Schnelle Entscheidungen wurden von Urs Meier auf dem Platz verlangt. Foto: Meier

Fußball: Früherer FIFA-Unparteiischer Urs Meier zur aktuellen Diskussion um den Videobeweis. Vortrag am Montag.

Als einen Test und als nicht mehr erachtet der Schweizer Urs Meier den aktuell umstrittenen Videobeweis in der Fußball-Bundesliga. Urs Meier war FIFA-Schiedsrichter, hat selbst fast 900 hochrangige internationale Fußballspiele geleitet, ist begehrter Co-Moderator, Fernseh-Gutachter und Schiedsrichter-Berater in ZDF und anderen Sendern.

Als Unternehmer ist er nach dem Ende seiner Laufbahn als Unparteiischer gefragter Redner für Veranstaltungen von Managern und Führungskräften und wird am kommenden Montag einen Benefizauftritt in Freudenstadt absolvieren. Wir sprachen im Vorfeld seines Besuchs in der Kurstadt mit dem 58-jährigen Schweizer zum viel diskutierten Thema Videobeweis.

Urs Meier, was halten Sie vom Videobeweis?

Urs Meier: Ich bin nicht der entschiedene Befürworter für Videobeweise, ich halte Entscheidungen auf dem Platz grundsätzlich für besser. Andererseits: Wir brauchen die Technik.

Wie ist das denn zu verstehen?

Das hat eine lange Vorgeschichte.

Und die beginnt wann?

Im Jahr 2004 gehörte ich einer FIFA-Kommission an mit Spielern, Schiedsrichtern, Trainern und Funktionären – auch Franz Beckenbauer war dabei – die sich mit der Technik des Tor-Erkennens beschäftigte. Es ging um die grundsätzliche Frage: Wollen wir die Technik, oder wollen wir den Menschen.

Und sie wollten die Technik?

Nicht alle. Die Tortechnik wurde zur WM 2006 eingesetzt, das klappte noch nicht so ganz und so kam sie erst später. Uns war zu diesem Zeitpunkt bewusst: Wenn wir die Technik einführen, müssen wir sie auch durchgehend einsetzen. Doch der Druck von Außen, schnell auf die Technik zu setzen, wurde immer stärker.

Deswegen also jetzt der Videobeweis?

Er ist derzeit ein einer Phase, in der die positiven und negativen Auswirkungen getestet werden. Die FIFA ist überzeugt, dass uns nur der Test weiter bringt. Das ist so eine Grau-Entscheidung. Es geht nicht mehr allein um Tor oder nicht Tor, sondern auch um Foul oder nicht Foul, um Abseits, Rote Karten und anderes mehr. Also eine Entscheidung auf Umwegen. Es gibt ja auch schon Kritik daran. Der Test ist wie eine Operation am offenen Herzen. Die tut manchmal weh. Und wenn es nicht funktioniert, dann müssen wir es eben lassen.

Und wie ist Ihre persönliche Meinung dazu?

Ich sehe es sehr pragmatisch. Der Videobeweis wird nicht die Lösung aller Probleme sein. Es wird mehr und mehr auf den Schiedsrichter ankommen. Wir brauchen unbedingt den Profischiedsrichter. Wir müssen viel mehr in das Schiedsrichter-Wesen und die Ausbildung von Schiedsrichtern investieren. Dann können wir den Videobeweis so handhaben wie einen Airbag im Auto. Nur in ganz seltenen Fällen. Wenn der Airbag ständig aufgeht, muss man sich fragen, ob der Fahrer gut genug ist. Zu einer Schiedsrichter-Entscheidung tragen so viele Faktoren bei, die sieht man im Fernsehen gar nicht. Zum Beispiel das Erkennen einer Absicht. Eine Rote Karte hat fast immer eine Geschichte. Das kann der Schiedsrichter auf dem Platz erkennen. Er entscheidet dann richtig, wenn er das Spiel lesen kann, wenn er Fußball versteht.

Info

Erlös geht an die Kinderwerkstatt

In einer öffentlichen Benefiz-Veranstaltung spricht der ehemalige FIFA-Schiedsrichter Urs Meier am Montag, 23. Oktober, um 20 Uhr, im Kienbergsaal des Kurhauses in Freudenstadt. Der Erlös geht an die Kinderwerkstatt Eigen-Sinn, mit dessen Chef Hans-Martin Haist der Schweizer Urs Meier befreundet ist.

Urs Meier spricht über "Entscheidungen unter Druck" und gibt in seinem Vortrag praktische Hilfen, wie man sich Entscheidungen leichter machen kann. Karten gibt es im Vorverkauf in der Arkadenbuchhandlung, bei Rupps Kaffee und Teehaus Freudenstadt sowie beim Hauptsponsor der Veranstaltung, in der Hauptstelle der Volksbank Freudenstadt und bei der Stiftung Eigen-Sinn unter Telefon 07441/951 292.