Seit über 100 Jahre nachgewiesen, möglicherweise aber viel älter, herrscht am Hirschmontag knapp eine Woche nach dem Aschermittwoch noch einmal Fastnacht-Stimmung im "Goldenen Raben" in Furtwangen. Ein Beleg ist das Inserat aus dem Jahr 1901. Fotos: Archiv Foto: Schwarzwälder-Bote

Alte Fastnacht: Treffen im Gasthaus Goldener Rabe geht auf einen über 100 Jahre alten Brauch zurück

"Am Aschermittwoch ist alles vorbei" – diese auch in einem Lied verbreitete Weisheit gilt fast überall, nur nicht in Furtwangen.

Furtwangen. Denn hier hat sich ein alter Brauch erhalten, der eine Woche später stattfindende Hirschmontag, hier auch als "Alte Fastnacht" bekannt. Die genaue Bedeutung und die Ursprünge dieses Brauchs, der heute mit neuen Inhalten gefüllt wird, liegen im Dunkeln. Offiziell wurde auch in diesem Jahr wieder in Furtwangen die Fastnacht in Furtwangen am Aschermittwoch mit den Fällen des Narrenbaumes und der Geldbeutelwäsche beendet.

Doch am kommenden Montag, dem ersten Montag in der Fastenzeit, lebt die Fastnacht noch einmal auf: der "Hirschmontag" wird gefeiert. Die Narren treffen sich dazu im festlichen Gewand im "Goldenen Raben".

Wie alt dieser Brauch allerdings wirklich ist, lässt sich kaum sagen, da es zu wenig Belege gibt. Für Roland Wehrle, Präsident der Vereinigung der schwäbisch-alemannischen Narrenzünfte und aktives Mitglied der Narrenzunft Furtwangen, ist der Hirschmontag "einer der ältesten Fastnachtsbelege in Furtwangen".

Auf jeden Fall gibt es Einladungen aus der Zeit um 1900 zur Feier des Hirschmontags im Goldenen Raben. Vor allem dank der Familie Erath, die diesen Brauch übernommen ha, gibt es den Hirschmontag inzwischen weit über 100 Jahre, möglicherweise aber sogar länger als 250 Jahre. Möglich wäre dies, da das Gasthaus auf dem Raben 1746 erbaut wurde. Die genauen Zusammenhänge ließen sich aber nur mit weiteren Quellen aus früheren Zeiten belegen.

Auf jeden Fall findet dieser Hirschmontag am traditionellen Termin der "Alten Fastnacht" statt. Diese, auch als "Bauern-Fastnacht" bekannt, wird in vielen Orten im alemannischen Bereich, vor allem in der Schweiz, am Montag nach Aschermittwoch gefeiert wird. In der Schweiz wird dieser Tag als Hirschmontag oder Hirsmontag bezeichnet. Auch mit dem Hirsebrei als Fastenspeise wird der Name in Zusammenhang gebracht.

Wie früher diese Feier am Hirschmontag aussah, darüber gibt es unterschiedliche Erzählungen, für die keine Belege existieren. Auf jeden Fall findet nachgewiesen seit mindestens 115 Jahren im Gasthaus zum goldenen Raben eine "Hirschmontags-Feier", verbunden mit einem allgemeinen Essen, statt, wozu unter Zusicherung"feiner Küche, reiner Weine und guter Bedienung“ eingeladen wird, so ein Inserat von Oskar Wehrle aus dem Jahr 1900.

Schon lange kommen hier i die Narren zusammen, häufig ausstaffiert mit Frack und Zylinder, die Damen im passenden historischen Outfit. Der inzwischen verstorbene Raben-Wirt Robert Erath nahm im übrigen den Namen Hirschmontag zum Anlass, rund um diesen Tag Spezialitäten vom Hirsch zu servieren.

Um diesen alten Brauch mit neuem Leben zu füllen, gründete vor fast 20 Jahren die Narrenzunft Furtwangen die "Aktiengesellschaft Hirschmontag". Deren Sinn ist es, zum einen den Brauch zu pflegen und auch die dazugehörende Forschung zu ermöglichen.

Vor allem aber soll dies ein weiterer Spaß sein, denn jeder Aktionär muss bei der Vollversammlung am Hirschmontag anwesend sein. Bei dieser Gelegenheit wird dann auch der Oberhirsch und die Hirschkuh des Jahres gekürt, eine Art spezielle Ordensverleihung.

Im Zusammenhang mit dem Hirschmontag fällt immer wieder der Begriff "Alte Fastnacht" oder "Bauernfastnacht". Die Fastnacht ist der Tag vor dem Beginn der 40-tägigen Fastenzeit vor Ostern. Nach dem Konzil von Benevent (1091) wurden die Sonntage aus der Fastenzeit ausgeklammert und der Beginn der Fastenzeit deshalb sechs Tage vorverlegt auf den Mittwoch der siebten Woche vor Ostern, den Aschermittwoch. Trotzdem blieb aber der ursprüngliche Termin (der Montag in der sechsten Woche vor Ostern) in Erinnerung, vor allem in einigen ländlichen Gebieten im Südwesten Deutschlands und in der Schweiz.

Hier wurde die Fastnacht weiterhin eine knappe Woche später am Montag gefeiert. Diese Bräuche haben sich als "Alte Fastnacht" oder "Bauernfastnacht" bis heute erhalten. Oftmals wurde auch die Fastnacht zweimal gefeiert, wobei dann zur Unterscheidung zur Bauernfastnacht die erste, am Aschmittwoch endende Fastnacht als Herren- oder Pfaffenfastnacht bezeichnet wurde.