Ein Blick von Norden nach Süden Foto: Landesarchiv Foto: Schwarzwälder-Bote

Heimatgeschichte: Der Erlaheimer Roland Steidle interessiert sich für Ortspläne und die Vergangenheit

"Ich bin schon ein Karten-Fan", sagt Roland Steidle. Der 52-Jährige aus Erlaheim verbindet in seiner Leidenschaft für historische Landkarten privates und berufliches Interesse.

Geislingen-Erlaheim. Bereits mit sechs Jahren hat Steidle den Familienatlas in- und auswendig gekannt: "Ich kenne die Welt aus den Karten."

Diese Faszination hat den gebürtigen Schwenninger nicht mehr losgelassen und ihn zum Heimatforscher gemacht: "Mich interessiert die Geschichte seit meiner frühesten Kindheit – und sie wird mich bis ans Lebensende begleiten", sagt er.

Steidle wohnt seit 2006 in Erlaheim. Seinen alten und seinen neuen Heimatort verbindet die Geschichte: Im 18. Jahrhundert wurden die Herrschaften Kallenberg und Werenwag, zu denen Erlaheim beziehungsweise Schwenningen gehörten, gemeinsam verwaltet.

So etwas weiß das Mitglied der Heimatkundlichen Vereinigung natürlich. Aber darüber sei bereits genug publiziert. Grafen und Freiherren interessierten ihn weniger als die Geschichte einzelner Bauernhäuser und Familien.

Alte Ortspläne seien bei Nachforschungen wichtige Hilfsmittel, im Archiv zu stöbern eine Art Detektivarbeit: "Wo könnten welche Akten stehen?" Erfreulich: Übers Internet könne man sich heutzutage gut vorbereiten und gezielt Unterlagen bestellen.

Wer sich mit Geschichte befasse, dürfe nicht nur Begebenheiten anschauen, sondern müsse beispielsweise auch die Klimaentwicklung beachten. In Kälteperioden kam es vermehrt zu "Wüstungen", also zur Aufgabe von Siedlungsorten. Hinweise darauf finden sich, wenn man alte Karten vergleicht.

Steidle schaut sich die Darstellung von Verkehrsverbindungen an, geografische Merkmale, die Position von Feldkreuzen oder die Wasserversorgung, sofern sie eingezeichnet ist. Bei letzterem Aspekt verbindet er privates und berufliches Interesse: Der gelernter Bäcker und Umweltschutztechniker leitet den Bereich Wasserwirtschaft und Umwelt bei Schwarzwald-Sprudel in Bad Griesbach.

Ihn faszinieren auch alte Gewann- und Flurnamen, die nicht mehr geläufig, sondern oft nur noch Landwirten und Förstern bekannt sind. "Je kleiner der Maßstab, desto besser", gelte dabei für Karten. Leider seien kleine Karten schwer zu finden: "Das sind wahre Schätze."

Sein Portfolio umfasst derzeit 35 Reproduktionen historischer Karten, überwiegend Kopien vom Landesamt für Geoinformation und Landentwicklung. "An Originale kommt man nur äußert schwer." Zwei echte Exemplare besitzt Steidle dennoch – "Zufallsfunde", freut er sich. Diese stammen aus dem 19. Jahrhundert und stellen das Gebiet der ehemaligen Grafschaft Hohenberg dar.

Einen Ortsplan von Schwenningen vor 250 oder mehr Jahren, seinen größten Wunsch, hat Steidle bislang hingegen nicht gefunden. Die älteste Karte in seinem Besitz stammt aus dem Jahr 1870.

Seine Kartografiekenntnisse hat er nicht zuletzt bei der Bundeswehr erworben, aber auch in seinem zweiten Hobby, der Fallschirmspringerei. Der Blick von oben sei ihm in Fleisch und Blut übergegangen. Aus der Luft habe man eine ganz andere Perspektive auf die Landschaft. Auch beim Fahren orientiere er sich so er sich daran: "Der Blick auf die Karte ist im Kopf." Ein Navi braucht Steidle nicht, um von A nach B zu gelangen. Oft fahre er bewusst einen alternativen Weg, um die Gegend noch besser kennenzulernen.

Ein Studium würde ihn noch reizen

Seit 1990 ist Steidle Mitglied der Albverein-Ortsgruppe Schwenningen und als Wanderführer aktiv. Karten habe er auf den Touren immer dabei – meist natürlich aktuelle, topografische, von denen er rund 80 besitzt.

Dem Albverein hat er im vergangenen Herbst im Rahmen einer ortskundlichen Wanderung zur Horenhütte einen Teil seiner Sammlung historischer Karten gezeigt und damit Wissen vermittelt. Die nächste Wanderung dieser Art ist für den April geplant. Außerdem soll es 2017 eine kleine Ausstellung in Schwenningen geben – und vielleicht mittelfristig auch einen Vortrag in der Erlaheimer Kulturscheune.

Derzeit arbeitet Steidle an einer Abhandlung über die Besiedlung der Hochfläche Hardt bei Schwenningen, wo bereits in der Keltenzeit Menschen lebten. Daraus soll ein Buch entstehen. Im September will er seine Recherchen in der Nusplinger Peter-und-Paul-Kirche vorstellen.

Steidle überlegt, ab 60 etwas kürzer zu treten und vielleicht zu studieren: Mittelalterliche Geschichte oder historische Geografie in Tübingen – das wäre etwas für ihn. Das Gute: "Für so ein Hobby gibt es keine Altersgrenze."