Bürgermeister rät von weiteren Aktivitäten für eventuelle Bebauung ab. Landratsamt nimmt Stellung.
Gechingen - "Wir lassen’ s" – kurz und bündig will Bürgermeister Jens Häußler dem Gemeinderat entgegen des mehrheitlichen Grundsatzbeschlusses vom Juli empfehlen, die Planungen für eine eventuelle Bebauung des Sedanplatzes nicht weiter zu vertiefen.
"Dass der Protest gegen eine Bebauung derart heftig ausfallen würde, habe ich so nicht erwartet", äußerte sich der Gechinger Rathauschef gestern im Gespräch mit dem Schwarzwälder Boten. Er habe die Abstimmung zum Tagesordnungspunkt "Sedanplatz – Grundsatzbeschluss wegen eventueller Bebauung" ein Stück weit ergebnisoffen aufgefasst. "Ein Nein hätte bedeutet, dass die Pläne vorerst wieder in der Schublade verschwinden. Ein Ja heißt, dass man sich weiter mit dem Thema beschäftigt, ohne dass das Gelände zwingend einer Bebauung zugeführt wird. Das geht nur über ein Bebauungsplanverfahren", sagte Häußler.
Der Grundsatzbeschluss sei von vielen Gechingern falsch verstanden worden, denn damit sei nichts in Stein gemeißelt worden. "Vorstellbar war für mich, dass bei einer Bebauung eine Linde gefällt wird. Alles abzuholzen, war nie ein Thema, auch nicht im Sinne des angestrebten Ergebnisses."
Fällen im öffentlichen Interesse eher schwierig
"Im September werde ich dem Gemeinderat vorschlagen, dass derzeit auf eine Bebauung im Bereich des Sedanplatzes verzichtet wird. Das heißt, ein Bebauungsplanverfahren mit vorausgehenden Gutachten soll nicht gestartet werden", so Häußler.
Bereits der erste Vor-Ort-Termin mit einem Planer Ende Juli habe bei ihm eine solche Tendenz ergeben: "Der erste Eindruck anhand der Kronen- und Wurzelbereiche war, dass maximal ein Bauplatz gebildet werde könnte, ohne dass eines der sieben Naturdenkmale gefällt werden müsste. Die Erörterung ergab, dass die Begründung für das Fällen einer Linde im öffentlichen Interesse schwer werden würde", berichtete Häußler. Im Falle der Erschließung des einen möglich erscheinenden Bauplatzes müsste ein solcher Eingriff durch Zufahrt und Kanaltrasse durch einen Baumgutachter geprüft werden. Auch der Artenschutz sei ein Thema. "Allein schon der gutachterliche Aufwand wäre enorm", betonte Häußler gestern.
Wie vom Gemeinderat Anfang Juli beschlossen, wurde vor Beginn des Bebauungsplanverfahrens die Stellungnahme der Natur- und Denkmalbehörde des Landratsamts eingeholt. Das Antwortschreiben liegt Häußler inzwischen vor. Bereits 2012 war die Bebauung des Sedanplatzes ein Thema. In der damaligen Stellungnahme des Landratsamts hieß es wie folgt: "Falls zu einem späteren Zeitpunkt eine Bebauung am Sedanplatz vorgesehen ist, kann auf Antrag von den Verboten des Paragrafen 2 der Naturdenkmalverordnung eine Befreiung nach Paragraf 67 Bundesnaturschutzgesetz in Verbindung mit Paragraf 79 Absatz 2 Naturschutzgesetz erteilt werden. Diese Befreiung kann mit Nebenbestimmungen versehen werden. Man würde versuchen, den größeren Teil der Bäume zu erhalten und deren Schutz durch entsprechende Auflagen zu gewährleisten."
Damals sei der Eindruck entstanden, so Häußler, dass seitens der Unteren Naturschutzbehörde nach Prüfung und dem vorgeschriebenen Verfahren eine Bebauung des Platzes grundsätzlich vorstellbar sei. "Natürlich nicht in dem Sinn, dass der überwiegende Teil der Linden entfernt würde. So etwas war auch nie die Vorstellung der Gemeindeverwaltung."
Nach der aktuellen Stellungnahme der Behörde ist der Eindruck laut Häußler ein anderer. Darin heißt es: Vor einer möglichen Bebauung müssten die bauplanungsrechtlichen Voraussetzungen geschaffen werden, also der Bebauungsplan geändert werden. Bei einem Eingriff in das Naturdenkmal, der keine substanzielle Beeinträchtigung des selben darstellt, sei laut Behörde ein Antrag auf Befreiung von der Naturdenkmals-Verordnung möglich. Eine Befreiung sei aus Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses möglich. "Nur ausnahmsweise, wenn ein vom Normgeber nicht bedachter Fall vorliegt, kann ein anderes öffentliches Interesse vorrangig sein. Es muss sich also um eine Ausnahmesituation handeln, und es ist eine Abwägungsentscheidung der Unteren Naturschutzbehörde, welcher öffentliche Belang gewichtiger ist", heißt es aus dem Landratsamt.
Wenn eine substanzielle Beeinträchtigung durch die Bebauung gegeben wäre, ist laut Unterer Naturschutzbehörde eine Änderung der Sammelverordnung notwendig. Zum Verfahren gehören die Anhörung der Träger öffentlicher Belange, der Naturschutzverbände sowie eine öffentliche Auslegung. Für eine Änderung der Verordnung muss mit einer Verfahrensdauer von sechs Monaten gerechnet werden. "Für die Änderung ist von Ihnen eine Begründung darzulegen, dass Ihr öffentliches Interesse das öffentliche Interesse am Erhalt der Bäume überwiegt", so das Landratsamt.
Detailliertes Gutachten nötig
"Voraussetzung sowohl für eine Befreiung als auch eines Änderungsverfahrens der Verordnung wäre die Vorlage eines detaillierten Baumgutachtens sowohl zur Beweissicherung, als auch zur Darstellung der Auswirkungen der angedachten Bebauung auf den Baumbestand sowie notwendiger Schutzmaßnahmen zum Erhalt verbleibender Bäume", schreibt die untere Naturschutzbehörde.
Häußler hakte nach, wann eine substanzielle Beeinträchtigung des Naturdenkmals, das heißt, eine notwendige Änderung der Rechtsverordnung, vorliegt. "In diesem Punkt wollte sich das Landratsamt noch nicht so genau festlegen", so der Schultes. "Die Ausgangssituation ist sehr komplex und das letztendliche Ergebnis, für das umfangreiche Fachgutachten notwendig sind, ist nicht abzuschätzen", sagte Häußler. Dies alles in der Summe veranlasse ihn dazu, den Gemeinderäten von einer weitergehenden Planung und einem Einstieg in ein Bebauungsplanänderungsverfahren abzuraten.
"Mit dazu beigetragen hat auch die Auffassung des Schwarzwaldvereins und die von einigen Gechinger Einwohnern vorgetragene Haltung gegen eine Bebauung. Der Sedanplatz soll bleiben, wie er ist", so Häußler. Das letzte Wort in der Sache habe der Gemeinderat. Derweil sammelt die Initiative "Denk-Mal" weitere Unterschriften für den Erhalt der alten Linden auf dem Sedanplatz (siehe Artikel unten).