbst erledigen. Ersatzteile müssen aber einzeln gefertigt werden – die bekommt der Binsdorfer Ford-Fachhändler nicht einmal mehr über den Auto-Konzern.

Wieder verkaufen will Bauer den Oldtimer auf jeden Fall nicht: "Der Wagen wird immer mehr wert, nicht weniger." 34 000 Mark hat Bauer vor 14 Jahren gezahlt, mindestens 26 000 Euro würde er heute dafür bekommen. "Aber ich würde ihn nicht hergeben. Warum sollte ich?"