In der Tragikomödie "Vater" geht es um die Alzheimer-Erkrankung des Protagonisten. Foto: Adrian Foto: Schwarzwälder-Bote

Theater: Das Stück "Vater" handelt von einem Mann mit Alzheimer-Erkrankung / Abrupte Stimmungswechsel reizen zum Lachen

Eine wahrlich zu Herzen gehende Aufführung der Tragikomödie "Vater" erlebten die Zuschauer im Freudenstädter Kurtheater.

Freudenstadt. Hauptdarsteller Ernst-Wilhelm Lenik hauchte der Figur des demenzkranken Vaters auf grandiose Weise Leben ein. Der bekannte Autor Florian Zeller hatte das preisgekrönte Stück geschrieben, das unter der Regie von Rüdiger Hentzschel und von der Konzertdirektion Landgraf, Tournee-Theater Euro-Studio zur Aufführung gebracht wurde.

Die Geschichte befasst sich mit der Problematik einer Alzheimer-Krankheit, den Empfindungen des Patienten und der Probleme der ihn betreuenden Angehörigen. Das Besondere an "Vater" ist seine ungewöhnliche und gewöhnungsbedürftige Erzählstruktur, in der die Handlung nicht rein chronologisch verläuft, sondern immer wieder auch aus dem Erleben des 80-Jährigen geschildert wird, was es erleichtert, als Zuhörer in die Welt des Erzählers einzutauchen.

So liegt Konkretes dicht bei Phantastischem. Der Zuschauer erlebt beides, den Protagonisten in seiner Persönlichkeit und das reale Geschehen auf der Bühne. Nicht immer scheint es leicht, zu unterscheiden, was nun Realität und was Fiktion ist.

Zum Inhalt: Der 80-jährige André merkt, dass sich etwas in seinem Befinden verändert. Zunächst hatte er noch alleine in seiner Pariser Wohnung leben können und versucht, den Anschein aufrecht zu erhalten, dass alles in Ordnung sei. Doch seine Tochter Anne (Irene Christ) bemerkt, dass er nicht mehr alleine zurecht kommt, und nimmt ihn in ihrer Wohnung auf, die sie mit ihrem Ehemann Pierre (Dieter Bach) bewohnt.

Dort tut sich der alte Mann schwer mit dem Einleben in die Welt der jüngeren Generation. Immer öfter kommt es zu Missverständnissen, der Vater versucht, dem Prozess der Verwirrung zu entkommen, wird aggressiv, jähzornig und kämpft stets um seine Selbstachtung.

Suche nach der verlorenen Zeit

Er scheint nur deshalb die aggressive Nervensäge zu sein, weil er versucht, seine Angst vor der fortschreitenden Hilflosigkeit zu verbergen. Ein Beispiel, eine Metapher für sein ganz eigenes und spezielles Verhalten ist die ständige Suche nach seiner Armbanduhr, die die verlorene Zeit zu symbolisieren scheint.

Die Geschichte endet tragisch, wie es zu erwarten war. André muss in ein Pflegeheim, wird zwar liebevoll von der Pflegerin (Maja Müller) versorgt, kann sich nun aber in der für ihn trostlosen Atmosphäre nicht mehr orientieren und verliert sich selbst.

Wer nun meint, das sei ein ausschließlich trauriger Theaterabend gewesen, sieht sich getäuscht und zweifellos auch erleichtert. Der Autor schafft es immer wieder, dem Geschehen eine komödiantische Variante zu verleihen, die sich aus den abrupten Stimmungsschwankungen der Hauptperson ergibt und damit das Publikum wiederholt zu einem befreienden Lachen animierte. Das Ensemble, zu dem weiterhin Juliane Köster, Benjamin Kernen und Maja Müller zählten, spielte einfühlsam und überzeugend seine Rollen. Das Publikum spendete lange Applaus.