Haupteingang des Kreiskrankenhauses: Laut Landrat Rückert wäre das Geld für den OP-Trakt im Falle eines Komplett-Neubaus nicht aus dem Fenster geworfen. Archiv-Fotos: Müller/Lück Foto: Schwarzwälder-Bote

Krankenhaus: Landrat sieht in Renovierung des Altbestands keinen Sinn

Freudenstadt. Rund 100 Millionen Euro will der Landkreis in den nächsten Jahren in die Erneuerung des Krankenhauses Freudenstadt investieren. 2021 soll der vom Kreistag beschlossene Teilneubau der Klinik fertig sein. Wir sprachen mit Landrat Klaus Michael Rückert über die Planungen und die Kritikpunkte am Projekt.

Herr Rückert, wie zuversichtlich sind Sie, dass mit dem Teilneubau des Krankenhauses 2018 begonnen werden kann?

Der Kreistag hat vor den Sommerferien mit der großen Mehrheit von 31 zu vier Stimmen für den Teilneubau des Krankenhauses gestimmt. Nach dieser wichtigen Richtungsentscheidung konnten wir die Sommerpause nutzen, um das Raum- und Funktionsbuch für das Projekt zu erstellen. Vergangene Woche haben wir dies beim Ministerium in Stuttgart eingereicht. Wir liegen also gut im Zeitplan.

Für Laien sieht das Kreiskrankenhaus aber noch ganz gut aus, und in den vergangenen Jahren wurde auch immer wieder in das Gebäude investiert. Ist der Teilneubau nötig?

Diese Frage wird mir immer wieder gestellt. Tatsache ist aber, dass das Haus nun in die Jahre gekommen ist. Es wurde 1976 eröffnet, und die Planungen dafür gehen weit in die 60er-Jahre zurück. Eigentlich sollten die alten Pläne damals vor Baubeginn nochmals überarbeitet und aktualisiert werden. Nach Auskunft des früheren Landrats Gerhard Mauer wurde darauf allerdings verzichtet, weil man aus Gründen der Zuschusszuteilung schnell mit dem Bau beginnen musste. Wir haben jetzt also ein Krankenhaus aus den 70er-Jahren, das nach Plänen aus den 60er-Jahren gebaut worden ist. Natürlich wurde immer wieder investiert, aber zum Beispiel die Haustechnik ist insgesamt weder zeitgemäß noch konkurrenzfähig.

Aber hätte es nicht auch eine kostengünstigere Generalsanierung getan?

Das war auch unser erster Ansatz. Deshalb haben wir bereits 2011/12 ein Fachbüro damit beauftragt zu untersuchen, was es kosten würde, wenn man dieses Krankenhaus ohne große bauliche Veränderung technisch wieder auf einen modernen Stand bringt. Die Gutachter kamen damals zu dem Ergebnis, dass eine Generalüberholung des Gebäudes rund 50 Millionen Euro kosten würde. Das wäre zwar nur die Hälfte der Kosten des nun geplanten Teilneubaus, aber wir hätten nach dieser technischen Sanierung immer noch ein Krankenhaus gehabt, das baulich nicht mehr den Anforderungen moderner Medizin entspricht.

Was wird beim Teilneubau denn grundlegend anders sein?

Früher wurden in der Medizin die Abteilungen klar abgegrenzt. Da gab es die Chirurgie, die Gynäkologie oder die Innere Medizin. Das spiegelt sich auch im heutigen Gebäude wieder. Heute arbeitet man interdisziplinär in Zentren wie beispielsweise dem Bauch-, Brust- oder Herzzentrum. Diese neue Arbeitsweise ist in der alten Raumaufteilung schwerer umzusetzen. Auch die Stationsgrößen entsprechen nicht mehr dem heutigen Standard für einen optimalen Personaleinsatz. Ein wichtiges Argument ist für mich aber auch die Größe des Altbaus: Wir haben im Moment im Krankenhaus zirka 30 000 Quadratmeter Bruttogeschossfläche zu bewirtschaften. Das ist viel mehr, als für einen wirtschaftlichen und effizienten Ablauf nötig wäre. Denken Sie nur an den Empfangsbereich, der von der Größe her eher an ein Grand-Hotel erinnert, oder die breiten Gänge im ersten Obergeschoss. Durch den Teilneubau werden wir die Gesamtfläche des Krankenhauses – also Neubau und weiterhin genutzte Altbaufläche – auf rund 16 000 Quadratmeter reduzieren können. Das ist viel kostengünstiger zu betreiben. Derzeit werden übrigens viele Krankenhäuser aus den 70er und 80er Jahren abgerissen, das ist nicht nur bei uns der Fall.

Kritiker bemängeln, dass auch der OP-Trakt, in den erst vor wenigen Jahren investiert wurde, abgerissen werden soll. Könnte durch dessen Weiternutzung nicht viel Geld gespart werden?

Wir haben in diesen Bereich 2010 investiert. Aber wir haben seinerzeit keinen neuen OP-Trakt gebaut, sondern zwei zusätzliche OP-Container neben das Krankenhaus gestellt. Der Kreis wollte damals bewusst keine riesige Investition tätigen, bevor nicht klar ist, ob das Krankenhaus saniert oder neu gebaut wird. Bis der jetzt beschlossene Teilneubau voraussichtlich 2021 eröffnet werden kann, brauchen wir diese Container auch noch für den laufenden Betrieb. Natürlich werden wir dann beim Umzug in den OP-Trakt des Neubaus die Geräte mitnehmen, aber die Container selbst werden nicht integriert. Die sind dann ja auch schon elf Jahre alt, und ich sehe da wirklich kein großes Einsparpotenzial.

Halten Sie den jetzt geplanten Einweihungstermin 2021 für realistisch?

Mit der Übergabe des Raum- und Funktionsbuchs sind wir jetzt auf der offiziellen Liste der eingereichten Vorhaben und somit formal im Verfahren. Damit liegen wir gut im Rennen. Das ist wichtig, weil die Anträge in Stuttgart Schritt für Schritt bearbeitet und finanziert werden. Das Ministerium hat uns aber zugesagt, unser Vorhaben zügig zu prüfen. Zeitgleich werden wir eine Referenzklinik in Bayern und deren Abläufe anschauen und uns über Unternehmen informieren, die bei anderen Krankenhausbauten Kostentreue bewiesen haben. Eine Arbeitsgruppe wird sich außerdem mit der Frage beschäftigen, wie wir eventuell in Bereichen wie Einkauf oder EDV Synergieeffekte mit der Calwer Klinik nutzen können. Und nach Rückmeldung des Ministeriums wird der Kreistag weiter über die Architektur und den Bau des Krankenhauses beraten. Wir haben also noch viel Arbeit vor uns, liegen aber gut im Zeitplan. Wichtig ist mir jetzt vor allem das Signal an die Bevölkerung und die Krankenhausmitarbeiter, dass wir die Klinik optimieren und dabei das medizinische Angebot mindestens im bisherigen Umfang aufrechterhalten werden.

 Die Fragen stellte Sylvia Wiegert