Dass der Sedanplatz zur Bebauung freigegeben werden soll, stößt bei immer mehr Gechingern auf großes Unverständnis. Foto: Archiv

Gechinger Ortsgruppe ist strikt gegen Bebauung des Sedanplatzes. Verweis auf seltene Tier- und Pflanzenarten.

Gechingen - Geht es nach der Gechinger Ortsgruppe des Schwarzwaldvereins, soll der Grundsatzbeschluss des Gemeinderats zur Nutzungsänderung des Sedanplatzes aufgehoben werden. Zu wertvoll sei dieses Naturdenkmal, wird argumentiert.

Wie berichtet, soll der Platz an Privatpersonen verkauft und damit zur Bebauung freigegeben werden. Auf diesem Flurstück stehen sieben große Linden, die nach einer Naturdenkmalverordnung des Landratsamts Calw vom November 2012 als sogenannte Einzelschöpfungen einschließlich Kronen- und Wurzelbereich geschützt sind. "Dabei ist diese Verordnung nicht neu, die Linden stehen bereits seit 1953 als Naturdenkmal unter Schutz", äußert sich Heinrich Hamm, Vorsitzender der Ortsgruppe, in einem offenen Brief an die Gemeindeverwaltung.

In einer Würdigung der Lindengruppe sei davon die Rede, dass die sieben Einzelbäume das Orts- und Landschaftsbild prägen. "Das können wir aus eigener Anschauung bestätigen. Sie stehen auf einer größeren Wiese, die von frei stehenden Häusern mit Gärten umgeben ist", so Hamm weiter. Nach einem Baumgutachten würden sie keinerlei Beeinträchtigungen aufweisen, die es erforderlich erscheinen lassen, die Bäume zu fällen. Mit einem Alter von 145 Jahren hätten diese Gewächse erst ein Sechstel ihrer normalen Lebenserwartung erreicht.

Die Linden hätten eine heimatgeschichtliche Bedeutung, betont der Schwarzwaldverein. Sie seien nach dem Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 als Friedenslinden weit außerhalb des damaligen Dorfes gepflanzt worden, daher der bis heute tradierte Name Sedanplatz. Sechs der ursprünglich 13 Linden seien am Ende des Zweiten Weltkriegs für eine völlig sinnlose Flakstellung gefällt worden. "Doch schon bereits lange vor dem Krieg 1870/71 diente der Platz als Versammlungsstätte und Festplatz der Dörfer Gechingen und Dachtel, und bis nach dem Zweiten Weltkrieg fand auf diesem Platz Sportunterricht statt", schreibt Hamm weiter.

Große Lindenprachtkäfer leben auf dem Gelände

Auch unter Naturschutzgesichtspunkten verbiete sich eine Bebauung: Auf dem Gebiet lebe der auf der roten Liste der bedrohten Arten stehende Große Lindenprachtkäfer. Weiterhin kämen dort Fledermäuse und weitere seltene Tier- und Pflanzenarten vor. "Der Schwarzwaldverein Gechingen ist bereit, ein entsprechendes Bestandsgutachten von auf dem Sedanplatz vorkommenden geschützten Tier- und Pflanzenarten auch finanziell zu unterstützen", sichert der Vorsitzende dem Gechinger Bürgermeister Jens Häußler zu.

In dem Brief heißt es weiter: "In den bauwütigen und fortschrittsgläubigen 1960er-Jahren wurde das Baugebiet Bergwald rund um die Lindengruppe eingerichtet. Für den Sedanplatz war bewusst keine Bebauung vorgesehen worden, weil in einem Luftbild, das vor der Bebauung aufgenommen wurde, die landschaftsprägende Baumgruppe gut erkennbar war."

Der Schwarzwaldverein Gechingen protestiert nun entschieden gegen die Absicht der Gemeinde, die Friedenslinden am Sedanplatz für eine Bebauung zu opfern. Er setzt sich für die Erhaltung der Linden und des gesamten Sedanplatzes in seiner derzeitigen Form ein.

Die Ortsgruppe sieht die Absicht der Gemeinde, dass "im Falle einer Bebauung möglichst viele Linden erhalten werden sollen", als "wachsweiche Makulatur" an. "Wenn beim Ausheben der Baugruben Wurzelwerk der Linden zerstört wird, geraten die Bäume unter Dürrestress, werden krank und dann findet sich leicht ein Gutachter, der die Linden als Gefahrenquellen einstuft. Dann müssen sie gefällt werden, um die Verkehrssicherungspflichten zu erfüllen", so Hamm.

"Wir leben heute in einer Zeit, in der bereits die zweite Landesregierung unter grüner Führung im Amt ist, die sich zum Ziel gesetzt hat, den Flächenverbrauch auf Null zu reduzieren. Die Absicht, einen unter kulturhistorischen und ökologischen Gesichtspunkten so wertvollen Platz zu bebauen, würde, wenn sie denn konkretere Gestalt annehmen und über die Ortsgrenzen Gechingens hinaus bekannt würde, dem Ort den Ruf einer betonierwütigen Schildbürgergemeinde einbringen", ist sich Hamm sicher. Und das ausgerechnet mit einem Bürgermeister, "der zuvor jahrelang beim Landratsamt Calw den Naturschutz unter seinen Fittichen hatte und dabei durchaus Erfolge verbuchen konnte".

Der Schwarzwaldverein sei bereit, zusammen mit anderen örtlichen Gruppen und Vereinen, der Gemeinde und Anwohnern ein Konzept zu erarbeiten, wie der Sedanplatz künftig unter Wahrung seiner ökologischen Funktionen wieder intensiver als unbebauter Platz genutzt werden kann. "Wir setzen bereits ein erstes Zeichen und lassen die am 3. Oktober stattfindende Kleeblattwanderung dort enden", kündigt der Vorsitzende an. Auch über eine Umbenennung von dem vielleicht nicht mehr zeitgemäßen Wort Sedanplatz in Friedensplatz, Europaplatz oder Platz der Völkerverständigung sollte laut Hamm diskutiert werden.