Noch stehen die bunten Figuren eng beisammen hinter St. Michael. Ab kommendem Dienstag werden sie sowie die von den städtischen Kindertagesstätten hergestellten Standbilder in Geislingen auf die Rechte von Kindern hinweisen. Foto: Schnurr Foto: Schwarzwälder-Bote

Projekt: Kitas in Geislingen entwickeln Ideen / 100 lebensgroße Figuren / Gemeinschaft verändert sich

Von Dunja Smaoui

"Ich darf ich sein", steht in bunten Buchstaben auf der lebensgroßen Holzfigur. Sie ist eine von insgesamt 100, die zeigen sollen: Kinder haben Rechte. Der Kindergarten St. Michael hat die Idee gehabt, das Ergebnis ist in ganz Geislingen zu sehen.

Geislingen. Daniela Hatzenbühler streicht über das Plakat, das im katholischen Kindergarten St. Michael hängt: "Kinder haben Rechte" steht da drauf. Darunter die Rechte, die weltweit in der UN-Kinderrechtskonarevention festgeschrieben sind. "Die gibt es wirklich", sagt Hatzenbühler. "Das ist kein Wunschdenken."

Vor knapp zwei Jahren hat Hatzenbühler, die die Bildungseinrichtung St. Michael seit 2009 leitet, das Plakat immer wieder im Flur aufgehängt. "Zwei Mädchen standen oft davor und wollten wissen, was dort geschrieben steht", erinnert sich die gebürtige Geislingerin. "Sie haben gemerkt: Wenn es dort hängt, hat es etwas zu bedeuten."

Und für Hatzenbühler hat es das: Kinder haben ein Recht auf Mitgestalten, auf Schutz, auf Gleichheit. Das hat sie anhand des im bunten Kindergarten-Alltag eher unauffälligen Plakats versucht näherzubringen – bis ein Mädchen anmerkte: "Aber das wissen doch gar nicht alle."

Ein Satz, den Daniela Hatzenbühler berührte. Also, was tun? Für sie ein klarer Auftrag: Bürger auf die Kinderrechte aufmerksam machen.

Gesagt, getan. Im Sommer 2015 begann in der Ideenwerkstatt das Gedankenspiel: Es wurde diskutiert, überlegt, zusammengetragen. "Wie können wir Kinder auf unsere Rechte aufmerksam machen?" Die Idee zog Kreise. Die städtischen Kitas Pusteblume und Regenbogen sowie die Grundschule Geislingen reihten sich ein.

Was herauskam, waren viele Herangehensweisen und Ideen. "Unsere Kinder hatten sich überlegt, Figuren zu basteln, die dann in Geislingen aufgestellt werden", erzählt Hatzenbühler. Die Kita Pusteblume stieg mit ein – auch dort wollten die Kinder Figuren basteln.

Entstehen sollten die Skulpturen aus Holz. Die Gemeinde beteiligte sich finanziell und spendete das Material. Seit Januar sind 100 Holzfiguren entstanden. 60 kommen allein aus St. Michael. Am kommenden Dienstag stellen die Kinder sie in Geislingen auf.

Die Umsetzung war für die Mädchen und Jungen aufregend: 60 der 83 Kinder in St. Michael legten sich nacheinander auf die Platten und ließen sich mit einem Stift von den Erzieherinnen nachzeichnen. Sogar vier Einjährige waren dabei.

Dann ging die Arbeit erst richtig los: Es wurde gesägt, geschliffen, gemalt. "Alle hatten eine riesige Freude daran und sogar Eltern und Großeltern kamen in den Kindergarten, um zu helfen", erzählt Hatzenbühler.

Das Ergebnis war originell: Ganz unterschiedlich seien die Figuren geworden. "Manche Bilder waren gestochen scharf", sagt Hatzenbühler. Andere ganz wild und bunt. Die lebensgroßen Holzfiguren gibt es in blau, gelb, bunt, mit Hose oder Brille. Jede zeigt die eigene Herangehensweise der kleinen Künstler.

Doch eins vereint die Skulpturen: die Rechte, mit denen sie die Kinder beschriftet haben. "Ich darf Lust auf Fasnet haben", steht auf einer Figur geschrieben. Oder: "Ich darf ein Mädchen sein", "ich kann rutschen, wann ich will". Ein Satz, den ein dreijähriges Mädchen beim Bemalen sagte, hat Hatzenbühler besonders berührt: "Ich darf ich sein."

Das Projekt habe im Kindergarten viel verändert, sagt die Leiterin: "Kinder haben nicht überall die Rechte auf Mitbestimmung und Schutz. Und sie können nicht allein dafür kämpfen. Das haben die Kinder verstanden, und wir hoffen, dass es auch bei den Erwachsenen ankommt."