Vier Jahre Kopftuch, Liza Kos fächert ihre Gefühlswelt auf, immer im Spagat zwischen den Kulturen. Fotos: Frank-Gauckler Foto: Schwarzwälder-Bote

Kabarett: Liza Kos gelingt der Spagat zwischen den Kulturen / Russin mit Kopftuch und Schunkeltrauma

Furtwangen. "Was glaub ich, wer ich bin?", der Programmtitel verrät es: Liza Kos war und ist auf Identitätssuche. Sie schöpft dabei aus ihrem Erfahrungsschatz als geborene Russin, angeheiratete Türkin und Deutsche. Hintersinnig und unterhaltsam bot sie in der Kulturfabrik ihren persönlichen Integrationsabend.

Die 36-jährige Elizaveta Kostyuk, kurz Liza Kos, genoss in Moskau eine intensive Musikausbildung, Spaß machen hat ihr immer schon gefallen. Sie erzählt von der religiösen musikalischen Familie, mit der sie im Alter von 15 Jahren nach Deutschland auswandert. Dort lernt sie ihren ersten Freund Achmet kennen und mit ihm die türkische Kultur. Und um dann nach vier Jahren endlich in Deutschland "anzukommen", tritt sie einem Karnevalsverein bei und berichtet von Schunkel-Traumata.

Das Programm hangelt sich an ihrem Leben entlang, sie weiß also, wovon sie spricht, singt und performt. Sie gewährt tiefe fundierte Einblicke in ihre ganz persönliche Gefühlswelt, sie beleuchtet und persifliert die Alltagsprobleme der Kulturen mit Witz und Hintersinn, eigenen Texten und Liedern, die sie mit warmer Stimme vorträgt. Ob sie die lahme Russin ohne Doping mimt oder die "Gutfried Putenbrust" mit Putins Brust verwechselt: Gekonnt und mit sichtlichem Spaß zerpflückt sie locker gängige Vorurteile gegenüber Fremden in unserem Land.

Sie liebt und pflegt den Spagat zwischen den Kulturen und erzählt von fortschreitender Integration, selbst ihre Balalaika ist bereits bestens "intrigiert" und kommt als Gitarre daher. Drei Seelen schlagen in ihrer Brust, die Russin Svetlana, die Türkin Aynur und die Deutsche Liza. Frappierend ist die Verwandlung mittels Kopftuch, als Aynur liest sie aus dem Tagebuch einer Kopftuchträgerin mit dem finalen Schlusssatz: "Mein Name ist Mensch." Gerne trägt sie dieses auch gegen die Kälte in Deutschland, nur eines der Vorteile von Multi-Kulti.

Sie analysiert deutsche Liedtexte, deren bitterer Inhalt irritierenderweise statt in getragenem Moll in fröhlichem Dur daherkommt. Immer wieder bindet sie das Publikum ein und forderte es auf, türkisch zu lernen, mittels einer kleinen logopädischen Übung das "rollende Russen-R" zu üben oder mitzusingen. Mit Glitzerkleidchen und weißen Stiefeletten mimt sie ganz die russische dominierende Frau auf der Suche nach einem neuen Ex-Mann mit viel Geld, der mehr kann als Müll trennen.

Liza Kos bot einen Mix aus Musik, charmanten Scherzen, Wortspielen und Kabarett – das erste Soloprogramm der 36-Jährigen pendelt zwischen Wodka, Ramadan und Sauerkraut, ist bunt, hintergründig, scharfsinnig, auch politisch – und dabei sehr unterhaltsam.