Michael Eilfort bei seinem Referat im Kurhaus beim Neujahrsempfang. Foto: Eberhardt Foto: Schwarzwälder-Bote

Vorstand der Stiftung Marktwirtschaft referiert beim Neujahrsempfang / Folgt Höhepunkt bald Abschwung?

Freudenstadt (te). Vieles am Wohlstand Deutschlands wird für selbstverständlich genommen. Zu vieles? Beim Neujahrsempfang der Stadt Freudenstadt referierte Michael Eilfort, Vorstand der Stiftung Marktwirtschaft. Die Botschaft war präzise: Die Zeit in der Komfortzone ist vorbei.

Eine funktionierende Verwaltungslandschaft, herausragende Unternehmerpersönlichkeiten und vor allem sozialer Frieden machen Deutschland zu einem der besten Lebensorte der Welt. Dennoch: Glaubt man Michael Eilfort, dann ist dieser Zustand mittelfristig in Gefahr. "Eurokrise, Schuldenkrise, Vertrauenskrise: Wie können wir die Blockaden überwinden?", lautete der Titel des Vortrags den der Politologe hielt. "Ein enormes Gut in Deutschland ist der soziale Frieden", erklärte Eilfort. "Wir haben keine brennenden Vorstädte. Diesen sozialen Frieden müssen wir uns erhalten." Denn, so der Marktforscher: Die Zeiten in Deutschland waren noch nie so gut wie heute.

"Aber im Triumph liegt der Kern des Niedergangs." Seine Thesen – optimistische wie düstere – trug Eilfort in einem unaufgeregten und mit trockenem Humor gewürzten Stil vor. Als Metapher und roten Faden seiner Ausführungen nutzte Eilfort die Fußball-Weltmeisterschaft, was die teils anspruchsvollen Inhalte verständlich und greifbar machte. Jedes Mal, wenn Deutschland Fußball-Weltmeister geworden war, analysierte Eilfort, hatte auch die Wirtschaft einen Höhepunkt – dem allerdings bald ein Abschwung gefolgt war. Denn: "Was macht der Esel wenn ihm zu wohl wird? Er geht aufs Eis". Aufs Eis ging auch Eilfort. Manchem Bundespolitiker hätte vermutlich nicht gepasst, was der Politologe hinter dem Rednerpult ungeschminkt angesprochen hat. Ermäßigter Mehrwertsteuersatz? Während der Fußball-Euphorie mal nebenbei durchgeschleust, als es keinen in den Medien und der Bevölkerung interessiert hat. Die Versprechungen in den diversen Rentenpaketen? Weitgehend nutzlos, und nichts weiter als eine versteckte Anhäufung von Staatsschulden in Billionenhöhe. Die nebulösen Graustufen-Strategien der Bundespolitik? Lassen schrägem Gedankengut wie Pegida Raum, um sich in der Bürgerschaft auszubreiten.

Klientelpolitik, Gefälligkeitspolitik, Ruhigstellungspolitik – "eine Zeit der verpassten Chancen", folgerte Eilfort. In Krisenzeiten sei Dynamik für Reformen entstanden. "Doch wir schaffen heute vieles nicht mehr, was wir früher erreicht haben." Die Bürger wenden sich offenbar lustlos von der Politik ab und versinken im neuen Biedermeier.

Satt, bequem und träge sei Deutschland geworden, kritisierte Eilfort. Aber: "Was werden wir unseren Kindern sagen, wenn Sie fragen, was wir aus den Möglichkeiten gemacht haben?" Patentlösungen gebe es zwar keine, aber Wege, erklärte der Experte. Einer davon könnte mit harter Arbeit auch aus dem Schuldensumpf herausführen. Bei einem Prozent Wachstum und zwei Prozent Inflation im Jahr, kombiniert mit einer konsequent schwarzen Null im Bundeshaushalt "wären wir 2142 faktisch schuldenfrei", erklärte Eilfort dem erheiterten Publikum. Mehr Polarisierung in der Politik, und mehr Wettbewerb forderte Eilfort. Und vor allem: "Wir müssen wieder streiten." Zumindest im Kursaal vermochte Eilfort diese Lunte zu zünden. Das Publikum war angetan. Und beim anschließenden Empfang im Foyer sorgten die Thesen vielfach für Diskussionen.