Ins Gefängnis muss ein 28-jähriger Mann wegen Rauschgifthandels. Foto: bibi/fotolia.com

28-jähriger Mann muss wegen Rauschgifthandels hinter Gitter. Frühere Lebensgefährtin wird freigesprochen.

Kreis Freudenstadt - Mit der Urteilsverkündung ging am Montag ein recht lang andauernder Prozess vor dem Rottweiler Landgericht zu Ende. Es endete mit einer vierjährigen Haftstrafe für einen 28-jährigen Mann und einem Freispruch für seine Lebensgefährtin, die mitangeklagt war.

Der Angeklagte, der bei seinen Großeltern im Kreis Freudenstadt aufwuchs und lebte, soll mit Betäubungsmitteln und Amphetaminen in nicht unerheblicher Menge gehandelt haben. Bei der Hausdurchsuchung im November fand man so viel Hasch, dass man damit mindestens 25 000 Konsumeinheiten hätte herstellen können. Erschwerend kam hinzu, dass man auch ein ganzes Arsenal an verbotenen Waffen fand und der Beschuldigte zugab, immer ein Messer mit sich zu führen.

Bei seiner Verhaftung im November 2015 hatte er neben zwei Platten Haschisch zu je 100 Gramm, die zum Verkauf vorgesehen waren, auch ein Messer bei sich. Dies wertete die Staatsanwaltschaft als bewaffneten Drogenhandel. Ein Straftatbestand, für den der Gesetzgeber mindestens fünf Jahre Freiheitsstrafe vorsieht. Nach Einschätzung der Anklagevertreterin wäre der Mann bereit gewesen, rücksichtslos seine Interessen durchzusetzen und auch von der mitgeführten Waffe Gebrauch zu machen.

Mit fünf Jahren und neun Monaten Gefängnis wollte die Staatsanwaltschaft die Straftat geahndet sehen. Für die Mitangeklagte forderte die Staatsanwaltschaft ein Jahr Haftstrafe, die zur Bewährung ausgesetzt werden könne. Dass die Frau von den Drogengeschäften ihres Lebenspartners nichts mitgekriegt haben möchte, nannte die Staatsanwältin nach fünf Jahren Beziehung realitätsfremd.

Verteidiger zerpflückt Antrag

Der Verteidiger des Mannes glaubt hingegen, dass man den Fall nach vorliegender Beweislage als minderschweren Fall einordnen kann. Insbesondere deshalb, da es sich durchweg um weiche Drogen gehandelt habe, mit denen sein Mandant gedealt habe. Er forderte maximal drei Jahre Haft für seinen Mandanten.

Der Verteidiger der Mittäterin, der gestern ein über einstündiges Plädoyer hielt, ging strategisch so vor, dass er zuerst die Strafzumessungen der Staatsanwaltschaft für richtig erachtete, um diese dann mit juristischer Finesse zu zerpflücken. Er unterstrich, dass im Fall seiner Mandantin das Prinzip von Rat und Tat greife. Der Gehilfe unterstütze den Täter mit Rat und Tat. Dazu bedürfe es eines doppelten Vorsatzes: Der Mittäter müsse einen eigenen Beihilfevorsatz haben sowie das Wissen von einer geplanten Straftatbestand besitzen. Dies sei durch die Beweislage nicht gegeben.

Der Verteidiger ging dezidiert auf die Aussagen aller Zeugen ein, nannte sie teilweise nicht gerichtsverwertbar, teilweise gar nicht gegeben. So habe es beispielsweise im August 2015 auf der Autobahnraststätte Hockenheim einen Zugriff durch die Kripo gegeben, weil der zuständige Ermittlungsbeamte glaubt habe, die beiden wären bei Bekannten gewesen und hätten dort Drogen gekauft. In der verdächtigen Tüte, die die Angeklagte bei sich trug, wurde jedoch nur ein Kohlkopf gefunden. Bei dieser Gelegenheit beklagte sich der Anwalt noch schnell darüber, dass die Kripo ihre Vertrauenspersonen nicht in den Zeugenstand schickt.

Der Anwalt stellte noch weitere Fakten aus der Beweisaufnahme in Frage. Im Kern seines Plädoyers stellte er fest: "Hier haben sich zwei junge Leute aus schwierigen Verhältnissen zusammengetan und sich gegenseitig hochgezogen." Sein Antrag lautete Freispruch für seine Mandantin mit der entsprechenden Kostenfolge.

Angeklagter zeigt sich zerknirscht

Die Beschuldigte selbst verzichtete auf das letzte Wort, doch ihr bisheriger Lebensgefährte nutzte die Gelegenheit, sich von einer guten Seite zu zeigen. Er sagte, dass er nun seit sieben Monate in Untersuchungshaft sitzt, die Frau, die er liebte, darüber verloren habe und nicht wisse, ob er seine Großeltern nochmals wiedersieht, wenn er für längere Zeit ins Gefängnis müsse. "Ich habe Scheiße gebaut – ich war auf einem guten Weg und habe es leider nicht geschafft", gab er zerknirscht zu und bat um eine weitere Chance, damit er es in Zukunft besser machen könne.

Die Erste Große Strafkammer des Landgerichts Rottweil unter Vorsitz von Richter Daniel Scholze schickte den Hauptangeklagten wegen Handels mit Rauschgift in nicht unerheblicher Menge für vier Jahre in Haft. Seine mitangeklagte frühere Lebensgefährtin wurde hingegen freigesprochen.

Scholze betonte in seiner Urteilsbegründung, dass man von dem Vorwurf des bewaffneten Drogenhandels abgewichen sei, da die mitgeführte Waffe eine Klinge von gerademal acht Zentimeter hatte und man dem Angeklagten keine subjektive Zweckbestimmung nachweisen könne. "Es reicht nicht aus, dass der Täter etwas mit sich führt, mit dem er sein Gegenüber verletzten kann".

Für die Mitangeklagte sprach laut Richter, dass man nicht grundsätzlich davon ausgehen könne, dass die Lebensgefährtin eines Drogendealers den verbotenen Handel auch prinzipiell unterstützt. In seinem Schlusswort gab der Vorsitzende dem jungen Mann den Rat, sich in der Haft gut zu führen, die bereits vom Kostenträger bewilligte Entziehungskur ernst zu nehmen, um so die Chance, irgendwann wieder ein geregeltes Leben zu führen, aufrecht zu erhalten.