Setphanie Straub (links) und Kerstin Haug vom Vorstand des NGZ kritisieren das mangelnde Interesse der Mitglieder am Vereinsleben. Foto: Breitenreuter

NGZ entscheidet in Mitgliederversammlung über Auflösung. Städtisches Leben bereichert.

Freudenstadt - Er hat in über 60 Jahren das Vereinsleben in Freudenstadt wesentlich mit geprägt. In guter Erinnerung sind viele Feste, der Spielmannszug oder die feschen Tanzgruppen. Jetzt steht der Nachbarschafts- und Geselligkeitsverein Ziegeltal (NGZ) vor dem Aus.

Es war 1956, als fast 50 Bewohner des Ziegeltals, einer Wohnsiedlung in der Nähe des Hauptbahnhofs, die Anfang und Mitte der 50er-Jahre entstanden war, im Gasthof König Karl den NGZ aus der Taufe hoben.

Nach dem Zweiten Weltkrieg war das Geld knapp, und beim Wiederaufbau packten im Ziegeltal alle Bewohner mit an, so steht es in der Chronik des Vereins. Da man nach all der Arbeit auch gemeinsam gemütliche Stunden genießen wollte, wurde der Verein gegründet. 40 Mitglieder trugen sich gleich in die Gründerliste ein. Zum ersten Vorsitzenden des NGZ wurde Karl Hutter gewählt. Im gleichen Jahr wurde das erste Sommerfest gefeiert, dass in Freudenstadt zu einer Tradition wurde.

Das Vereinsleben im NGZ florierte zur damaligen Zeit. Verschiedene Gruppen wurden gegründet, darunter die "Stadtfunzeln" und ein Spielmannszug. Aus einem Chor des NGZ, genannt der "Hut Chor" entstand der später weit über die Grenzen von Freudenstadt hinaus bekannte Steinfeld-Chor, der auch zahlreiche Schallplatten aufnahm. Der Spielmannszug hatte 56 Mitglieder. Es war auch der NGZ, der die "Bürgerfasnet" im Kurhaus einführte und lange Zeit mit Prorammbeiträgen aus den eigenen Reihen gestaltete.

Wie andere Vereine machte auch der NGZ Höhen und Tiefen durch. Gruppen lösten sich auf, neue wurden gegründet. 2005 wurde das große Sommerfest aus organisatorischen und aus Kostengründen abgeschafft. Jungen Schwung brachten vor rund 20 Jahren die Tanzgruppen ins Vereinsleben. Sie bereicherten mit ihren Auftritten zu fetziger Musik vielerlei Anlässe, wie zum Beispiel das Stadtfest oder den Fontänenzauber. Die "Tanzmäuse" sind die Jüngsten im Bunde, daneben gibt es noch die "No Limits". Noch bis Februar gab es auch die "No Kids". Aus dieser Gruppe rekrutierte sich vor vier Jahren auch ein neues Vorstandsteam mit Stephanie Straub, Kerstin Haug und Nicole Umhofer. Doch die "No Kids" gibt es nicht mehr. Nach der Fasnet gingen sie in "Tanzrente", wie es Kerstin Haug nennt. In den Ruhestand wollen nun auch die drei Vorstandsfrauen gehen, obwohl sie dafür eigentlich viel zu jung sind.

Das mangelnde Interesse der Mitglieder am Vereinsleben ist es, was die jungen Frauen frustriert. Außerdem hat der Kassierer angekündigt, dass er ebenfalls nicht weiter macht. Die "Tanzmäuse" und die "No Limits" gibt es zwar noch, doch von den Eltern der 19 Kinder und Jugendlichen werde am Verein selbst kaum Interesse gezeigt. Die Angebote des NGZ würden zwar gerne angenommen, aber engagieren wollen sich keiner, so Kerstin Haug. Das Training für die jungen Tänzerinnen sei auch ein enormer Aufwand.

"Da vergeht einem einfach die Lust", sagt Stephanie Straub. Es gebe keine Perspektive und keine Hilfsbereitschaft mehr. Bereits in den vergangenen Jahren seien es meist die Ausschussmitglieder und die Partner der Vorstandsfrauen gewesen, die zum größten Teil die Veranstaltungen gestemmt hatten. In diesem Jahr war der NGZ auch auf dem Stadtfest nicht mehr dabei. Sein Stand auf dem unteren Marktplatz wurde von vielen Besuchern schmerzlich vermisst.

Geselligkeit gibt es kaum noch

Freilich ist der NGZ nicht der einzige Verein, der Probleme hat, Ehrenamtliche zu finden. Doch dass es gerade einen Verein trifft, der sich auf junges Publikum konzentriert, scheint doppelt bitter. "Die Kinder und Jugendlichen sind zu jung, um Aufgaben zu übernehmen, und die Eltern haben keine Lust", betont Stephanie Straub. "Sie wollen einfach so wenig Aufwand wie möglich". Alles sei bei den jungen Menschen heutzutage so schnelllebig und von Handys und Computern bestimmt. Geselligkeit, die im Vereinszweck des NGZ stets eine wichtige Rolle gespielt hat, gebe es kaum noch.

Bei der außerordentlichen Mitgliederversammlung am Freitag, 20. Oktober, steht nur die Auflösung des Vereins auf der Tagesordnung. Doch falls sich noch Menschen finden, die bereit sind, sich für den Traditionsverein zu engagieren, könnte das Aus nochmals abgewendet werden. Das war vor einigen Jahren schon einmal der Fall, als sich seinerzeit Michael Klumpp bereit erklärte, den Vorsitz zu übernehmen und es danach auch wieder einen kleinen Aufwärtstrend gab.

Doch Stephanie Straub, Kerstin Haug und Nicole Umhofer haben wenig Hoffnung. Immerhin bräuchte man fünf Personen, um den Verein in der jetzigen Struktur weiterzuführen. Das wären drei Vorstände, ein Schriftführer und ein Kassierer. Dass eine der drei jetzigen Vorstandsfrauen doch noch weitermacht, schließen sie aus. "Wir waren ein Team", sagen sie.

 Die außerordentliche Mitgliederversammlung des NGZ beginnt am Freitag, 20. Oktober, um 20 Uhr im Vereinsraum in der Falkenrealschule.