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41-jähriger Asylbewerber wird bei Kennzeichen-Schummel ertappt –­ und geht rabiat auf Polizisten los.

Balingen/Geislingen - "Diese Geschichte hätte richtig übel ausgehen können", sagte die Balinger Amtsrichterin Kurz in Richtung eines 41-jährigen Mannes. Der war in Sommer vergangenen Jahres bei der Kontrolle seines Autos ausgeflippt – beinahe wäre es damals im Geislinger Ortsteil Erlaheim zur Katastrophe gekommen.

Acht Monate auf Bewährung, dazu 100 Stunden gemeinnützige Arbeit: so lautet das Urteil. Verurteilt wurde der 41-Jährige, der aus Mazedonien stammt und derzeit auf die Entscheidung seines Asylverfahrens wartet, wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung, Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte sowie Bedrohung. Das hört sich zunächst nicht allzu dramatisch an, tatsächlich aber hätte die Geschichte im August 2015, wegen der der Mann nun vor Gericht gelandet war, ganz anders ausgehen können. "Ich war entschlossen", sagte einer der beiden Polizisten, die damals beteiligt waren, "meine Pistole abzudrücken." Und: "Gedanklich war der Schuss schon raus."

Zur Eskalation war es aufgrund eines alltäglichen Vorgangs gekommen. Die beiden Beamten des Polizeipostens Rosenfeld waren am Nachmittag des 5. August 2015 auf Streife unterwegs. In Erlaheim sah einer der beiden an einem grünen BMW ein Kennzeichen, von dem er aufgrund eines früheren Vorfalls wusste, dass es eigentlich an einen roten Opel gehörte. Die Beamten stoppten, wollten die Sache kontrollieren und stellten den Eigentümer, den nun angeklagten 41-Jährigen, zur Rede.

Ein Problem schien das zunächst nicht zu sein, auch nicht, als die Beamten dem Mann erklärten, dass sie wegen Urkundenfälschung eine Anzeige erstatten würden und sie die Kennzeichen beschlagnahmen müssten. Man verständigte sich, so gut es ging: Der Angeklagte spricht schlecht deutsch. Einer der Beamten schrieb ihm eine Bescheinigung für die Zulassungsstelle, dass die Kennzeichen eingezogen worden seien.

Was genau diese Situation dann eskalieren ließ, wurde auch vor dem Balinger Amtsgericht nicht klar. Der Angeklagte hatte, wie es seine Frau schilderte, zuvor Alkohol getrunken; solcherart beeinflusst, werde er mitunter "aufbrausend" und "nervös". Der 41-Jährige selbst sagte, dass er die "Gewalt gegen seinen Wagen" nicht habe hinnehmen wollen – eines der beiden Kennzeichen, die abgenommen werden sollten, war aufgeklebt, das andere angeschraubt. Der Polizeibeamte versuchte es mangels eines Schraubenziehers, mit einem Messer abzumontieren. Als der Polizist gerade die Fahrgestellnummer notieren wollte, sah er, wie der 41-Jährige mit, wie er zunächst dachte, einer erhobenen Eisenstange auf ihn zukam; tatsächlich handelte es sich um einen rund 50 Zentimeter langen Drehmomentschlüssel. "Das wird jetzt gefährlich", habe er sich gedacht.

Der Beamte zog seine Pistole, weil er sich "massiv bedroht" sah. Trotzdem sei der Mann mit erhobenem Drehmomentschlüssel und wütendem Gesicht immer näher gekommen, auch, nachdem er die Waffe gezogen hatte. "Ich war fassungslos", so der Polizist vor Gericht. Er behielt die Pistole oben, visierte den Oberschenkel des 41-Jährigen an, suchte den Druckpunkt. In buchstäblich letzter Sekunde – "dass der Schuss nicht raus ist, wundert mich heute noch", so der Beamte – warf sich der Stiefsohn des Angeklagten dazwischen.

Die Polizisten brachen die Kontrolle daraufhin ab, zogen sich zurück in ihren Dienstwagen, wollten zurückfahren zum Posten. Den dafür nächsten Weg – vorbei am Haus des 41-Jährigen – nahmen sie nicht, weil der Mann auf der Straße stand, weiter mit dem Drehmomentschlüssel in der Hand. Er habe sie bedroht, sagten die Beamten vor Gericht, habe geschrien, dass er schauen werde, wo sie wohnten und eine Geste gemacht, als wolle er ihnen den Hals abschneiden.

Tatsächlich war der Mazedonier, seitdem er in Deutschland und in Geislingen untergekommen ist, schon mehrmals mit dem Gesetz in Konflikt: Verurteilt wurde er seit dem Jahr 2013 bereits wegen Leistungserschleichung, Betrugs, Urkundenfälschung, Steuerhinterziehung und Autofahrens ohne Haftpflichtversicherung. Dass er, wie er sagte, vor Polizisten Respekt habe, wollte ihm Richterin Kurz nicht so recht glauben. Wie sich die neuerliche Verurteilung auf sein Asylverfahren auswirkt? Wohl eher negativ.