Garazi Perez Oloriz. Foto: Brocke

Gauthier Dance: „Out Of The Box“ bringt acht Uraufführungen und die Rückkehr der Tänzerin Garazi Perez Oloriz – als Choreografin.

Gauthier Dance: „Out Of The Box“ bringt acht Uraufführungen und die Rückkehr der Tänzerin Garazi Perez Oloriz – als Choreografin.

Stuttgart - Ein Jahr lang fehlte sie. Ein Kreuzbandriss zwang Garazi Perez Oloriz zum Pausieren. Und auch wenn Eric Gauthiers Kompanie inzwischen genügend Tänzer hat, um Krankheitsfälle aufzufangen, blieb eine Lücke. „Wo ist Garazi?“, riefen Fans der baskischen Tänzerin vergangene Woche bei der Filmschau Baden-Württemberg, als „Poppea//Poppea“ in 3-D über die Kinoleinwand geflimmert war. Bei den Aufzeichnungen von Christian Spucks Ballett im Sommer war die Tänzerin noch nicht fit für die schwierige Hauptrolle, die sie bisher immer tanzte.

Gerührt reagiert die Tänzerin, als sie hört, dass sie vermisst wurde. „Ich war noch nicht bereit, um diese Filmpremiere und die vielen Fragen nach meiner Verletzung auszuhalten“, sagt sie offen. Schließlich war es in einer Aufführung von „Poppea//Poppea“, als ihr bei der Vorbereitung einer Hebung die Bänder am Knie rissen. „Das war laut wie eine kleine Explosion, und ich bin direkt von der Bühne ins Krankenhaus.“ Der Operation, bei der die Bänder mit Ersatzmaterial aus dem Oberschenkel der Tänzerin geflickt wurden, folgte eine lange Phase der Rehabilitation, die immer noch andauert.

Mehr und mehr will sich Garazi Perez Oloriz nun zutrauen; den Einstieg wagte sie mit einer Rolle in „Lickety Split“ beim jüngsten Abend von Gauthier Dance. Es war schön zu sehen, wie die enorme Energie dieser Tänzerin auf eine neue Reife trifft. Verblüffend bleiben die Spannung und die Präzision, mit der sie jeder Geste Gewicht gibt. Wäre Gauthier Dance eine Ballettkompanie, wäre Gara, wie sie ihre Kollegen rufen, die Primaballerina. Vergliche man das Theaterhaus-Tanzensemble mit einer Popband, wäre sie die Frontfrau. Die Wahrheit liegt irgendwo dazwischen: Garazi Perez Oloriz ist eine prima Frontballerina, und selbst wenn die auffallend kleine Tänzerin im Hintergrund agiert, zieht sie Blicke magisch an.

Das hat auch Christian Spuck bemerkt und der Spanierin die Titelrolle von „Poppea//Poppea“ anvertraut, obwohl sie da gerade frisch zu Gauthier Dance gestoßen war und als Elevin, also als Tanzlehrling, unter Vertrag war. Schnell war klar, dass da eigentlich eine Meisterin tanzt. Zu Beginn ihrer zweiten Spielzeit im Theaterhaus gab Garazi Perez Oloriz zudem ihr Debüt als Choreografin. Und wenn „Out Of The Box“, so etwas wie der Noverre-Abend von Gauthier Dance, an diesem Sonntag zum vierten Mal an den Start geht, ist auch Gara wieder mit dabei – als Choreografin.

„A 1000 Silver Drops“ heißt ihr neues Tanzstück, das dritte inzwischen. Vier Kollegen bewegt sie auf und um einen roten Teppich in humorvollen, zackigen Formationen. Allerlei aufgehäuftes Silberzeug gibt der Bühne eine glamouröse Atmosphäre, während die Stimmung zwischen Lachen und Weinen schwankt. „Ich mag starke Bilder“, sagt die Tänzerin, die sich fragte, wie man Tränen visualisieren kann. Offensichtlich hat sie eigene Erfahrungen verarbeitet, die Verzweiflung, die Hoffnung. „Ich will zeigen, wie einem in einem richtig guten Moment im Leben ganz plötzlich etwas Mieses passieren kann“, sagt Garazi Perez Oloriz und findet immer noch surreal, was ihr selbst widerfahren ist. „Aber am Ende muss man lernen, nach vorne zu schauen.“

Und so konnte die Spanierin die Auszeit auch positiv sehen. Sich „daheim“ operieren lassen? Die Möglichkeit hatte sie schnell verworfen, als sie erkannt hat, dass ihr Zuhause Gauthier Dance ist. Neben vier Stunden Reha am Tag hatte sie 2012 möglichst viel Zeit mit der Kompanie verbracht, aber auch den Führerschein gemacht, sich in Anatomie und im Fotografieren weitergebildet – und ihr kurzes Tanzstück vorbereitet. Ob das Choreografieren für sie eine Perspektive nach der Karriere als Tänzerin sein könnte? Darüber hat sie nie nachgedacht. „Aber es macht mir viel Spaß, und es ist schön, mal von der anderen Seite aus zu sehen, wie viel Arbeit ein Tanzstück macht.“

„Out Of The Box“ hat an diesem Sonntag um 19.30 Uhr im Theaterhaus Premiere; weitere Vorstellungen gibt es bis zum 18. März. Außer „A 1000 Silver Drops“ von Garazi Perez Oloriz gibt es sieben weitere Uraufführungen von Miriam Gronwald, Rosario Guerra, Anna Süheyla Harms, Sebastian Kloborg, Florian Lochner, Maria Prat Balasch und David Stiven Valencia Martines. Karten unter 07 11 / 40 20 - 720