Die neue Jugendherberge soll am Waldrand hinter dem Schulzentrum (siehe weißes Rechteck) gebaut werden. Foto: Stadtverwaltung

Leuchtturmprojekt braucht Premium-Standort. Gemeinderat uneinig. Bauarbeiten sollen 2015 Jahr starten. Mit Kommentar.

Freudenstadt - Die neue Jugendherberge soll ein Leuchtturmprojekt für Freudenstadt werden und daher an einem Premiumstandort gebaut werden. Wo der allerdings liegt, darüber wurde im Freudenstädter Gemeinderat heftig diskutiert.

Dabei hatte der Investor selbst seine Wahl längst getroffen: Das Jugendherbergswerk will seine veraltete Unterkunft in der Eugen-Nägele-Straße verlassen und in den Bereich Sport- und Freizeitzentrum/Panoramabad umziehen. Dort soll oberhalb des Geländes des Bogensportclubs hinter der Jugendverkehrsschule ein zweigeschossiges Holzgebäude mit gestaltetem Innenhof und 170 Betten gebaut werden. Die neue Freudenstädter Jugendherberge wird schwerpunktmäßig auf Familien, Sport und Natur ausgerichtet und würde dort durch die Nähe zu Panoramabad, Outdoor-Sportflächen Wald und Wiesen profitieren.

Für Oberbürgermeister Julian Osswald ist es "ein Glücksfall", eine Jugendherberge dieser Dimension nach Freudenstadt zu bekommen. Und auch die Standortwahl des Jugendherbergwerks komme der Stadt laut OB gelegen. Denn das Gelände für den Neubau kann relativ kostengünstig erschlossen werden, wie Bauamtsleiter Rudolf Müller dem Gemeinderat erläuterte. Die Zufahrt könnte über die Haupterschließungsstraße des Neubaugebiets "Kohlstätter Hardt" erfolgen, außerdem führen zwei Fußwege entlang des Panoramabads und nördlich des Keplergymnasiums zu den Grundstücksflächen. Die Ver- und Entsorgung könnte über bereits verlegte Leitungen erfolgen und für die Wärmeversorgung der neuen Jugendherberge könnte das Blockheizkraftwerk des Panoramabads genutzt werden.

Auch städtebaulich hält der OB das vom Jugendherbergswerk bevorzugte Gelände für ideal, da es die Freiflächen im Bereich der Sport- und Freizeiteinrichtungen nicht tangiert und so mögliche Erweiterungen der vorhandenen Anlagen oder des Angebots nicht behindert. "Wir könnten dort schon im nächsten Jahr ein fertig erschlossenes Gebiet aufweisen", so Osswald. Das käme auch dem Jugendherbergswerk entgegen, das den Kurstadtbau auf seiner Prioritätenliste nach oben gesetzt hat, und schon im nächsten Jahr mit dem Bau beginnen will.

Den Beschlussvorschlag der Verwaltung, das städtebauliche Konzept zum Neubau der Jugendherberge zu befürworten und die entsprechende Planung in die Wege zu leiten, wollten einige Gemeinderäte aber dennoch nicht mittragen.

Die Fraktion der Freie Wähler störte wegen möglicher Verkehrsbelastungen vor allem die geplante Zufahrt über das Neubaugebiet "Kohlstätter Hardt" sowie ein fehlendes Konzept für die bauliche Nutzung des Gesamtareals im Bereich Panoramabad/Keplerschule. "Wir haben im Juni darüber gesprochen, dass dort oben das Freibad hinkommt", erinnerte Beate Gernsheimer. Erst ein Gesamtkonzept zu erstellen koste so viel Zeit, dass Freudenstadt auf der Prioritätenliste des Investors wieder nach hinten rutsche, befürchtete der OB.

Nicht nur am fehlenden Konzept, sondern auch am Standort störte sich die SPD-Fraktion: "Für mich ist es nicht nachvollziehbar, warum dieses Millionenprojekt in der abgelegensten Ecke gebaut werden soll", kritisierte Günter Braun. Er und sein Fraktionskollege Eberhard Haug favorisierten einen Standort weiter östlich, der wesentlich schöner sei. Beim OB ernteten sie dafür allerdings nur Unverständnis: "Warum wollen sie die Jugendherberge an einen Standort verlegen, den der Investor nicht will und der städtebaulich problematischer ist", reagierte Osswald sichtlich genervt auf die "Bau-Koryphäen", die er neuerdings im Stadtrat habe. Mit 17 Ja-Stimmen und zehn Ablehnungen wurde der von Investor und Verwaltung favorisierte Standort beschlossen, ergänzt um einen Antrag von CDU und Freien Wählern, die zeitnah ein Gesamtkonzept für das Areal forderten sowie die Prüfung, ob eine Erschließung der neuen Jugendherberge über den Fußweg nördlich des Kepler-Gymnasiums möglich wäre.

Kommentar: Luxusdebatte

Von Sylvia Wiegert

Die Diskussion über den Standort für die neue Jugendherberge war wohl manch einem Zuhörer im Freudenstädter Gemeinderat schlichtweg ein Rätsel. Da bekennt sich das Jugendherbergswerk mit einem Millionenbau zum Standort Freudenstadt und sucht sich dafür ein Grundstück aus, das erschließungstechnisch günstig und städtebaulich unproblematisch ist. Doch statt die Sache einfach durchzuwinken, entfachen einige Ratsmitglieder eine brennende Diskussion darüber, ob der Investor tatsächlich den richtigen Platz für sich gewählt hat. Dass das Jugendherbergswerk seine Standorte sehr bewusst und rigoros aussucht, hat in jüngster Zeit manche Gemeinde im Umfeld schmerzlich erfahren müssen, als ihre Jugendherberge dicht gemacht wurde. Für deren Räte dürfte die Freudenstädter Diskussion nichts weiter als eine schiere Luxusdebatte sein.