Die Angeklagten waren offenbar auf der Suche nach der Ersatzdroge Subutex. (Symbolfoto) Foto: dpa

Zwei Angeklagte müssen sich wegen schweren Raubs und Körperverletzung verantworten. Zeugen sollen Klarheit bringen.

Kreis Freudenstadt - Ein schwerer Raubüberfall, zwei Angeklagte und beklemmende Einblicke in ein weitverzweigtes Drogenmilieu um Freudenstadt: Bei dem Fall, für den am Montag im Landgericht Rottweil die Auftaktverhandlung war, wartet keine leichte Arbeit auf die Richter.

Auf der Anklagebank saßen ein 24- und ein 25-Jähriger aus dem Kreis Freudenstadt, die sich wegen schweren Raubes und gefährlicher Körperverletzung verantworten müssen. Ihnen wirft die Oberstaatsanwaltschaft vor, am 18. Januar dieses Jahres eine Wohnung in Baiersbronn überfallen zu haben. Das mutmaßliche Motiv: Geld, vor allem aber Drogen. Einer der beiden Wohnungsinhaber, ein 24-Jähriger, wurde dabei mit einem Faustschlag sowie einem Fußtritt niedergestreckt und anschließend mit einem Messer in Schach gehalten. Seinem Mitbewohner glückte die Flucht zum Hausmeister. Die Täter indes nahmen nach einer Wohnungsdurchsuchung Smartphones, Tablet-Computer sowie Geldbörsen samt Inhalt an sich und verschwanden. Bei der Flucht konnte der 24-jährige Täter anhand seines Körperbaus und Gangs identifiziert werden. Er sitzt nun in Untersuchungshaft.

Auf der Suche nach Ersatz-Droge Subutex

Damit hört die Klarheit aber auch weitgehend auf. Stattdessen offenbart sich ein verworrener Blick auf die Drogen-Szene im Raum Freudenstadt, in die alle Beteiligten tief verstrickt zu sein scheinen. In der Beweisführung tauchte dabei ein Begriff immer wieder auf: Die Ersatzdroge Subutex, für die offenbar ein komplexer Verschiebungsmarkt existiert. Um diese Ersatzdroge schien es nicht nur beim Überfall in Baiersbronn gegangen zu sein. Am selben Abend statteten die beiden Angeklagten angeblich auch einem Paar in Freudenstadt einen Besuch ab. Zwar ohne Gewalteinwirkung – nach Schilderung eines Beamten der Kriminalpolizei aber offenbar in der gezielten Absicht, sich die besagte Ersatzdroge zu beschaffen. Ein Vorhaben, das letztlich erfolglos blieb, ebenso wie der Überfall in Baiersbronn, wo ebenfalls keine Drogen auffindbar waren.

Die beiden Angeklagten äußerten sich nicht zu den Vorwürfen. Glaubt man den Darlegungen des an der Ermittlung beteiligten Kriminalbeamten sowie des verletzten und als Nebenkläger auftretenden 24-Jährigen Wohnungsinhabers, scheinen sie sich die Arbeit bei dem Überfall aber akribisch geteilt zu haben. Der mittlerweile inhaftierte Mann, soll den physischen Teil des Überfalls, inklusive Durchsuchung der Wohnung übernommen haben. Sein Partner, der vor dem Landgericht als freier Mann auftrat, und optisch eher ins Intellektuellen- als ins Drogenmilieu zu passen schien, habe das Reden übernommen.

Gibt es noch einen weiteren Komplizen?

Unklar bleibt, ob es einen weiteren Komplizen gegeben hat. Eine halbe Stunde nach dem Überfall in Baiersbronn verzeichnete ein Bankautomat in Wittlensweiler einen Abhebungsvorgang von einem Konto der mutmaßlichen Opfer. Wie aber waren die Täter so schnell dorthin gelangt? Eine Fahrerlaubnis besitzen beide nicht und die Nutzung eines Taxis kann mittlerweile von der Polizei ausgeschlossen werden. Auch hinsichtlich des Tatmotivs und der daraus resultierenden Schäden warfen sich mehr Fragen als Antworten auf.

Beide Opfer wurden zwar gleich zu Beginn als Zeugen vernommen. "Richtig klarer wird’s jetzt nicht", seufzte jedoch der Vorsitzende Richter am Landgericht, Karlheinz Münzer. In Sachen Diebesbeute ergaben sich Unstimmigkeiten in den Aussagen, und die angeblichen medizinischen Folgen des Überfalls waren bislang von keinem Fachmann attestiert worden.

Hinzu kommt, dass die Polizei das Motiv der Rache in den Spekulationshut warf. Der inhaftierte 24-Jährige und der an der Ermittlung beteiligte Kriminalbeamte kennen sich aus vielen Jahren in der Szene. Nach einem Verhör in der Polizeistation habe der Angeklagte das Gespräch mit dem vertrauten Beamten gesucht und Einblicke in seine persönliche Suchtgeschichte gegeben. Die Schuld an dieser Biografie, so die Schilderung des Beamten, habe er dabei einem der Männer zugeschrieben, den er im Januar überfallen haben soll. Der Beamte meinte nun, dahinter das Motiv der Wut zu erkennen.

Die Verteidigung war jedoch nicht nur anderer Ansicht, sie warf dem Beamten obendrein Täuschung und tendenziöses Verhalten vor. Denn das persönliche Gespräch wurde in einem Aktenvermerk festgehalten. Die Angeklagten selbst hüllten sich währenddessen hartnäckig in Schweigen. An insgesamt vier Verhandlungstagen und in 18 Zeugenvernehmungen soll nun Klarheit geschaffen werden.