Beim jährlichen Aktionstag für Kutina stellen rund 100 Kinder, Jugendliche und Erwachsene ihre Arbeitskraft zur Verfügung. Der Lohn geht an die Partnergemeinde.        Foto: Selter-Gehring. Foto: Schwarzwälder-Bote

Zwischen den Kirchengemeinden im kroatischen Kutina sowie in Gechingen bestehen freundschaftliche Bande

Von Annette Selter-Gehring

Gechingen. Mehr als das Überlassen von Kleider-, Sach- und Geldspenden, bedeutet die Partnerschaft zwischen der evangelischen Kirchengemeinde Gechingen und der evangelisch-lutherischen Gemeinde im kroatischen Kutina.

Aus Hilfsbereitschaft in der Zeit der Jugoslawienkriege geboren, hat sich eine Freundschaft entwickelt, die getragen wird von gegenseitiger Achtung und Wertschätzung.

Wer in den vergangenen beiden Jahrzehnten bei einem der ein- bis zweimal jährlich von Gechingen aus startenden Hilfstransporte dabei war, wurde mit unvoreingenommener Herzlichkeit und großer Gastfreundschaft in Kutina aufgenommen.

Hartmut und Traude Benzing, über die die meisten Kontakte nach Kutina laufen, haben bei ihren zahlreichen Besuchen in den letzten Jahren erfahren: "Die Gemeinde in Kutina nimmt Anteil und wir wissen, dass die Menschen auch für uns beten." Beeindruckt sind Traude und Harmut Benzing bei ihren Aufenthalten in Kutina immer wieder von dem "großen Herz" und der Offenheit, mit der jeder hier aufgenommen werde. "In der Kirche in Kutina findet jeder Hilfe. Da werden keine Unterschiede gemacht, wo jemand herkommt, was für eine Religion er hat, ob er arm oder reich ist", so Traude Benzing.

Kutina liegt rund 100 Kilometer südöstlich von Zagreb. Viele der rund 23 000 Einwohner sind arbeitslos. "Wir werden hier in Deutschland immer wieder gefragt, ob die Hilfstransporte überhaupt noch nötig sind", so Hartmut Benzing. Immerhin ist Kroatien seit 2013 Mitglied der Europäischen Union. Im Gegensatz zu den durch den Tourismus aufstrebenden Regionen an der Küste Kroatiens, gehört Kutina jedoch zu den zahlreichen Gebieten im Landesinneren, in denen die Zeichen des Krieges noch sichtbar sind. Zerstörte Häuser und Einschusslöcher gehören zum Straßenbild. "Ethnische und religiöse Unterschiede machten die Gegend hier zu einem Brennpunkt des Krieges", so Benzing. Weite Teile der Region wurden während des Krieges vermint. Und die Minen brachten auch danach viel Leid über die Familien. Erschreckend sei, so Harmut Benzing, dass er bei seinem letzten Besuch in Kutina Ende Oktober erfahren musste, dass es nach wie vor Ressentiments, ja offen gezeigte Abneigung gebe und der ethnische Konflikt bis heute immer wieder aufflamme. Die erste Fahrt mit Hilfsgütern von Gechingen nach Kutina fand 1993 statt. Zunächst waren vor allem Lebensmittel und Saatgut im Gepäck. Später änderten sich die Richtlinien für die Einfuhr von Gütern und man entschied sich, neben regelmäßiger finanzieller Unterstützung, dafür Sachspenden in Form von gut erhaltener Kleidung, Schuhen und verschiedener Gebrauchsgegenstände zu leisten. "Die Grenzkontrollen waren immer schwierig", so Hartmut und Traude Benzing, die 2003 ihre erste Fahrt nach Kutina unternahmen und seither vom "positiven Kutina-Virus" infiziert sind. Sie organisieren Kleidersammlungen, fragen bei Firmen nach geeigneten Fahrzeugen für den Transport an, kümmern sich um Fahrer und Begleitpersonen und machen sich nicht selten selbst mit auf den Weg nach Kutina. "Wir versuchen immer ein oder zwei neue Begleitpersonen zu finden, um möglichst vielen die Gelegenheit zu geben, die Menschen und das Leben in Kutina kennenzulernen.

Prägend hat sich die Freundschaft mit den Christen in Kutina auf das Gemeindeleben in Gechingen ausgewirkt. So ist beispielsweise der seit 15 Jahren jeweils im Herbst stattfindende "Aktionstag für Kutina" ein fester Termin im Jahresablauf. An diesem Tag stellen Kinder, Jugendliche und Erwachsene ihre Arbeitskraft zur Verfügung. Sie graben Gärten um, schneiden Hecken, fällen Bäume, lesen Äpfel auf, entrümpeln Keller, putzen Autos und vieles mehr. Der Lohn wird nach Kutina gespendet und die Helfer erleben, was es heißt sich für ein gemeinsames Ziel einzusetzen und damit nicht nur ein Hoffnungszeichen für die Menschen in Kutina zu setzen, sondern auch das Miteinander in der eigenen Gemeinde zu stärken.

Pfarrerin Seija Uimonen, die die Gemeinde in Kutina viele Jahre leitete, sagt: "Wir müssen die Herzen der Gemeinden verbinden: Ihr denkt an uns und wir denken an euch." Die Spenden werden gebraucht, doch diese Verbundenheit sei das Allerwichtigste.