Sobald man mit nackten Füßen unterwegs ist, stören krumme Zehen. Foto: Fotolia

Perfekte Füße hat kaum jemand. Bei vielen Menschen begibt sich der große oder der kleinste Zeh in Schieflage, oder sie wölben sich höckerartig nach oben. Doch es gibt Maßnahmen. Und wer früh aufs Schuhwerk achtet, kann alledem vorbeugen.

Stuttgart - Der menschliche Fuß ist ein höchst komplexes Gebilde – nicht nur aufgrund des Zusammenspiels von Gelenken, Bändern und Muskeln. Gleichzeitig durchzieht ein dichtes Nervennetz Haut, Muskeln und Sehnen des Fußes. Die Nerven registrieren kleinste Unebenheiten, erkennen warme und kalte Oberflächen. Und der Körper stellt sich darauf ein.

Doch der Mensch tut einiges, um seine hochsensiblen Füße zu sabotieren. Er quetscht sie in hochhackige Schuhe, gönnt ihnen selten Auslauf und lässt sie einiges an überflüssigen Kilos herumschleppen. Etwa die Hälfte aller Erwachsenen hat eine Fuß- oder Zehenfehlstellung. „Manchen bereitet dies keine Probleme“, sagt Patrik Reite, Ärztlicher Direktor der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie am Klinikum Stuttgart in Bad Cannstatt. Bei den meisten aber beginnen die Füße oder Zehen zu schmerzen, schlimmstenfalls kann es zu Haltungs- oder Gelenkschäden kommen. Spätestens dann brauchen die Füße Hilfe.

Ursachen

Ursachen

Ein Fuß gilt als schön, wenn er schlank ist – ansonsten wird mit schmal geschnittenen Schuhen nachgeholfen. „Zu enges Schuhwerk ist sicher einer der Hauptgründe für Zehenfehlstellungen“, sagt der Experte Reize. Denn so werden die Zehen in eine ungünstige Position gezwungen, die Fußmuskulatur kann nicht mehr richtig arbeiten, und die Stabilität des Fußgewölbes lässt nach. Meist passiert dies bei Betroffenen, die auch eine genetische Veranlagung zu Zehenfehlstellungen haben: So ist die Formgebung des Fußes entscheidend, ebenso die Stellung der Gelenke und Knochen. Ist dann noch die Fußmuskulatur nicht sehr ausgeprägt, ist der Betroffene übergewichtig oder leidet er an einer rheumatischen Erkrankung, geraten die Zehen schnell auf Abwege.

Symptome

Symptome

Je mehr Zeit die Zehen haben, sich zu verformen, umso schwieriger wird es, mit einfachen Methoden gegenzusteuern. Patrik Reize rät daher, schon bei dauerhaften Rötungen oder Druckstellen an den Zehen einen Orthopäden aufzusuchen. Auch eine verstärkte Hornhautbildung an den Zehenballen weist darauf hin, dass sich das Fußgewölbe absenkt und der Vorfuß zum Spreizfuß verbreitert. Weicht die Großzehe mehr als 20 Grad vom inneren Fußrand ab, ist ebenfalls ein Arztbesuch ratsam: Es könnte sich ein Hallux valgus, auch Überbein oder Frostballen genannt, entwickeln.

Bei der häufigsten Zehenfehlstellung ist der große Zeh in Richtung der anderen Zehen abgewinkelt und kann im Extremfall sogar über oder unter den zweiten Zeh stehen. Zudem ist der Ballen unterhalb des großen Zehs vorgewölbt. Charakteristisch sind die Schmerzen, die meist im großen Zeh und am Ballen entstehen. Ein Arztbesuch ist deswegen vonnöten, weil sich in Folge auch die anderen Zehen verformen können – zu Hammer-, Krallen- oder Klauenzehen.

Diagnose

Diagnose

Beim Orthopäden werden Fuß und einzelne Gelenke abgetastet. „Ziel ist es herauszufinden, wie beweglich die Zehengrundgelenke sind, ob die Patienten dort einen Schmerz verspüren und ob sich die Zehen wieder in die gerade, ursprüngliche Position ziehen lassen“, sagt Reize. Es folgen zwei Röntgenbilder: eines, das den Fuß im Stehen von der Seite zeigt. Daran wird die Stellung des Fußgewölbes, der Mittelfußknochen und der Zehen erkennbar. Beim zweiten Röntgenbild werden die Füße von oben aufgenommen. „Daran erkennt man etwa, ob die Mittelfußknochen gespreizt sind und, wenn ja, wie stark.“

Konservative Therapie

Konservative Therapie

Eine konservative Behandlung funktioniert immer dann, wenn der Fuß noch relativ flexibel ist und das Röntgenbild noch keine allzu starke Abweichung zeigt. „Eine Zehenfehlstellung kann man dadurch nur leicht verändern, aber nicht auf Dauer korrigieren“, sagt der Orthopäde Patrik Reize. Ziel ist es, Schmerz- und Beschwerdefreiheit zu erlangen – mit Physiotherapie, Einlagen und Schienen.

Orthopädische Schuheinlagen können den Fuß einbetten und so die Stellung der Mittelfußknochen und der Zehen beeinflussen. Zugleich werden die schmerzenden Stellen entlastet. Die Einlagen werden individuell angepasst. Im Durchschnitt halten sie ein Jahr und werden von den Kassen bezuschusst. Es gibt auch sogenannte Hallux-Schienen, die die Bänder und Muskulatur dehnen und somit die abweichenden Zehen wieder in Form drücken – allerdings nur solange sie getragen werden.

Operation

Operation

Fuß- oder Zehenkorrekturen sind keine Trend-Operationen: „Auch wenn 90 Prozent mit dem Ergebnis zufrieden sind, lassen sich meist nur diejenigen operieren, deren Leidensdruck zu groß geworden ist“, sagt Reize. Viele nutzen lieber konservative Methoden.

Nehmen die Schmerzen zu, kann eine Operation helfen: Insgesamt gibt es nach Angaben der Deutschen Orthopädie-Gesellschaft mehr als 150 Verfahren, um Fehlstellungen zu korrigieren. Etwa indem die Sehnen verlagert werden, um die Zehen wieder in die richtige Position zu ziehen. In schweren Fällen, etwa bei extremem Hallux valgus oder Schneiderballen, wird der Mittelfußknochen durchtrennt und gerade wiederangesetzt. „Die Wunde heilt in etwa 14 Tagen“, sagt Reize. Teilweise müsse man den Fuß aber etwas länger entlasten.

Zwar gelten diese Operationen nicht als schwierig, sind aber auch nicht ohne Risiko – besonders bei Menschen mit Diabetes oder Durchblutungsstörungen. „Bei ihnen dauert die Wundheilung länger, es können sich leichter Entzündungen bilden.“ Weswegen er hier eher zu kleineren Eingriffen rät.

Prävention

Prävention

Wer stets gut zu Fuß sein möchte, sollte sich viel bewegen – möglichst barfuß. „Das trainiert die Fußmuskulatur am besten“, sagt der Orthopäde Reize. Wer dennoch nicht auf seine Schuhe mit hohen Absätzen verzichten will, der sollte wenigstens darauf achten, sie nicht ständig zu tragen. Den Füßen zuliebe.

Infos gibt es bei der Deutschen Gesellschaft für Fußchirurgie, www.gesellschaft-fuer-fusschirurgie.de. Zudem bietet das Krankenhaus Bad Cannstatt dienstags eine Fußsprechstunde an. Anmeldungen unter 07 11 / 27 86 30 01.