Die Tage des 70er-Jahre-Charmes sind gezählt: Die Freudenstädter Taborkirche wird generalsaniert. Foto: Schwenk

Zurück zum Original aus den 30ern: Fokus liegt auf Formen- und Farbensprache des Erbauers Otto Linder.

Freudenstadt - Wegen Renovierung geschlossen – ein ganzes Jahr lang wird die Freudenstädter Taborkirche saniert. Der Startschuss fällt am Sonntag, 7. Juni, in Form eines Schließungsgottesdiensts. Danach schlägt die Stunde der Handwerker.

Deren Auftrag ist klar definiert: Zurück zu den Wurzeln, lautet die Parole. Denn in den Innenraum des zwischen 1931 und 1932 erbauten katholischen Gotteshauses soll wieder die Formen- und Farbensprache des Architekten Otto Linder Einzug halten.

Die wurde bei der letzten Generalsanierung des Kirchengebäudes im Jahr 1972 teils wegrenoviert. Beim Gang durch das Gotteshaus zeigt Dekan Markus Ziegler, wo die Lindersche Architektur dem damaligen Zeitgeschmack weichen musste. Die wohl gravierendste Veränderung offenbart sich beim Blick an die Decke: Gleich einem Zelt verdeckt eine abgehängte Holzdecke die eigentliche Deckenkonstruktion. Die ist zwar ebenfalls aus Holz, das war es dann aber auch schon mit den Ähnlichkeiten. Mit Ziegler geht es unters Dach. Auf dem Dachboden der Taborkirche angelangt, kann man einen Blick auf die ursprüngliche Kassettendecke werfen: Die Holzverschalung ist in einem gedämpften Blauton gehalten, die Längsbalken gehen ins Gelbliche, die Querbalken sind in ein sanftes Rotbraun getaucht. Und in eben jenem Rotbraun, erläutert der Dekan, werden auch die Kirchenbänke aufgearbeitet. Bei denen handelt es sich noch um die Originale aus den 30er-Jahren. Weshalb das Denkmalamt auf deren Erhalt pocht.

"Farbenfroh", sagt Ziegler und blickt auf die Kassettendecke. "Es sind diese sanften, gedämpften Farben, die Innenräume der von Linder erbauten Kirchen ausmachen." Ein ganz eigenes Farbkonzept, das nach der Sanierung auch wieder den Innenraum der Taborkirche prägen soll. Denn die Tage der abgehängten, dunklen Holzdecke sind gezählt: "Die Decke wird entfernt", erklärt Ziegler. Was im Übrigen auch, aber nicht nur, aus denkmalschutztechnischen Überlegungen heraus geschieht. "Die abgehängte Deckenkonstruktion hat die Akustik in der Kirche zerstört. Das haben uns mehrere Experten bestätigt", so Ziegler.

Und auch der Fußbodenbelag wird dem neuen, beziehungsweise alten, Farbkonzept angepasst. Derzeit geht man in der Taborkirche über dunkelrote 70er-Jahre-Fließen. Diese werden, erläutert der Dekan, durch helle Kunststeinplatten in Solnhofer-Natursteinoptik ersetzt. Echte Solnhofer Platten, sagt Ziegler, "sind bei dieser Fläche nicht bezahlbar".

Der Innenraum wird also heller, bekommt mehr Farbe und gewinnt durch die Entfernung der abgehängten Holzdecke ganz nebenbei auch noch an Höhe. Doch damit ist die Sanierung noch lange nicht abgeschlossen. Auch an anderen Stellen wird Hand angelegt. Etwa beim Altarbild. Das stammt von der Stuttgarter Künstlerin Maria Hiller-Foell, einer der wohl ungewöhnlichsten Vertreterinnen des Expressionismus in der Landeshauptstadt. "Maria Hiller-Foell war evangelisch", erklärt Ziegler. "Das war sicherlich außergewöhnlich, eine evangelische Künstlerin mit dem Altarbild für eine katholische Kirche zu beauftragen." Nun kommt im Zuge der Sanierung auch Hiller-Foells Darstellung der Verklärung Christi zu neuen Ehren: Das Altarbild wird gereinigt und aufgearbeitet. Zudem werden Altar, Taufstein, Tabernakel und Lesepult erneuert. Derzeit stehen fünf Künstler im Wettbewerb um den besten Entwurf. Die Werktagskapelle links des Altarraums wird neu gestaltet, ebenso der Kinderbereich im zweiten Querbogen. Letzterer wird mit schallschluckenden Materialien ausgestattet: Vom Bodenbelag über den Tisch bis hin zur den Stühlen. Dann ist malen während des Gottesdienstes ausdrücklich gestattet. Nicht die einzige Neuerung: "Was der Kirche fehlt, ist ein Kreuzgang", sagt Ziegler. Der soll nun kommen. So, erläutert der Dekan, werde der Leidensweg Christi für die Gläubigen beim Abschreiten der einzelnen Darstellungen greifbar. Die Entwürfe sind bereits in Arbeit.

Ziegler ist mit dem Stand der Dinge zufrieden: "Die großen Weichen sind gestellt, jetzt kommt die Zeit der vielen kleinen Entscheidungen. Welche Lampe kommt wohin, wo fehlt noch eine Steckdose, wo werden die Gesangbücher aufbewahrt?" Diese Fragen werden Ziegler und der vom Kirchengemeinderat eingesetzte sechsköpfige Bauausschuss unter Vorsitz von Wilfried Niesner nach und nach klären.

Unterstützt werden sie dabei vom Bauamt des bischöflichen Ordinariats der Diözese Rottenburg-Stuttgart. Die baurechtlichen Genehmigungen stehen, der eigentliche Umbau wird, so rechnet Ziegler, etwa ein Jahr dauern. "Schon für das Angerüsten sind zwei Wochen eingeplant", erklärt der Dekan. Und verdeutlicht die Dimensionen des Sanierungsvorhabens: "Allein im Kirchenschiff haben acht Einfamilienhäuser Platz."