Charmant geben sich Wiebke Eymess und Friedolin Müller. Mit ihrem Programm "Das Geld liegt auf der Fensterbank, Marie ist da" kommen sie in der Kulturfabrik bestens an. Foto: Kouba Foto: Schwarzwälder-Bote

Wiebke Eymess und Friedolin Müller aus Hannover bieten in der Kulturfabrik gelungenes Kabarett

Von Siegfried Kouba

Furtwangen. Am Freitagabend war Kulturfabrik-Time mit Wiebke Eymess und Friedolin Müller als paradiesisches Pärchen. Das sympathische, agile Duo beharkte sich, stichelte gegen Alltäglichkeiten, die durchaus zum Nach- und Überdenken (nicht über Sudoku) anregten.

Die Hannoveraner, nicht mit Pferden zu verwechseln, spielten die erste Halbzeit als "Quartett", denn Tonmeister Dieter und die verdammte Technik mischten kräftig mit. Die Entertainer nahmen es locker, flochten spontane Anmerkungen ein, machten die Situationskomik zum Programmteil, testeten Mikrofone und Leitungen und ließen das Publikum die Smart-Phones ausschalten. Daneben sorgte Wiebke Eymess für eine Sondervorstellung während der Pause. Die wurde mit "Klingelingeling", nicht des Eiermanns beendet, sondern von Jacques Barthillat, der anfangs auf die nächste Veranstaltung am 7. November mit erstklassiger Chansonmusik verwiesen hatte. Wiebke Eymess und Friedolin Müller sind ein im Doppelsinn "ausgezeichnetes" Team, das zuletzt den Thüringer Kleinkunstpreis verliehen bekam. Sie boten Musikkabarett mit eigenen melodiösen, plastisch dargebotenen, Einfällen. Kritische Themen hatten sie süß verpackt. Alles wurde charmant transportiert und wirkte nie übertrieben bissig.

Ihre Sprechakrobatik war bewundernswert, wie die verschnörkelte Kettendeklamation von skurrilen Wortkombinationen. Seitenhiebe gab es auf akademische Sonderformen des Lebens oder auf die Provinz, in dem Fall auch Furtwangen als wahrer Ursprung der Donau. Die musikalische Würze boten Mini-Keyboard, Gitarre, Ukulele oder "Daumenklavier".

Das Geheimnis um den Titel "Das Geld liegt auf der Fensterbank, Marie" wurde erst in der dritten Zugabe gelüftet, ein Abschied von Maria und Furtwangen. Romantische Lieder wie "Eigentlich bin ich ein Rationalist" waren sinnlich eingekleidet. Die beiden bewegten sich in einem verbalen Geschlechterkampf, jenseits von Eden, aber "Paradiesseits", das geschickt "digital" zur "Pause" umfunktioniert wurde. Hauptthema war die Wechselbezüglichkeit von Mann und Frau (Zeugungsschmerz und Geburtswehen), von Stadt- und Landleben und philosophischen Sequenzen: "Dreck reinigt den Magen – Unordnung reinigt die Seele" oder "Entscheidung für Grillabend statt Veggie-Day". Ein Rollenspiel bewegte sich zwischen "Freilauf-Lauch" und Steckrüben.

Wiebke "erroch" das Geschlecht des Nachkömmlings. Das Produkt "Axel" steht im Spannungsfeld von Zukunftsverbesserer und selbst bestimmter Lebensführung. Auf den Spieß kommen "Brust und Beine" der Hühner, der Rest landet in Afrika. Hier lachen dafür glückliche Kühe und Schweine und die Banken spekulieren mit Lebensmittelpreisen. Welche Bank? Antwort: Eine x-beliebige deutsche Bank. Und die Afrikaner: Entweder Ernährungsgewohnheiten umändern oder ins Boot steigen. Das Duo hangelt sich durch falsch bediente Spülmaschinen, beendet den Gender-Kram, bruncht sich bei Ikea durch und baut sich Möbel aus Fymo. Aldis Paprika-Mix schmeckt nach nix, und die Lidl-Winterpalmen erinnern an den Umzug aufs Land, wobei Assoziationen von Thomas Mann, zu Sesamstraße, Muppet Show, Waldorfschule, Solarium, Sanatorium und Zauberberg führen.