Die Familie Reinhardt mit fünf ihrer sechs Kinder. Anna ist das Kind auf dem Schoß ihrer Mutter Maria. Foto: Reinhardt/Wißner-Verlag Foto: Schwarzwälder-Bote

Autorin Angela Bachmair stellt in der Arkadenbuchhandlung ihr Buch "Wir sind stolz, Zigeuner zu sein" vor

Freudenstadt. "Wir sind stolz Zigeuner zu sein – Vom Leben und Leiden einer Sinti-Familie" heißt das Buch, in dem die Augsburger Journalistin Angela Bachmair die Geschichte der schwäbischen Sinti-Familie Reinhardt festgehalten hat. Am Dienstag, 24. Februar, liest Angela Bachmair in der Arkadenbuchhandlung in Freudenstadt aus ihrem Buch. Beginn ist um 19.30 Uhr.

Als sie ihre erste Puppe in der Hand hält, ist Anna Reinhardt fünf Jahre alt. Sie zieht ihr die Kleider aus und schneidet ihr den Zopf ab. "Warum?", fragt die Mutter. Anna weiß es nicht. Heute, mit über 70, versteht sie: Sie spielte nach, was in den Arbeitslagern der Nationalsozialisten mit ihrer Familie passiert war. Anna Reinhardt ist Sintiza, eine Zigeunerin.

1940 wurde sie als Baby mit Tausenden anderer Sinti ins besetzte Polen deportiert. Sie hat überlebt. Viele andere aus ihrer Familie sind umgekommen. Jetzt hat sie ihre Geschichte erzählt. Heute lebt Anna Reinhardt am Rand von Nördlingen in einer Siedlung mit Einfamilienhäusern. Doch der Anfang der Geschichte spielt in der Region Nordschwarzwald: Zur Welt gekommen ist Anna Reinhard in Neuenbürg. Damals wohnte ihre Familie in Birkenfeld bei Calw. Kurz nach Annas Geburt zog die Familie nach Mundelsheim am Neckar, weil der Vater dort zur Arbeit zwangsverpflichtet wurde.

In Mundelsheim wurde die Familie 1940 verhaftet, um dann deportiert zu werden. "Porajmos", das Verschlingen, heißt auf Romanes der Völkermord, den die Nationalsozialisten an den europäischen Sinti und Roma begingen. Das Schicksal der Familie Reinhardt aus Nördlingen ist ein Teil dieser oft verdrängten Geschichte.

Autorin zeichnet mit journalistischer Akribie das Schicksal von Verfolgten nach

In diesem Buch berichtet Angela Bachmair von ihren Gesprächen mit Anna Reinhardt, die den Porajmos überlebte. Die Journalistin hat sich auf die Spuren der Reinhardts gemacht und zeichnet mit journalistischer Akribie das Schicksal von Verfolgten, Ermordeten und Überlebenden nach. Sie erzählt auch von dem langen Kampf um Wiedergutmachung, von dem Leben der Sinti damals wie heute und von einer missverstanden Kultur in unserer Mitte.

Angela Bachmair, geboren 1949, war lange Redakteurin einer Tageszeitung und ist heute als freie Journalistin tätig. Zu ihren Schwerpunkten zählen Architektur, Geschichte und Erinnerungskultur. Für ihre Veröffentlichungen wurde sie mehrfach ausgezeichnet. Sie lebt in Augsburg und im Allgäu.

Der Eintritt zur Lesung kostet fünf Euro. Karten für die Veranstaltung gibt es bei der Arkadenbuchhandlung im Vorverkauf und an der Abendkasse.

Das Buch: "Wir sind stolz, Zigeuner zu sein – Vom Leben und Leiden einer Sinti-Familie", Angela Bachmair, 214 Seiten, Wißner-Verlag, ISBN 978-3-89639-961-8, 9,80 Euro.