Eher verhalten gibt es zunächst Beifall. Fotos: Kommert Foto: Schwarzwälder-Bote

Aufführung: "Theater mobile Spiele" aus Karlsruhe bringt Georg Büchner hautnah zu den Abi-Klassen

Für gewöhnlich ist es so, dass man als Besucher ins Theater geht. Beim "Theater mobile Spiele" aus Karlsruhe ist dies gänzlich anders. Es kommt nämlich direkt zum Publikum, in diesem Fall ins Klassenzimmer.

Furtwangen. Die Abi-Klassen des Otto-Hahn-Gymnasiums und der Robert-Gerwig-Schule erlebten so hautnah eine fesselnde Aufführung unter dem Titel "Büchner. Die Welt. Ein Riss". Georg Büchner ist für die Abiturienten eine von drei Pflichtlektüren. Den jungen Zuschauern erschloss sich ein recht großer Teil der Büchnerschen Werke auf ungewöhnliche Weise.

Die Bühne war zu Beginn mit Sackleinen und Kunststoffplanen verhängt, auch waren einige Requisiten aufgebaut. Im Verlauf des Spiels wurden symbolträchtig immer mehr der Planen und Requisiten entfernt, sodass am Schluss ein fast kahler "Wald" blieb, leer und tot, die Guillotine als Mittelpunkt.

Zitate aus Büchners Schaffen, darunter vieles aus der Pflichtlektüre "Dantons Tod", hatte Regisseur Thorsten Kreilos zu einer vielschichtigen "Collage" verarbeitet, die von Schauspieler Georgios Tzitzikos eindrucksvoll in Szene gesetzt wurde. Später stellte eine der jungen Zuschauerinnen fest, sie hätte noch nie so intensiv empfunden, wie man durch Änderung der Stimmlage oder der Ausdrucksform eine völlig andere Person werden könne.

Mit Witz und Ironie, aber auch bitterer Verzweiflung oder Zorn und Empörung bewies Tzitzikos das ganze Spektrum an Emotionen als Repertoire. Wie bei Büchner üblich, wurden politische Bezüge immer wieder herausgestellt. Gestalten aus Büchners Stücken wurden auf der Bühne lebendig, der Schauspieler wechselte virtuos von einem Charakter und von einem der Werke Büchners zum andern, gab jeder Figur sowohl durch Gestik als auch durch Stimme Individualität.

So konnte er vor allem im Dialog zwischen Danton und Robespierre beeindrucken, aber auch als Woyzeck oder Leonce und Lena oder Lenz, der in den Wahnsinn getrieben wird. Als am Ende der Kopf des "Kindes" von der Guillotine rollte, blieb es einen langen Moment völlig still, dann begann das Publikum zögerlich zu applaudieren.

Die Frage- und Diskussionsrunde begann eher gemächlich. Daher war es letztlich der Regisseur selbst, der die Abiturienten befragte – wie sie den Werdegang der Kulissen beurteilen und was sie im "Bühnenrest" erkennen – nämlich die empfundene Leere, den Tod, einen Friedhof im Wald. Das Fehlen eines göttlichen Bezuges, einer religiösen Symbolik. Erstaunt zeigte sich der eine oder andere über den Schauspieler, der völlig verändert aus dem Off zurückkam. "Natürlich spiele ich mit viel Herzblut, aber am Ende bin ich wieder ich selbst", räumte Tzitzikos ein. Was es wohl bedeute, wenn er immer wieder sein Hemd aus der Hose ziehe? "Das zeigt an, dass jetzt Worte aus dem ›Hessischen Landboten‹ kommen", schmunzelte Regisseur Thorsten Kreilos. Leider wurde die Diskussion recht jäh abgebrochen, da die ersten Schüler hinausdrängten – der Bus wartete nicht.