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Keine Probleme mit Ärzte-Versorgung im Oberen Bregtal / Nachfolgefrage könnte Sorge bereiten / In der Notfallversorgung noch Luft nach oben

Die Ärzteversorgung im ländlichen Raum ist immer öfter ein heiß diskutiertes Thema. Die Lage im Oberen Bregtal scheint noch komfortabel – doch der Mangel an jungen Ärzten könnte in Zukunft auch hier für Probleme sorgen.

Furtwangen/Vöhrenbach/Gütenbach. Als Sportstadt mit dem renommierten Ski-Internat, bedeutender Industriestandort und Hochschulstadt spielt Furtwangen in der Region eine wichtige Rolle. Damit dies weiterhin so bleibt, sieht der stellvertretende Bürgermeister und zweiter Vorsitzende beim Gesundheitsnetzwerk im Schwarzwald-Baar-Kreis, Manfred Kühne, die ärztliche Versorgung als einer der wichtigsten Standortfaktoren. "Ein Spruch besagt: ›Erst geht der Arzt, dann die Apotheke, später die Schule und irgendwann die Industrie‹", so Kühne. Genau deshalb sei es umso bedeutender, sich dem Thema ganz besonders zu widmen.

Was gut läuft

Momentan, so berichtet Kühne, sei der Druck noch nicht sonderlich groß. Die Versorgung in Furtwangen sowie im Oberen Bregtal sei derzeit noch gut. Insgesamt gäbe es sowohl in Furtwangen als auch in Vöhrenbach genügend Allgemeinmediziner. Die Bevölkerung könne zudem auf Kinderärzte, Internistinnen, Psychiaterin, zahlreiche Zahnärzte und einen Frauenarzt zurückgreifen (siehe Infokasten).

Zudem habe man hier die komfortable Situation, dass die Ärzte massiv an Weiterbildungen interessiert und diesbezüglich "sehr fortschrittlich" seien. "Viele Ärzte haben hinsichtlich medizinischer Spezialgebiete Zusatzbezeichnungen und besondere Arbeitsschwerpunkte, da sind wir im Oberen Bregtal extrem gut aufgestellt", erklärt der ehemalige Vorsitzende der CDU in Furtwangen. Er findet es allerdings schade, dass der Bevölkerung diese Gegebenheiten häufig nicht bewusst sind.

Ein weiterer Umstand sorgt dafür, dass die Bürger vor Ort gut versorgt sind. "Wir sind extrem gut durch Zweigpraxen versorgt, in denen Fachärzte aus der Region an bestimmten Tagen Sprechstunden haben", berichtet Kühne. Dies sei vor allem vor dem Hintergrund wichtig, da Furtwangen über keine Bahnverbindung verfüge und der ÖPNV nicht optimal aufgestellt sei. "Da wird es für manche vor allem ältere Bürger schwierig, zum Facharzt zu kommen." Abgedeckt sei durch die Zweigpraxen die Versorgung durch Urologen, Orthopäden und Augenarzt.

Wo es Probleme gibt

Insbesondere in der Notfallversorgung sieht der Gesundheitsexperte noch Luft nach oben. "Diese ist immer bisschen ein Problem." Der Grund: Nach 18 Uhr haben die Praxen in der Regel geschlossen, sodass der ärztliche Notdienst in Anspruch genommen werden muss. Mobile Patienten müssen aber für den Besuch der Notfallpraxis am Klinikum teilweise mehr als 35 Kilometer Fahrt in Kauf nehmen. Kühne: "Das ist im ländlichen Raum vor allem im Winter eine Katastrophe!"

Angesichts der Tatsache, dass viele Patienten vor der Nacht Angst hätten, sei es wichtig, wenn möglichst bis 22 Uhr ein medizinischer Ansprechpartner vor Ort zur Verfügung stehen würde. "In diesem Bereich muss der Notdienst optimiert werden", fordert der stellvertretende Bürgermeister. Es bleibe sonst zu befürchten, dass die Menschen wegziehen, wenn sie zu weit von medizinischen Versorgungszentren, Arztpraxen oder Kliniken entfernt wohnen.

Was die Zukunft bringt

Vor allem die Nachfolgefrage sorgt, wie so oft im ländlichen Raum, für Schwierigkeiten im Oberen Bregtal. Momentan würde man die Rahmenbedingungen erfüllen, für die Zukunft sieht Kühne jedoch Probleme. "Junge Ärzte wollen oft nicht die Verantwortung übernehmen und die Nachfolge einer Niederlassung antreten – vor allem, weil im ländlichen Bereich mehr von den Medizinern verlangt wird."

Als Lösungsansatz, um den "Landarzt" wieder attraktiver zu gestalten, könnte er sich einen stärkeren Fokus auf die "sprechende Medizin" – also zum Beispiel der Arzt-Patient-Beziehung – und damit einhergehend eine bessere Bezahlung von Hausbesuchen vorstellen. "Hier muss man jedoch genau hinschauen, ob alle Hausbesuche notwendig sind." Grundsätzlich sei es sinnvoll, einen möglichen Nachwuchs beziehungsweise niederlassungswillige Mediziner bereits frühzeitig in die Praxis zu integrieren und diesem quasi mitzuschulen.

Für die Zukunft sieht Kühne zudem zwei weitere Themen als bedeutend an. Zum einen würde die Telemedizin, also der Einsatz von elektronischen Gesundheitsdiensten bei räumlicher Trennung von Arzt und Patient, eine immer größere Rolle spielen. Auf der anderen Seite sieht er den Bedarf einer dualen Ausbildung – sprich: eine Kombination aus medizinische Fachangestellte mit einem medizinisch-technischem Studium. "Diese Kräfte wären, ähnlich wie beim Modell Studium Plus im Fachgebiet Maschinenbau an der HFU, auch in der Technik fit. Das würde zu einer Entlastung der Mediziner in den Praxen führen.

Ein riesiges Problem, das im Oberen Bregtal künftig gelöst werden muss, ist die permanente Zunahme an psychischen Problemen und Erkrankungen. Kühne: "Die Fälle häufen sich und werden auch immer schwieriger – das liegt am Druck auf der Arbeit und der hohen Flexibilität, die heute von den Arbeitnehmern gefordert wird." Hierbei sei wichtig, dass die Patienten einen Ansprechpartner vor Ort hätten. Der Grund aus Sicht des Gesundheitsexperten: "Die Städter verstehen die Probleme der ländlichen Bevölkerung nicht." Momentan sei die psychotherapeutische Versorgung ausreichend, aber die Zahl der Erkrankungen würde stetig steigen, zunehmend betroffen sind hier auch Kinder und besonders Jugendliche.

Auch im Oberen Bregtal gibt es deshalb, trotz der derzeit noch komfortablen Situation, für die Zukunft noch einiges anzupacken, um die ärztlichen Versorgung in dieser Form weiterhin zu gewährleisten.

u Allgemeinmedizin:

Drs. Denise & Götz Besenfelder

Bregstraße 36 b

78120 Furtwangen

Zusätzlich: u.a. Hausarzt, Hausärztin, Betriebsmedizin, Akupunktur, reisemedizinische Beratungsstelle

Dr. Nikolaus Capetian

Wilhelmstraße 22

78120 Furtwangen

Sucht Nachfolger ab 30. Juni 2018

Dr. med. Johannes Grossmann und Christian Wunschik

Villinger Str. 17

78147 Vöhrenbach

Zusätzlich: u.a. Hausarzt, Akupunktur, Rehabilitationswesen

Dr. Lioba Kühne

Bismarckstraße 9

78120 Furtwangen

Zusätzlich: u.a. Hausärztin, Akupunktur, Palliativmedizin, Psychotherapie, Ernährungsmedizin

Dr. med. Karl-Heinz Singer

Mühlgasse 1

78147 Vöhrenbach

Zusätzlich: Hausarzt, Psychosomatische Grundversorgung

Dr. Barbara Weis

Friedrichstraße 2

78120 Furtwangen

Zusätzlich: unter anderem Naturheilverfahren, Hausärztin, Chirotherapie (Manuelle Medizin)

u Orthopädie:

Dr. Lopes und Dr. Zimmerer

Lindenstraße 3

78120 Furtwangen

Fachärzte für Orthopädie und Unfallchirurgie, Akupunktur, D-Arzt, Osteopathie

u Internisten:

Dr. Ute Scheit

Lindenstraße 3

78120 Furtwangen

Zusätzlich: unter anderem hausärztlich tätig, Diabetologie, Ernährungsberatung, Akupunktur, TCM, Sportmedizin

Dr. Nadine Singer Mühlgasse 1

78147 Vöhrenbach

u Psychiater:

Dipl.-Med. Angelika Noczynski

Grieshaberstraße 8-10

78120 Furtwangen

Zusätzlich: unter anderem Psychosomatische Grundversorgung

u Zahnärzte:

Dr. med.dent. Johannes Bivort

Bahnhofstraße 13

78120 Furtwangen

Schwerpunkt: Naturheilwesen

Dr. Claus Eickhoff

Kälbergässle 4

78147 Vöhrenbach

Dr. med.dent. Joachim Goerke

Wilhelmstraße 7-9

78120 Furtwangen

Dr. med.dent. Robert Morutzan

Bismarckstraße 11

78120 Furtwangen

Dr. med.dent. Wolfgang Munding

Baumannstraße 27

78120 Furtwangen Dr. med.dent. Dirk Wöhrle

Rößleplatz 2

78120 Furtwangen

u Kinderärzte:

Gemeinschaftspraxis Dr. Hans-Peter Brändle, Martin Gellert und Dr. Stefan Röser

Bregstraße 36

78120 Furtwangen

Zusätzlich: u.a. Naturheilverfahren, Homöopathie, Akupunktur

u Frauenarzt:

Dr. Stephan Scheit

Lindenstraße 3

78120 Furtwangen

Zusätzlich: unter anderem Endokrinologie, Akupunktur, TCM                 (alle Angaben ohne Gewähr)