Ausdrucksstark: Tilman Birr bei seinem Auftritt in der Kulturfabrik. Fotos: Frank-Gauckler Foto: Schwarzwälder-Bote

Tilman Birr bietet zum Auftakt des Veranstaltungsjahrs in der Kulturfabrik ein hammerhartes Programm

Von Brigitte Frank-Gauckler

Furtwangen. Hauptsache mal was gesagt – Tilman Birr startete am Freitagabend ins neue Kulturfabrik-Kabarettjahr und bot eine wortwitzige Gesellschaftssatire, in der er mit Dialekten und Vorurteilen sowie auf der Gitarre spielte.

Im neuen Kabarettjahr begrüßte Jacques Barthillat erstmals mit Mikrofon und erinnerte daran, dass sich die Vereinsmitglieder von "Uhr und Kultur" seit 24 Jahren in Sachen Kleinkunst engagieren. Tilman Birrs drittes Kabarettprogramm "Holz und Vorurteil" ist eine Mischung aus Texten, Lesung aus seinem Buch und Musik. Vorurteile bieten Birr breite Angriffsflächen, diese pflegt er gerne, so bekommen Deutsche wie Italiener, Veganer und Träger von Outdoor-Jacken ihr Fett weg, Französischlehrer entlarvt er als wahre Sadisten.

Der gebürtige Hesse lebt in Berlin-Friedrichshain und fühlt sich dort als Fremder behandelt. Der Wessi kennt mittlerweile Dialekt und Gemüt des Berliners bestens. Er schaut dem Volk nicht nur aufs Maul, sondern gar ins Hirn und entblößt die Gedanken zu den Neuerungen in der Stadt. Dabei hetzt er gegen Mütter, Hipster, Schwaben, Vegetarier, sieht generell alle Menschen als Randgruppe an und fordert in der Rolle mehr Toleranz dem Hass.

Der technik-affine Jung-Kabarettist spielt selber die richtigen Reaktionen des Publikums ein. Nebenbei entwickelt er eine Theorie über Volksmusik, die einfach Umweltgeräusche mit Musik unterlegen, wobei Techno die Volksmusik der Stadt sei. Lärm machen sei eine Art Grundbedürfnis geworden, deshalb flüchtet er nicht selten in den Lesesaal der Bibliothek. Deutsche Dialekte erkennt er allein am Tonfall, Inhalte sind da nicht nötig, und er mokiert sich über den blöden Singsang des Badischen – nicht ohne Murren des Publikums, solche Reaktionen sind Birr jedoch willkommen.

Immer wieder greift er zur Gitarre, er präsentiert ein Lied über Deutschlehrer, die mit Kunstlederjacke cool sein wollen oder über Holzfäller mit Holzteller. Er drückt auf den Nerv der Zeit, zählt ausgedachte Kommentare zu Videos im Internet auf und seziert die Debatte über ernste Kunst kontra lustige Kleinkunst.

Selbstironisch präsentiert der Heimorgelkönig Birr Rigolettos Ouvertüre mit Ansage. Das Programm ist hammerhart – mit viel Häme und Zynismus, aber auch Wahrheit – und er präsentiert dies sehr unterhaltsam.