Gesundheit: Tomas Bethke eröffnet zum 1. Juli eine Praxis in Geislingen und zieht in die Weiherhalde
Einen Haken kann Geislingens Bürgermeister Oliver Schmid hinter den wichtigsten Punkt der kommunalen Agenda setzen: Zum 1. Juli wird in der Kernstadt eine zusätzliche Hausarztpraxis öffnen.
Geislingen. Tomas Bethke, geboren in Ludwigsburg, lebt und arbeitet bislang im bayerischen Gilching (Kreis Starnberg). Er ist 54 Jahre alt und seit 1993 als niedergelassener Hausarzt tätig.
Kein junger Mediziner also, sondern ein erfahrener Mann mit eigener Praxis. Diese aber übergibt er einem jungen Nachfolger – und zieht ins schwäbische Geislingen.
Letztlich ist es die Liebe, die Bethke in die Stadt bringt: Mit seiner Partnerin, der bislang in Balingen wohnenden Juristin Iris Amann-Trenkler, führe er seit sieben Jahren eine Wochenendbeziehung, berichtet er. Man habe überlegt, wo man den Lebensmittelpunkt zusammenführen könne. Weil Ärzte im Zollernalbkreis gesuchter sind als Anwältinnen in München, fiel die Wahl auf den Raum Balingen.
Bethke schrieb im März vergangenen Jahres eine Reihe von Kommunen rings um die Große Kreisstadt an, um Möglichkeiten zu erfragen, sich als Hausarzt niederzulassen. Einen "sehr herzlichen Empfang" habe man ihm auf seine Mail hin in Geislingen bereitet, erinnert er sich.
Zudem konnte Bürgermeister Schmid gleich eine möglicherweise geeignete Immobilie vorweisen, anstatt einfach zu bescheiden, er solle doch einfach selbst den Mietmarkt im Auge behalten: das leerstehende, ehemalige Bankgebäude am Schlossplatz. Ende Mai 2016 hat die Stadt Geislingen dieses dann gekauft – ausdrücklich, um Medizinern bezahlbare Praxisräume anbieten zu können.
Die zentrale Lage der Praxis ist optmal
"Einen besseren Standort kann ich mir nicht vorstellen", sagt Bethke. Die zentrale Lage sei optimal. Aus einer ehemaligen Schalterhalle eine Praxis zu machen, sei zwar ungewöhnlich, verspreche aber etwas Besonderes zu werden.
Zudem sei der Zugang barrierefrei. Sogar ein Rettungswagen kann bis direkt vor die Praxistür – eine Anfahrtprobe ist bereits geglückt.
Sehr konkret sind die Pläne für den Umbau: Entwürfe des Geislinger Architekten Thomas Arndt liegen vor. Und bereits ab kommendem Montag soll der städtische Bauhof das überflüssig gewordene Bankmobiliar entfernen.
Die Stadt als Hauseigentümerin wäre bereit, den Umbau zu finanzieren, sagt der Bürgermeister. Detailgespräche darüber liefen aber noch.
Was die medizinische Ausstattung betrifft: Die will Tomas Bethke komplett neu anschaffen. Aus seiner alten Praxis wird er nichts mitnehmen.
Zwei medizinische Fachangestellte und einen Auszubildenden will Bethke beschäftigen. "Eine Arzthelferin aus dem Ort wäre mir am liebsten", sagt er. Die Stadtverwaltung will ihn bei der Suche nach geeigneten Mitarbeitern unterstützen.
Die Rahmenbedingungen stimmten so gut, dass ihm die Entscheidung für Geislingen leicht fiel, fasst der Arzt zusammen: "Die Infrastruktur ist so, dass ich alles für den Alltag am Ort habe."
Doch zur Infrastruktur zählt auch die ärztliche Versorgung. "Doktor Bethke ist ein ganz großer Glücksfall für uns", ist deshalb Oliver Schmid sicher. "Ich bin überzeugt, dass die Geislinger ihn schnell in unserer Mitte aufnehmen werden."
Erleichtern wird dies vermutlich die Tatsache, dass Bethke klar bekennt: "Ich verstehe mich als Hausarzt, und deshalb möchte ich in Geislingen leben." Er wolle nicht jeden Tag von auswärts in die Stadt pendeln. Den seit mehreren Jahren für einen ansiedlungswilligen Arzt freigehaltenen Bauplatz in der Weiherhalde wird er von der Stadt kaufen. Dort wird er mit seiner Partnerin und seinem bislang in Ludwigsburg lebenden Vater wohnen. Geislingens Bürgermeister sieht in dieser Entscheidung eine Bestätigung dafür, dass der Gemeinderatsbeschluss vor drei Jahren richtig gewesen sei, die betreffende Parzelle zu reservieren.
Auch ohne bestehenden Patientenstamm wird es für den "Neuen" bereits von Anfang an etwas zu tun geben: Er soll die betriebsärztliche Betreuung der städtischen Beschäftigten und die Untersuchung der Feuerwehrleute übernehmen. Das ist nichts Neues für Bethke: Seine Tätigkeit als Betriebsarzt für das Druckzentrum der Süddeutschen Zeitung endet erst mit seinem Wechsel nach Geislingen.
Positive Reaktionen auf die Neuigkeit gibt es bereits: "In die Kernstadt Geislingen gehören wegen der Größe zwei Ärzte", findet etwa Alfred Dietrich, niedergelassener Hausarzt im Stadtteil Binsdorf. Er freue sich sehr, dass ein neuer Kollege komme.
Dies erleichtere ihm selbst und seinem Geislinger Kollegen Karl-Heinz Bobosch die Arbeit: "Vor allem wenn Infektzeiten sind, wird’s bisher manchmal eng." Und wenn einer der Kollegen Urlaub habe, sei es gut, wenn sich die Patienten auf zwei Praxen verteilten.
"Er möge eine menschliche Medizin betreiben", gibt er dem neuen Kollegen als freundlichen Rat mit auf den Weg. "Er soll mit den Leuten hier vernünftig umgehen – nicht zu akademisch."