Inge Schmidt (rechts) erklärt einer Besucherin die Entstehung ihres "Crazy Quilts". Foto: Tröger Foto: Schwarzwälder-Bote

Sonderschau: Gechinger Heimatmuseum Appeleshof startet in Saison / Große Resonanz

Von Jeanette Tröger

Die Sonderausstellung zum Auftakt der Museumssaison im Heimatmuseum Appeleshof in Gechingen stieß auf große Resonanz.

Gechingen. Farbenprächtige Patchworkarbeiten und aufwendig gestaltete Quilts lockten viele Besucher in das mit Geschichte und Geschichten gefüllte Anwesen bei der Martinskirche. Die Aidlinger Sticheltanten, eine rund 15-köpfige Frauenrunde, die vom Quilt-Virus infiziert ist, zeigten Schätze der Handarbeitskunst. Sie ernteten damit ungläubiges Staunen ebenso wie viel Anerkennung und Wertschätzung für ihre großformatigen Kostbarkeiten.

2000-jährige Geschichte

Leonore Hasselmaier (84) lebt seit eineinhalb Jahren mit ihrem Mann in Gechingen und gab zur Eröffnung der Ausstellung einen Überblick über die 2000-jährige Geschichte des Quiltens, die ihren Ursprung in England hat. Die Frauen puritanischer Auswanderer nahmen das Wissen mit in die neue Welt. Dort entwickelte sich die Handwerkskunst Amerikas, das Nähen von Patchwork und Quilts. Was ist nun ein Quilt? Eine dreilagige Steppdecke, bestehend aus dem kunstfertigen Top, einer wärmenden Füllung und dem meist schlichten Rückenteil, die mit zahllosen kleinen Stichen verbunden und ausgeschmückt werden. Quilten bedeutet demnach "steppen" Zur Aussteuer einer jungen Frau gehörten in jenen Zeiten zwölf Quilts und der Hochzeitsquilt als Nummer 13. Der wurde aus den Resten ihrer in Kinder- und Jugendzeiten getragenen Kleidung genäht und war ein Erinnerungsstück, an dessen Entstehung sich Familie, Nachbarn sowie Freundinnen beteiligten.

Hartnäckiger Virus

Leonore Hasselmaier lernte das Quilten bei zwei USA-Aufenthalten. "Ich hatte mir den Knöchel gebrochen und der Arzt verordnete mir drei Monate Sofa", erzählt sie. Sie besuchte einen Kurs und nähte von da an ihre Quilts selbst. "Ich hatte mir einen Virus eingefangen, dem nicht mehr beizukommen war." Die in Gechingen ausgestellten Unikate, die im täglichen Gebrauch als Steppdecken oder Sofaüberwürfe sind, belegen die Kreativität ihrer Schöpferinnen ebenso wie die Vielfalt der verwendeten Stoffe, die von alten Seidenkrawatten, abgelegten Kleidungsstücken über Vorhangreste, Paradekissen bis zu fürs Quilten gefertigten Stoffen reichen. Die Besucher nutzten ausgiebig die Möglichkeit, sich von Leonore Hasselmeier und Inge Schmidt die Technik sowie die einzelnen Arbeitsgänge erklären und anhand kleiner Musterstücke demonstrieren zu lassen. Neben Hasselmeiers Arbeiten mit Namen wie "Grandmothers flowergarden", "Kaleidoskop" oder einem Quilt namens "Crazy" von Inge Schmidt zeigten Elfriede Schreiber, Monika Tetzlaff, Sabine Breitling und Elisabeth Kalwei ihre teilweise noch nicht ganz fertigen Exponate, an denen sehr deutlich der Aufbau und einzelne Arbeitsschritte abzulesen sind. Das allermeiste ist reine Handarbeit, nur selten verwenden die Sticheltanten mal die Nähmaschine. Und so hat Quilten etwas Meditatives, erzählt Hasselmaier: "Trägt man ein Problem mit sich herum, so wird es oft durch die vielen stillen Stunden des Nähens gelöst, weil man Zeit zum Nachdenken hat."